Feuerflut
kann, uns beobachtet, aber ich schäme mich, weil ich nackt bin. Wir legen unsere Hände auf Metallstangen und schieben, immer im Kreis herum, bis wir schwitzen und die Zugluft uns schaudern läßt.
Jeder von uns hat ein leuchtendes Symbol auf dem Rücken, und jedes ist anders, so daß man uns identifizieren kann. Auf meiner Haut spüre ich nichts, und deshalb weiß ich nicht, wie sie gemacht worden sind. Ich schiebe und gehe im Kreis herum. In meiner Nähe ist kein Symbol, das ich kenne. Ich höre Gespräche, aber sie drehen sich alle um die Ekstase der Lichter und darum, wer das ungewöhnlichste Muster hatte. Der Schweiß juckt, und ich möchte mich kratzen. Endlich werden die Stangen langsamer und rasten dann fest. Die Schatten um mich her scheinen im Kreis zu wirbeln. Beinahe falle ich. Der Druck der anderen zwingt mich, mein Gleichgewicht zu halten.
Wir gehen wieder in die Halle mit dem sich bewegenden Boden. Ich fühle mich orientierungslos, und mir ist schwindlig. Wir pressen die Augenlider zusammen, und Wasser ergießt sich über uns und wäscht den Schweiß herunter. Das Wasser ist immer zu heiß. Luft trocknet uns. Sie ist manchmal zu kalt, und dann werden wir nicht richtig trocken.
Ich erinnere mich, daß ich in einem tiefen, dunklen Teich in der Nähe unseres Hauses schwimmen gegangen bin. Dort habe ich mich nicht geschämt, daß ich nackt war, und ich hatte es gern, wenn eine kühle Brise mir eine Gänsehaut machte. Ich erinnere mich an das Gras und die Kiesel unter meinen Füßen und an die Sonne, die dem Wind auf meinem Rücken seine Schärfe nahm.
Der Helm senkt sich herab und schließt sich starr um meinen Kopf. Die Augenanschlüsse schieben sich heraus, dringen ein und finden Kontakt, und wieder bin ich ein Empfangsgerät für schwarze Linien und Lichtbalken. Ich muß mir nicht mehr sorgfältig überlegen, was ich tue. Ich denke an später und daran, daß ich mich dann hinlegen und ausruhen kann. Dann wird es keine Muster und keine Schatten in der Finsternis geben, wo mein Augenlicht sein sollte. Ich denke an die körperlosen, vielfarbigen Gefährten meiner Kindheit. Ich bin einsam … Ich denke an eine neue Möglichkeit, meine Lider zu berühren, eine Möglichkeit, die ich noch nie versucht habe, so daß meine nächtlichen Freunde vielleicht zurückkommen. Ich sage mir selbst, daß es eine Enttäuschung sein wird, doch ich kann es nicht glauben. Ich glaube, es wird funktionieren. Ich möchte jetzt gleich die Augen schließen und es versuchen, aber meine Augen können sich hier nicht schließen, und wenn ich meine Hand von der Steuerung nehme, wird man mich wieder bestrafen. Ich arbeite jetzt erwartungsvoll und eifrig, als ob die Zeit so schneller vergehen würde.
Ich mache einen Fehler. Der Schock läßt mich zusammenfahren, und im Mund schmecke ich Metall. Meine Gedanken haben eine schwarze Linie übersehen. Ich verstehe nicht, wie sie mir entgehen konnte. Ich versuche es noch einmal. Die Bestrafung überrascht und verletzt mich. Ich weiß nicht, was ich falsch gemacht habe. Noch einmal ein Schock. Meine Handlungen werden jetzt fast regellos. Vielleicht ist es ihr eigener Fehler …
Abrupt fahren die Augenanschlüsse zurück. Irgend etwas stimmt nicht. Die sinnlosen Bestrafungen machen mir Angst. Der Helm gibt mich frei. Ich drehe mich um, stehe auf und mache zwei Schritte, denn ich weiß, daß man das von mir erwartet. Der Boden beginnt sich zu bewegen. Ich höre nichts als sein Gleiten, sehe nichts als die gleichförmig fahlen Wände an mir vorüberziehen. Hier gibt es keine Schattenmenschen, keine Menschen wie mich. Dunkle Linien blitzen ringsum auf, sie wirbeln um mich herum und hüllen mich ein. Jetzt weiß ich, was es ist. Irgend etwas stimmt nicht mit dem, was mir als Augen dient. Sie werden mir die Schuld dafür geben. Ich habe furchtbare Angst, daß sie mir die letzten Überreste meines Augenlichtes nehmen. Aber jetzt denke ich, daß sie mir meine richtigen Augen zurückgeben müssen, wenn ihre nicht funktionieren.
Der Boden bleibt stehen. Ich werde vorwärts geschleudert. Eine Tür öffnet sich, ein Schatten ergreift meinen Arm und zieht mich hinein. Ich schließe die Augenlider, verziehe mein Gesicht und presse die Augen fest zu. Ich will meine richtigen Augen wiederhaben. Eure funktionieren nicht mehr. Ich werde nicht zulassen, daß ihr sie repariert. Gebt mir meine Augen zurück.
Sie fordern mich auf, die Augen zu öffnen. Beinahe lächle ich. Ich kann nichts öffnen, was ich
Weitere Kostenlose Bücher