Feuerflut
dreieinhalb Meter hoch, die Waagschalen maßen ein Meter zwanzig im Durchmesser. Ein Stück weiter sah er die Tresortüren aus massivem Stahl. Darüber glänzte das goldene Siegel des Finanzministeriums.
»Das dürfen Sie nicht mitnehmen«, sagte hinter ihm der Techniker.
Gray wandte sich in der Erwartung um, dass Seichan bei dem Scan aufgefallen war. Hatte sie vielleicht einen Dolch am Körper vergessen? Doch wie sich herausstellte, war Monk für die Verzögerung verantwortlich.
Sein Freund stand im Scanner und hielt die Handprothese hoch. »Die gehört zu mir«, sagte er vorwurfsvoll.
»Tut mir leid. Wenn der Scanner einen Gegenstand nicht durchleuchten kann, bleibt er draußen. Entweder Sie warten am Eingang, oder Sie geben die Prothese bei uns in Verwahrung.«
»Das ist bei uns Vorschrift«, ertönte hinter Gray eine barsche Stimme.
Er drehte sich zum Captain der Wachmannschaft um.
Monk war inzwischen rot angelaufen im Gesicht. »Wie Sie wollen.« Er löste die Magnetverbindung zwischen Prothese und chirurgisch implantierter Handmanschette und warf die Prothese einem zweiten Techniker zu, der sie in einen Plastikbehälter legte. Monk ließ sich ein zweites Mal scannen, dann schloss er sich seinen Begleitern an.
»Diese Vorschrift steht in krassem Widerspruch zum Schwerbehindertengesetz«, sagte er. »Lassen Sie sich das gesagt sein.«
Der Captain ging nicht darauf ein und stellte sich vor. »Ich bin Captain Lyndell. Ich werde Sie begleiten. Der diensthabende Offizier wird Ihre Fragen beantworten, doch bevor wir den Tresor öffnen, möchte ich Sie etwas fragen: Um welche Art von nationaler Bedrohung geht es eigentlich?«
»Tut mir leid, aber darüber dürfen wir keine Auskunft geben«, sagte Gray.
Die Antwort gefiel dem Captain nicht.
Gray konnte das verstehen. Er wäre an seiner Stelle ebenfalls unzufrieden gewesen. »Offen gesagt, geht es um eine eher kleine Bedrohung, und wir dürften Mühe haben, sie überhaupt zu finden. Für Captain Waldorfs Unterstützung wären wir dankbar.«
Dass er sich kooperativ gab, schien den Mann zu besänftigen.
Jedenfalls ein wenig.
»Dann bringen wir’s hinter uns.«
Lyndell ging zur Tresortür und gab eine lange Kombination ein. Zwei Männer warteten darauf, dass er ihnen Platz machte. Keiner verfügte über die vollständige Kombination. Als die ersten beiden fertig waren, gab der Captain der Sicherheitsmannschaft die letzte Zahlenfolge ein.
Das rote Lämpchen über dem Einstellrad wechselte auf Grün, die zwanzig Tonnen schwere Stahltür ging von selbst auf. Es dauerte eine geschlagene Minute, bis die Öffnung so groß war, dass sie hindurchtreten konnten.
»Wenn Sie mir folgen würden«, sagte Waldorf und betrat den Tresor. Offenbar wollte er die Rolle des Fremdenführers übernehmen.
Lyndell schloss sich ihnen an; seine Aufgabe war es offenbar, sie im Auge zu behalten.
»Im Moment«, sagte Waldorf, »sind hier über hundertfünfzig Millionen Unzen Gold gelagert. Das entspricht einem Kubus aus massivem Gold von über sechs Metern Kantenlänge. Das wäre natürlich keine praktische Methode der Lagerung. Deshalb das Depot. Es umfasst zwei Stockwerke. Die einzelnen Etagen sind untergliedert. Wir betreten jetzt die erste Etage, aber es gibt noch ein Untergeschoss.«
Waldorf machte ihnen Platz und wandte sich an Gray. »Das heißt, Sie müssen eine große Fläche absuchen. Wenn es eine Möglichkeit gibt, die Suche abzukürzen, sollten Sie jetzt damit herausrücken. Ansonsten dürfte sich unser Aufenthalt im Tresor hinziehen.«
Gray passierte die dicke Stahltür und gelangte in einen Gang, von dem kleinere Lagerräume abgingen. Darin funkelten Goldbarren, die sich bis zur Decke stapelten. Die Menge an Gold war entmutigend.
Er riss seinen Blick los und wandte sich an Waldorf. »Zunächst einmal möchte ich wissen, ob hier irgendetwas Ungewöhnliches gelagert ist, etwas anderes als Gold.«
»Was meinen Sie? Ampullen mit Nervengas, Drogen, biologische Waffen? Das wird alles vermutet. Es geht sogar das Gerücht um, wir würden hier die Leiche von Jimmy Hoffa und die Roswell-Aliens aufbewahren. Allerdings wurden hier in der Vergangenheit tatsächlich Gegenstände von unschätzbarem historischem Wert gelagert. Im Zweiten Weltkrieg haben wir hier das Original der Kriegserklärung und die Verfassung aufbewahrt, außerdem die englische Magna Charta und die Kronjuwelen mehrerer europäischer Staaten. Aber jetzt hat es seit Jahrzehnten keine größeren Veränderungen
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