Feuerflut
es bestimmt auch Präzisionswaagen.«
Gray hob die Platte hoch, als wollte er sie persönlich schützen. Monk und Seichan schleppten gemeinsam eine Vergleichsplatte nach draußen und wackelten zu Waldorf und Lyndell hinüber.
Gray schilderte ihr Anliegen, brachte aber keine Erklärung vor, was den Captain offensichtlich irritierte.
Lyndell trat zwischen Monk und Seichan. Er nahm ihnen ihre Last ab und hob die Platte so mühelos hoch, als bestünde sie aus Holz. »Gehen wir. Außerhalb des Tresors gibt es einen Wiegeraum. Je zügiger wir das hinter uns bringen, desto eher kommen wir alle hier raus.«
Sie gingen zum ersten Stock hoch und passierten wieder die Tresortür. Sie hatten auf dem Flur nur wenige Schritte zurückgelegt, als ihnen mehrere US-Soldaten den Weg verstellten und mit Gewehren auf sie zielten.
»Was soll das?«, fragte Lyndell.
Einer der Offiziere trat vor und zeigte dem Captain ein Schriftstück. Mit der anderen Hand deutete er auf Seichan. »Sir, das ist soeben eingetroffen. Diese Frau ist eine bekannte Terroristin. Sie wird von der CIA und mehreren Ländern per Haftbefehl gesucht.«
Seichan wurde ganz kalt. Ihre Deckung war aufgeflogen. Das konnte sie sich nicht erklären. Ihre Ausweispapiere waren einwandfrei. Sie blickte zur Personenschleuse in der Lobby hinüber. Waldorf hatte gemeint, der Ganzkörperscanner sei erst vor Kurzem in Betrieb genommen worden. Vielleicht hatte er ja ein dreidimensionales Abbild ihres Gesichts und ihres Körpers übermittelt, das in irgendeiner Datenbank Alarm ausgelöst hatte. Wie auch immer, es ließ sich nicht ändern.
Alle Blicke – und Waffen – waren auf sie gerichtet.
Der Offizier fuhr fort: »Wir haben Anweisung, Sie und alle Personen in Ihrer Begleitung festzunehmen. Sollten Sie Widerstand leisten, wird scharf geschossen.«
»Ich habe gleich geahnt, dass mit Ihnen etwas nicht stimmt«, sagte Lyndell mit selbstgerechter Empörung. Er zeigte auf die Goldplatte, die Gray schleppte. »Officer, bringen Sie das Gold unverzüglich in den Tresor zurück. Und dann schließen Sie zu.«
Seichan bat Gray lautlos um Entschuldigung.
Waldorf wandte sich zu Gray um, als wollte er ihm den Schatz abnehmen. Mit enttäuschtem Gesichtsausdruck zog er eine Pistole aus dem Schulterhalfter unter seiner Jacke. Als er vortrat, setzte er Lyndell die Mündung plötzlich auf den Hinterkopf und drückte ab.
Es knallte. Alle schreckten zusammen und duckten sich unwillkürlich.
Lyndells Goldplatte fiel zu Boden, die Marmorfliese barst.
Das war erst der Anfang. Vier Soldaten am hinteren Ende der Abteilung – dieselben Männer, die sie vom Flughafen hierher eskortiert hatten – eröffneten das Feuer auf die anderen Offiziere der Münzanstalt. Sie brachen zusammen. In Sekundenschnelle war alles vorbei.
Ein kaltblütiges Gemetzel.
»Ihr Schweine«, sagte Gray.
Monk tastete nach Lyndells Puls und musterte entsetzt die anderen toten Offiziere.
»Nehmt die Platte«, befahl Waldorf den Soldaten. »Schafft die Gefangenen in unser Fahrzeug, und bringt sie zum vereinbarten Treffpunkt.« Dann zeigte er auf sein Bein. »Macht schon.«
Einer der Soldaten zielte und feuerte. Die Kugel traf Waldorf im Oberschenkel. Er wurde herumgeschleudert und brach zusammen. Kein Schmerzensschrei kam ihm über die Lippen, nur ein lautes Stöhnen.
Offenbar sollte es so aussehen, als hätte Grays Team die Offiziere niedergeschossen und wäre dann geflüchtet. Jetzt wurde Seichan auch klar, was es mit der Verzögerung am Flughafen auf sich gehabt hatte. Die ursprüngliche Eskorte lag vermutlich irgendwo tot im Straßengraben. Sie blickte Waldorf an. Sie wusste, dass die Gilde ihre Agenten in alle möglichen Sicherheitseinrichtungen eingeschleust hatte. Wie lange hatte es wohl gedauert, bis Waldorf in diese Vertrauensstellung aufgestiegen war? Hatte die Gilde Fort Knox als Privattresor genutzt?
Oder verfolgte sie noch teuflischere Absichten? Hatte die Gilde schon immer vermutet, dass in Fort Knox etwas Bedeutsames versteckt war, hatte es aber nicht finden können? Hatte sie warten müssen, bis Sigma das Rätsel für sie löste?
Man hat uns benutzt, dachte sie.
Die Gilde hatte sich den Notfall und Grays einzigartigen analytischen Verstand zunutze gemacht.
Und jetzt wollte sich der Gegner mit der Beute aus dem Staub machen.
Da sie unbewaffnet waren, leisteten sie keinen Widerstand, als einer der Soldaten Gray die Goldplatte abnahm. Drei Männer zielten mit ihren Waffen auf sie, bereit, beim
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