Feuerflut
Linguistik. Als ich ihn zuletzt gesprochen habe, hat er gemeint, er könne den Text für uns übersetzen. Natürlich nicht wortwörtlich. Er würde vielleicht hier und da ein paar Worte herauspicken, die einen Bezug zum modernen Hebräisch aufweisen.«
»Im Moment ist mir jede Art Hilfe recht. Schon ein einzelnes Wort könnte uns helfen, das Rätsel zu lösen.«
Hank hielt sich im Hintergrund, während Painter und der Franzose eine Kopie der Fotodatei an die BYU mailten. Dabei stieß er versehentlich an den Koffer, in dem die Kanope transportiert worden war.
Hmmmm …
Plötzlich zog Painter alle Aufmerksamkeit auf sich. »Die NASA hat sich gemeldet!«, rief er. »Wir haben einen Treffer!«
36
1. Juni, 6:30
Hohenwald, Tennessee
ALS SIE SO weit waren, den Bagger vom Tieflader herunterzufahren, schien bereits die Sonne. Gray steuerte den Bagger über den leeren Parkplatz des Meriwether Lewis State Park. Das Erholungsgebiet lag etwa hundertdreißig Kilometer südlich von Nashville und war über den Natchez Trace Parkway zu erreichen. Um diese Zeit war der Park noch geschlossen, und die gesuchte Grabstätte lag abseits der Straße, inmitten von dichtem Wald.
Wenn sie sich beeilten, würden sie nicht gestört werden.
Kat hatte eine Genehmigung für Kanalarbeiten besorgt und dem geplanten Grabraub damit den Weg geebnet. Außerdem hatten sie bei einem Tiefbauunternehmen einen Bagger gemietet.
Monk und Seichan, beide im blauen Overall und mit Schaufeln ausgerüstet, gingen voran.
Gray fuhr ihnen hinterher, bediente die beiden Bremsen, wenn es um eine Biegung ging, und spähte über die Baggerschaufel hinweg. In seiner Jugend in Texas hatte er Traktoren und auch Bagger gesteuert. Er war aus der Übung, doch mit der Zeit ging es immer besser.
Sie kamen an mehreren Gedenk- und Informationstafeln vorbei und passierten den restaurierten Gasthof Grinder’s Stand, in dem Lewis gestorben war. Das Blockhaus lag an der einen Parkseite. Der Grabstein stand auf einem Rasenstück. Auf geschichteten Steinen lag eine geborstene Sandsteinplatte als Symbol für Lewis’ jäh beendetes Leben.
Gray hielt langsam darauf zu. Als sie nahe genug gekommen waren, schwenkte Monk den Arm. »Dreh das Ding um!«
Gray drehte den Bagger und brachte den hinteren Ausleger in Position. Dann schwenkte er den Sitz zur Steuerung des Heckarms herum und senkte die Stützbeine ab.
Bevor er mit dem Ausheben des Erdreichs begann, musste er erst einmal Platz schaffen.
Mit schlechtem Gewissen und einer wortlosen Entschuldigung an die Adresse des verstorbenen Pioniers hob Gray die Schaufel an, fuhr den Ausleger aus und rammte die Gedenksäule. Die Hydraulik heulte auf, dann löste sich die Steinplatte langsam von den geschichteten Steinen. Sie kippte nach hinten und grub sich tief in den Rasen.
Er brauchte fünfzehn Minuten, um Steine und Mörtel beiseitezuräumen. Dann neigte Gray die Schaufel und machte sich daran, das Grab auszuheben.
Monk und Seichan dirigierten ihn und durchwühlten mit ihren Schaufeln den Aushub. Schließlich ertönte ein scharfer Pfiff. Monk richtete sich neben dem Erdloch auf und zeigte hinein.
»Lasst uns die Toten auferwecken!«
Monk und Gray beförderten das restliche Erdreich von Hand hinaus. Der einhändige Monk hatte dabei zunächst ein wenig Mühe, doch er hatte längst gelernt, sich mit seinem Armstumpf zu behelfen.
Seichan schaute vom Rand des Grabes aus zu.
Eric Heisman zufolge war dies nicht das erste Mal, dass Lewis’ Totenruhe gestört wurde. 1847 hatte ein Denkmalkomitee Lewis’ Leichnam ausgegraben, weil man sich vor dem Bau des Grabmals hatte vergewissern wollen, dass hier tatsächlich der berühmte Pionier bestattet war. In dem Bericht an die staatlichen Behörden hatte das Komitee seiner Überzeugung Ausdruck verliehen, dass Lewis keinen Selbstmord begangen habe, sondern ermordet worden sei, »getötet von der Hand eines Mörders« .
Aus dieser Zeit stammte vermutlich auch der Sarg.
Etwas bereitete Gray Sorge. Hatte das Komitee vielleicht die zusammen mit Lewis bestatteten Gegenstände aus dem Grab entfernt?
Gleich würden sie mehr wissen.
Gray setzte die Schaufel an und sprengte das verrostete Schloss des Holzsargs. Mit Monks Hilfe hob er den Deckel an. Auf den vermoderten Überresten eines Anzugs lagen Gebeine. Stellenweise hafteten noch vertrocknete Fleischreste an den Knochen.
Monk wich zurück und deutete mit dem Daumen nach oben.
»Ich glaube, ich warte oben bei Seichan.«
»Nur zu«,
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