Feuerflügel: Roman (German Edition)
zusammen!“, rief er aufgeregt. „In der Höhle! Ich habe sie gesehen! Sie ist ein Flughund!“
„Bist du sicher?“, fragte Luna zweifelnd.
„Sie heißt Java. Sie ist eine Pilgerin.“ Er blinzelte noch einmal zu den kleineren Fledermäusen hin, die auf ihn zugeflogen kamen.
Ein Silberflügel!
Da war ganz gewiss ein Silberflügel unter ihnen!
„He!“, rief Greif und preschte mit einem Schuss neu gefundener Energie vor. „Papi!“
Dann erlahmten seine Flügelschläge. Sogar aus dieser Entfernung konnte er erkennen: der Umriss, die merkwürdige hinkende Haltung – das war nicht sein Vater. Einfach eine andere tote Fledermaus.
„Greif!“, hörte er Java rufen.
Und erst in diesem Augenblick sah er tatsächlich einen Vampyrum. Er musste direkt hinter Java geflogen sein und war von dem geblähten Schwung ihrer mächtigen Flügel verdeckt gewesen.
„Hinter euch!“, brüllte Greif. „Passt auf!“
Java wirbelte herum und traf unbeabsichtigt den Kannibalen am Kopf.
„He!“, bellte dieser.
„Oh, tut mir Leid“, sagte Java. Sie wandte sich wieder zu Greif. „Das ist nur Smog“, rief sie. „Alles in Ordnung. Er gehört zu uns.“
„Tatsächlich?“
Greif hielt Abstand, warf noch einen Blick auf Smog und schnappte einen beunruhigenden Blick auf gemeißelte schwarze Zähne auf. Es war eindeutig nicht der gleiche Kannibale vom Kaktus. Trotzdem, wie konnten sie ihm trauen? Sein Vater hatte nichts von einem Vampyrum-Pilger erwähnt! Aber sein Vater hatte Java getraut, also würde auch er ihr trauen müssen.
„Wo ist mein Vater?“, fragte Greif.
Das Zögern des Flughundes verursachte ihm Übelkeit.
„Ich habe gesehen, wie er mit dem anderen Vampyrum gekämpft hat“, antwortete Java. „Smog hat den in den schwarzen Tümpel gestoßen. Dein Vater war zunächst in Sicherheit. Aber dann ist etwas von der Decke gefallen und hat ihn schwer getroffen, sehr schwer, denke ich, und er ist auch in den Tümpel gestürzt.“ Javas Augen waren riesig. „Er ist nicht wieder hochgekommen. Ich habe nach ihm Ausschau gehalten, eine lange Zeit, aber er ist nicht hochgekommen.“
„Nun, er könnte im Verlaufe des Flusses herausgekommen sein“, meinte Greif und mühte sich, seine Stimme unter Kontrolle zu halten.
„Wir sind über dem Fluss geflogen“, sagte Java, „aber wir haben keine Spur von ihm gesehen.“
„Ich bin herausgekommen“, sagte Greif. „Wenn ich herauskann, dann kann er es auch. Ich meine, er ist weit stärker als ich, und ich habe auch noch Luna gezogen!“
„Dein Vater war nicht bei Bewusstsein, als er gefallen ist“, sagte Smog. „Sein Körper war schlaff. Er könnte schon tot gewesen sein.“
„Hat er noch geleuchtet?“, fragte Luna. „Ihr wisst, dieses Licht im Fell? Wenn er gestorben ist, hätte es seinen Körper verlassen.“
Smog kniff die Augen zusammen und versuchte, sich zu erinnern. „So viel Licht ist da über dem Tümpel herumgewabert, ich kann es nicht sagen.“
„Wir waren auf dem Weg zurück, um ihn zu suchen“, erklärte Greif.
„Fliegt mit uns“, schlug Java vor. „Zum BAUM.“ Verzweifelt blickte Greif hinab auf das Band des schwarzen Cañons. „Aber was ist, wenn er irgendwo herauskommt und weiter nach mir sucht?“
„Dein Vater kann dir nach dem Klang folgen“, sagte Java. „Es wäre sein Wunsch, dass du zum BAUM fliegst. Und nicht Zeit mit der Suche nach ihm verschwendest.“
Wäre das tatsächlich sein Wunsch?, fragte sich Greif. Schatten war wegen Cassiel, seinem eigenen Vater, zurückgegangen. Warum sollte er nicht das Gleiche von seinem Sohn erwarten?
Und was sollte er seiner Mutter erzählen, wenn er je wieder nach Hause käme?
Ich habe meinen Vater zurückgelassen? Ich bin selber herausgekommen, aber ihn habe ich dort zurückgelassen?
„Du musst mit uns kommen“, sagte der verkrüppelte Silberflügel ungeduldig. „Man kann da nichts weiter tun.“
Greif starrte diese missmutige Fledermaus voller Widerwillen an.
„Bitte“, sagte Java leise. „Ihr beide, kommt mit uns. Wir werden nach deinem Vater den Fluss entlang Ausschau halten. Aber es bringt nichts, zur Höhle zurückzukehren oder hier zu warten. Überhaupt nichts.“
„Sie hat Recht, Greifchen“, sagte Luna.
„Wahrscheinlich“, war alles, was er sagen konnte. Luna stieß ihn zärtlich an und drehte ihn wieder in die Richtung zum BAUM.
3. Teil
–18–
Die Wasserfälle
Tot.
Was könnte das sonst sein, dachte Schatten, diese ganze Stille. All diese Dunkelheit.
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