Feuerflut
schon etwas Neues?«
»Noch nicht.« Als sich Jordans Miene verdüsterte, setzte er hinzu: »Und das ist eine gute Nachricht. Bis zum Beweis des Gegenteils gehen wir davon aus, dass sie noch lebt, einverstanden?«
Jordan nickte zögernd. »Okay, aber als ich da im Dunkeln gelegen habe, hab ich nachgedacht. Die Leute haben mir alles abgenommen, was ich bei mir hatte. Auch mein Handy. Vielleicht haben sie es ja immer noch. Wie wär’s, wenn wir sie anrufen würden?«
Auf einmal hatte Painter das Gefühl, seine unsichtbaren Fesseln würden ein Stück weit gelockert. Vielleicht waren sie ja tatsächlich über das Handy des Jungen erreichbar. Den Versuch war es wert. Außerdem ging ihm die Untätigkeit gegen den Strich.
Jordan, dem nicht klar war, dass er bereits gewonnen hatte, ließ nicht locker. »Vielleicht geht ja jemand ran, und wir können sie so unter Druck setzen, dass sie Kai freilassen.«
Wir könnten das Handy auch anpeilen, überlegte Painter. Oder wir schalten das Mikrofon ein und benutzen es als ferngesteuerte Wanze.
Das alles war natürlich nur ein Schuss ins Blaue. Der Franzose war nicht dumm. Bestimmt hatte er sich des Handys bereits entledigt. Painter trommelte mit dem Zeigefinger auf den Tisch. Andererseits hielt Rafael sie für tot. Vielleicht hatten seine Leute das Handy ja doch noch nicht weggeworfen.
Allerdings würde es Zeit brauchen, das Handy zu orten, gerade hier in der Wüste – Zeit, die Kai nicht hatte.
Painter musste ihr einen Aufschub verschaffen. »Wie lautet die Nummer?«
Jordan nannte sie ihm.
Painter prägte sie sich ein und bat einen Ranger, ungestört an einem Festnetztelefon telefonieren zu dürfen. Es klingelte endlos, während er hoffte, dass jemand dranging.
Endlich knackte es in der Leitung. Jemand meldete sich mit starkem Akzent. »Ah, Monsieur Crowe, wie ich sehe, sind wir noch nicht fertig miteinander.«
1. Juni, 0:41
Salt Lake City, Utah
Rafael hatte wieder die Präsidentensuite im obersten Stockwerk des Grand America Hotel im Zentrum von Salt Lake City bezogen. Vor einer halben Stunde war er aufgewacht und hatte im Fernsehen verdreckte Gestalten am Rand eines vergitterten Erdlochs stehen sehen.
Painter Crowe hatte überlebt.
Bemerkenswert.
Eine geschlagene Minute lang hatte er reglos im Bademantel dagestanden. Er verspürte Zorn, Respekt und, ja, auch ein wenig Angst – nicht vor dem Mann, sondern vor der wankelmütigen Zukunft.
Auf dem Bild hatte Painter direkt in die Kamera geschaut.
Unbeugsame Entschlossenheit lag in seinem herausfordernden Blick. Rafe konnte sich denken, dass der Leiter von Sigma hinter der Blitzmeldung steckte. Diese Botschaft war an ihn persönlich adressiert.
Ich habe überlebt. Ich will, dass Sie meine Nichte freilassen.
Rafe hielt sich das Handy ans Ohr, ohne die damit verbundenen Kabel zu beachten, und blickte zur geschlossenen Tür. Offenbar war das Schicksal der Nichte ebenso wohlgesinnt wie dem Onkel. Er hatte vorgehabt, Kai gründlich zu verhören und sie dann zu beseitigen. Sie war in der Höhle in Utah gewesen, hatte die Mumien und den Schatz gesehen. Er wollte so viel wie möglich von ihr in Erfahrung bringen. Vielleicht hatte sie von ihrem Onkel auch noch das eine oder andere über Sigma und die Mitarbeiter der Organisation aufgeschnappt.
Aber ein solches Verhör war ihm im Moment zu anstrengend, denn es war ein langer Tag gewesen.
Morgen war auch noch ein Tag, also sollte sie ruhig noch einen Sonnenaufgang erleben.
Jetzt war er froh, dass er großzügige Zurückhaltung geübt hatte.
»Machen Sie sich nicht die Mühe, den Anruf zu verfolgen«, warnte er seinen Gegner. »Ich beschäftige ein ganzes Team von Verschlüsselungsexperten. Das Signal wird um den ganzen Globus geleitet.«
»Das käme mir gar nicht in den Sinn. Offenbar haben Sie meinen Anruf erwartet, da muss ich davon ausgehen, dass Sie Vorkehrungen gegen eine Ortung getroffen haben.«
Exactement.
Als er das Foto betrachtete, hatte Rafe gewusst, dass Painter eine Möglichkeit finden würde, ihn zu erreichen. Es wunderte ihn ein wenig, dass es so lange gedauert hatte. Ashanda hatte sich mit TJs Unterstützung an dem Handy zu schaffen gemacht und dafür gesorgt, dass man es nicht orten und das Signal nicht zurückverfolgen konnte.
»Ich rufe an, um die Verhandlungen wieder aufzunehmen«, sagte Painter. »Um da weiterzumachen, wo wir aufgehört haben.«
»Einverstanden.«
»Zunächst will ich einen Beleg dafür, dass Kai noch am Leben ist.«
»Nein,
Weitere Kostenlose Bücher