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Feuerflut

Feuerflut

Titel: Feuerflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vonda N. McIntyre
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zerbrechlicher Eier – wie Glimmerflocken – bedeckt war. Gryf verwendete den Rest der Seife, um ihre Seite zu reinigen, Jason steuerte den Rest seines Antiseptikums dazu bei.
    „Dieser Schnitt ist ziemlich tief, aber nun ist er sauber. Du mußt gestürzt und auf ein Nest gefallen sein.“
    „Ich erinnere mich nicht …“ Sie hatte nur eine verschwommene Erinnerung an ihren Lauf zur Grubensohle. „Doch, ja …“
    Die Erinnerung an den Vorfall und an dessen mögliche Konsequenzen – Paralyse, Schwäche, Apathie – traf sie wie ein Schlag. Wenn Gryf die Eier nicht gesehen hätte und das Fleisch darüber verheilt wäre … Kylis erschauderte.
    Sie gingen zurück zum Lager, Gryf noch immer zwischen sich stützend. Die wandlosen, pfahlgestürzten Zelte waren verlassen.
    Jason erkletterte die schräge Leiter zu ihrem Zelt rückwärts und lehnte sich aus Stabilitätsgründen dagegen, während er Gryf half. Die Stufen waren rutschig und mit gelben Flechten überzogen. Kylis schwang sich selbst auf die Plattform. In ihrem Spind mußte sie erst Jasons gesammelte Rationen beiseite schieben, ehe sie Verbandszeug und die Webschachtel fand. Schon oft war sie sehr hungrig gewesen, doch noch nie hatte sie von den gehorteten Rationen ihres Freundes gegessen. Vor einem Jahr hatte sie derartige Skrupel noch nicht gekannt.
    Jason legte Gryf zwischen die behelfsmäßigen Trennwände, die ihren Teil des Zeltes abgrenzten. Unter den rotbraunen Flecken des Pigments war Gryf bleich. Kylis wünschte, Troi und Chuzo hätten ihn in der Grube zurückgelassen. Dann nämlich wäre der Echse nichts anderes übriggeblieben, als ihn in ein Hospital zu bringen. Sie fragte sich, ob Troi und Chuzo der Echse halfen, den Aufenthalt im Lager für Jason noch unerträglicher zu machen. Sie wollte nicht daran glauben, doch sie hatte auch nicht geglaubt, daß Miria einer ihrer Spitzel war.
    Ihre Spinne – Kylis nannte es Spinne, obwohl es sich um eine Tierart handelte, die Rotsonnes Evolution entsprungen war – krabbelte in einer Ecke, um einen neuen Faden zu spinnen. Kylis stellte sich oft vor, wie das kleine braune Geschöpf an seinen winzigen Beinchen über ihnen an der Decke hing und sie haßerfüllt ansah. Doch es stand ihm ja frei, die Treppe hinunterzukriechen und im Dschungel zu verschwinden oder an einem der seidenen Fäden davonzuwehen, was es jedoch nie tat. In ihren Träumen beneidete Kylis das Tier, und am Tage nannte sie es Dummerchen. Kylis hoffte, die Webschachtel würde genügend Seide enthalten, um Gryfs Schmerzen zu lindern.
    „He“, sagte Gryf, „der Stoff ist fertig.“
    „Fein.“ Kylis ergriff das Gefäß mit der grünlichen Schimmelpaste.
    „Gryf?“
    Er blickte auf. Seine Augenbrauen und Wimpern waren schwarz und blond, zu schmalen Streifen zusammengezogen.
    „Reiß dich zusammen, es wird weh tun.“
    Er nickte.
    Jason hielt Gryfs Hand, während Kylis zuerst die Heilpaste und dann schmale Streifen der Spinnenseide auf die Wunde auftrug. Gryf bewegte sich nicht. Selbst jetzt hatte er noch Kraftreserven, um die Schmerzen stumm zu ertragen.
    Als es vorbei war, streichelte Jason Gryfs Stirn und gab ihm Wasser zu trinken. Er wollte nichts essen, noch nicht einmal Fleischbrühe; so küßten sie ihn beide und blieben zu seiner und ihrer eigenen Beruhigung in seiner Nähe sitzen, bis er eingeschlafen war. Das dauerte nicht lange. Als er tief und ruhig atmete, erhob sich Jason, die Schüssel in der Hand.
    „Ich möchte nach deiner Verletzung sehen.“
    „In Ordnung“, sagte Kylis, „aber verbrauche nicht die ganze Paste.“
    Die Salbe brannte höllisch, und Jasons Hände fühlten sich kalt an auf ihrem Körper. Sie saß, die Hände auf die angezogenen Knie aufgelegt, und akzeptierte die Schmerzen, anstatt sie zu verdrängen. Nachdem er fertig war, nahm sie die Schüssel und behandelte seine Wunden. Sie wollte Jason von Miria erzählen, entschied sich aber dann dagegen. Kylis hatte das Problem geschaffen, nun wollte sie es nach Möglichkeit auch selbst wieder aus der Welt schaffen, wenn ihr das möglich war. Auch war sie, wie sie erkannte, beschämt über ihre Fehleinschätzung. Sie konnte sich keinen Reim auf Mirias Tat machen, nichts konnte ihr Handeln entschuldigen. Jason gähnte heftig.
    „Gib mir deine Essenkarte und leg dich wieder schlafen“, sagte Kylis. Da sie die nächste war, die wieder zur Arbeit ging, war es dieses Mal ihre Aufgabe, die Rationen einzusammeln. Sie nahm Gryfs Lochkarte aus seiner Gürteltasche

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