Feuerflut
Helm, der seine Augen beschattete. Seine Lippen waren ein schmaler Strich.
Er winkte mit der Taschenlampe und drehte sich um, trat wieder in den Gang. »Ein bisschen Beeilung, bitte. Ich habe die Transportkiste nach Ihren Wünschen vorbereiten lassen. Zwei meiner Männer werden Ihnen helfen.«
Hank folgte ihm und brummte: »Wünsche ebenfalls einen guten Tag, Major.«
An der Mündung des Gangs blieb Maggie stehen und warf einen Blick über die Schulter. Nichts regte sich in der Kammer. Sie schüttelte den Kopf.
Hab mich wohl getäuscht. Da gruselt’s mich schon vor Schatten.
»Wir haben ein Problem«, sagte Ryan. »Ein Missgeschick.«
»Was für ein Missgeschick?«, fragte Hank.
»Sehen Sie selbst.«
Besorgt eilte Maggie ihnen nach.
Was war jetzt wieder los?
11:40
Im Schatten verborgen, beobachtete die Attentäterin, wie die drei im Tunnel verschwanden. Erleichtert seufzte sie auf und unterdrückte einen Schauder. Als sie den Rucksack hinter zwei Mumien geschoben hatte, wäre sie beinahe entdeckt worden.
Zweifel nagten an ihr.
Was tue ich hier eigentlich?
Sie hockte am Boden und wartete im Dunkeln, wie sie es den ganzen Morgen getan hatte. Sie nannte sich Kai, was in der Sprache der Navajo »Weidenbaum« bedeutete. Mit klopfendem Herzen versuchte sie, Kraft aus ihrem Namen zu schöpfen, sich die Geduld des Baums und dessen sprichwörtliche Geschmeidigkeit zu eigen zu machen. Langsam streckte sie das linke Bein, das eingeschlafen war. Auch der Rücken tat ihr weh.
Nicht mehr lange, dachte sie.
Seit dem Morgengrauen versteckte sie sich hier. Zwei ihrer Freunde, die so taten, als ob sie betrunken randalierten, hatten die Wachposten vom Höhleneingang fortgelockt. Sie hatte ihr Versteck verlassen und war hinter ihrem Rücken in den Tunnel geschlüpft.
Sie hatte ihren ganzen Mut zusammennehmen müssen, um bis in die Mumienkammer zu tappen. Doch sie war achtzehn, körperlich fit und verstand sich darauf, sich in der Dunkelheit zu bewegen, eine Fähigkeit, die sie beim Wandern von ihrem Vater gelernt hatte, als sie noch ein Dreikäsehoch war. Er hatte sie die überlieferten Fertigkeiten der Indianer gelehrt – bevor er in Boston bei Ausübung seiner Tätigkeit als Taxifahrer erschossen worden war.
Die Erinnerung weckte einen tief verwurzelten Zorn.
Ein Jahr nach seinem Tod war sie von WAHYA angeworben worden, einer militanten Gruppe, die sich für die Rechte der amerikanischen Ureinwohner einsetzte und sich nach dem Cherokee-Wort für »Wolf« benannt hatte. Die Mitglieder der Gruppe waren radikal und intelligent, genau wie sie, und alle waren jung, keiner über dreißig. Für die kompromissbereiten etablierten Organisationen hatten sie nur Verachtung übrig.
Im Dunkeln versteckt, schürte sie ihren Zorn, bis er ihre Angst hinwegbrannte. Sie vergegenwärtigte sich die kämpferischen Worte John Hawkes’, des Gründers und Leiters von WAHYA: Weshalb sollen wir warten, bis die US-Regierung uns unsere Rechte zurückgibt? Weshalb sollen wir das Knie beugen und uns mit Brotkrumen zufriedengeben?
WAHYA hatte schon mehrfach Schlagzeilen gemacht. Nach der Verurteilung eines Crow-Indianers wegen des Konsums halluzinogener Pilze bei einer religiösen Zeremonie hatten sie auf der Treppe des Gerichtsgebäudes von Montana die amerikanische Flagge verbrannt. Vergangenen Monat hatten sie die Büroräume eines Kongressabgeordneten aus Colorado mit Farbe besprüht, weil er die von Indianern betriebenen Spielkasinos verbieten wollte.
John Hawkes war der Ansicht, dass sich hier eine noch viel bessere Gelegenheit bot, landesweit Aufmerksamkeit zu erregen. Vor dem Hintergrund der laufenden Kontroverse würde WAHYA aus der Deckung treten, die Angelegenheit selbst in die Hand nehmen und gegen die Regierungseinmischung in Stammesangelegenheiten Stellung beziehen.
Ein lauter Ruf lenkte ihren Blick in den Tunnel hinein.
Sie spannte sich an. Vor dem Eintreffen der beiden Neuankömmlinge hatte es in der hinteren Höhle einen lauten Krach gegeben, gefolgt von wildem Gefluche. Irgendetwas war dort schiefgegangen. Sie konnte nur hoffen, dass ihr Einsatz nicht gefährdet wurde.
Kai verlagerte das Gewicht aufs andere Bein und übte sich weiter in Geduld. Sie legte die eine Hand auf den Rucksack mit C4-Sprengstoff, der bereits mit Funkzündern präpariert war.
Es würde nicht mehr lange dauern.
11:46
»Was ist passiert?« Hanks zornige Stimme hallte dröhnend in dem kleinen Hohlraum wider.
Maggie legte ihm beschwichtigend die
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