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Feuerflut

Feuerflut

Titel: Feuerflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vonda N. McIntyre
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von Rotsonne identifizierte, doch sie hatte „wir“ gesagt. Von Autoritäten sprach sie immer nur als „sie“.
    Sie zuckte die Achseln. „Raumhafenratten wissen, daß sie sich der Gefahr aussetzen, gefangen zu werden. Es kommt nicht oft vor, und meistens hört man davon und kann den Ort meiden.“
    „Ich wünschte, du hättest das getan.“
    „Wir vertun unsere Chancen nicht.“ Wieder berührte sie das silberne Mal. „Du wirst nicht einer von ihnen, wenn sie nicht absolut sicher sind, daß man dir vertrauen kann. Wenn irgendwelche Orte Spitzel gegen uns einsetzen, dann wissen wir im allgemeinen, wer sie sind.“
    „Aber auf Rotsonne hat man dich verraten?“
    „Ich hätte niemals geglaubt, daß sie ein Kind benutzen würden“, sagte Kylis bitter.
    „Ein Kind?“
    „Der kleine Junge schlich sich an Bord meines Schiffes. Er bekam eine annehmbare Arbeit, und er erinnerte mich an meine Jugend. Er war höchstens zehn oder elf, und man hatte ihn grün und blau geprügelt. Ich glaube, wir sind nie mißtrauisch gegenüber Kindern, weil wir alle im selben Alter angefangen haben.“ Kylis betrachtete Miria und sah, wie diese sie in unverhohlenem Entsetzen anstarrte.
    „Sie benutzten ein Kind? Und verletzten es, nur um dich zu fangen?“
    „Überrascht dich das wirklich?“
    „Ja“, sagte Miria.
    „Miria, die Hälfte der Leute, die während der letzten Wochen getötet wurden, waren höchstens fünf oder sechs Jahre älter als der Junge, der mich hereinlegte. Die meisten, die nun hierherkommen, sind in diesem Alter. Was können sie schon getan haben, das schrecklich genug ist, um sie hierher zu deportieren?“
    „Ich weiß es nicht“, entgegnete Miria leise, ohne aufzublicken. „Wir brauchen die Kraftwerke. Jemand muß die Dampf quellen anbohren. Viele von uns werden bei der Arbeit sterben. Aber du hast recht in bezug auf die jungen Leute. Ich habe noch nie darüber nachgedacht … Es ist mir noch nie aufgefallen.“ Es klang, als hätte sie ein Verbrechen – oder exakter: eine Sünde – durch ihre Achtlosigkeit begangen. „Und das Kind …“ Ihre Stimme erstarb, und sie lächelte Kylis traurig zu. „Wie alt bist du?“
    „Ich weiß nicht genau, vielleicht zwanzig.“
    Miria hob erstaunt eine Augenbraue. „Zwanzig? Älter an Erfahrung, aber nicht an Jahren. Du solltest nicht hier sein.“
    „Aber ich bin hier. Ich werde es überleben.“
    „Ich glaube, das wirst du. Und was ist danach?“
    „Gryf, Jason und ich haben Pläne.“
    „Auf Rotsonne!“
    „Um Gottes willen, nein!“
    „Kylis“, sagte Miria vorsichtig, „du weißt nicht sehr viel über Tetraparentale, nicht wahr?“
    „Was sollte ich denn darüber wissen?“
    „Ich wurde hier geboren. Ich habe für sie … für sie gearbeitet. Ihr einziger Zweck ist ihre Intelligenz. Normale Menschen wie du und ich haben sie geboren. Sie können uns nicht lange tolerieren.“
    „Miria, hör auf!“
    „Dein Freund wird dir nur Kummer bereiten. Gib ihn auf. Laß ihn nicht mehr in deine Nähe. Dränge ihn dazu heimzukehren.“
    „Nein! Er weiß, daß ich nur ein gewöhnlicher Mensch bin. Wir wissen, was wir zu tun haben.“
    „Das macht keinen Unterschied“, sagte Miria mit plötzlicher Kälte. „Man wird ihm niemals erlauben, Rotsonne zu verlassen.“
    Kylis fühlte, wie das Blut aus ihrem Gesicht wich. Noch niemand hatte das jemals so direkt und brutal gesagt. „Sie können ihn nicht halten. Wie lange wollen sie ihn hier festhalten, bis sie erkennen, daß sie ihn nicht brechen können?“
    „Er ist wichtig. Er verdankt Rotsonne seine Existenz.“
    „Aber auch er hat seine eigenen Träume. Sie können ihn nicht zu ihrem Sklaven machen!“
    „Sein Forschungsteam ist wertlos ohne ihn.“
    „Das ist mir egal“, sagte Kylis.
    „ Du …“ Miria unterbrach sich. Ihre Stimme wurde um eine Spur sanfter. „Sie werden versuchen, ihn zu überzeugen, damit er ihren Plänen folgt. Vielleicht entscheidet er sich, ihnen zu folgen.“
    „Ich würde keinerlei Verpflichtungen gegenüber den Machthabern Rotsonnes verspüren, auch nicht, wenn ich hier leben würde. Warum sollte er ihnen gegenüber loyal sein? Warum du? Was haben sie schon getan, außer dich hierherzuschicken? Was werden sie dich tun lassen, wenn du wieder draußen bist? Etwas Erträgliches oder einen noch schmutzigeren und gefährlicheren Job als diesen?“ Sie merkte, daß sie schrie, Miria betrachtete sie verblüfft.
    „Ich weiß es nicht“, sagte Miria. „Ich weiß es nicht,

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