Feuerflut
Konflikten.
Am Hotel angelangt, drückte Painter die schwere, feuerrot bemalte und mit schwarzen Eisennägeln beschlagene Bohlentür auf. Dahinter bot sich ihm ein atemberaubender Anblick. Es war, als beträte er eine aus Baumstämmen erbaute, von Lampen erhellte Höhle. Das gewaltige Volumen des umbauten Raums lenkte seinen Blick nach oben. Balkone und Treppen stiegen zum Dach hin an, die Geländer waren aus knorrigem, entrindetem Kiefernholz, das im Lichtschein golden leuchtete. In der Mitte befand sich ein hoch aufragender steinerner Kamin. Er diente als Mittelsäule und beheizte die Lobby.
Der höhlenartige Raum wirkte deshalb besonders groß, weil er verlassen war. Wie der Park war auch das Hotel evakuiert worden. Zurückgeblieben war lediglich eine Rumpfmannschaft von Freiwilligen, die sich bereit erklärt hatten, das wertvolle Gebäude zu schützen. Das war ehrenhaft, aber sinnlos. Niemand konnte irgendetwas vor der drohenden Gefahr schützen – man konnte nur versuchen, die Katastrophe zu verhindern.
Painter ging zu Rafaels Leuten hinüber. Sie hatten sich auf schweren Holzsesseln und Schaukelstühlen um Couchtische herum niedergelassen. Aus dem angrenzenden Restaurant hatte man einen Tisch herbeigeschleppt und darauf die Computer aufgebaut. Miniserver, Monitore und andere digitale Geräte wurden unter der Aufsicht eines hageren, nervösen Technikers und einer Painter bereits bekannten Schwarzen eilig verkabelt.
Hinter der Frau trat eine weitere ihm bekannte Person hervor.
»Onkel Crowe …«, sagte Kai.
Jordan eilte ihr entgegen. »Kai!«
Ihr Gesicht hellte sich auf, als sie ihn sah. Sie machte Anstalten, ihm entgegenzulaufen, und hob einen Arm. Plötzlich aber packte die große Schwarze sie an der Hüfte und hielt sie zurück. Das Klirren von stählernen Kettengliedern machte Painter seinen Irrtum bewusst. Die Afrikanerin hielt Kai nicht fest – sie waren mit Handschellen aneinandergefesselt.
Jordan blieb stehen.
»Was soll das?«, fragte Painter und trat vor.
»Eine reine Vorsichtsmaßnahme, Monsieur Crowe.« Rafael erhob sich mithilfe seines Stocks mühsam aus einem Sessel. In seinen Augenwinkeln bildeten sich Falten. Offenbar hatte ihn die Anreise körperlich erschöpft.
»Vorsichtsmaßnahme, wieso? Wir haben eine Abmachung.«
»Richtig. Und ich halte mein Wort. Wir haben vereinbart, dass ich Ihnen Ihre Nichte wohlbehalten übergebe, sobald ich weiß, an welchem Ort sich die verlorene Stadt befindet.«
»Den habe ich Ihnen genannt.«
»Das haben Sie eben nicht getan.« Rafael schwenkte den Arm. »Wo ist denn nun die verlorene Stadt?«
Painter musste dem Franzosen recht geben. Er erwiderte Kais verängstigten Blick. Während des Wortwechsels mit Rafael hatte sie Jordans Hand ergriffen. Painter bemerkte, dass Kais Handschelle außergewöhnlich dick war. Eine rote LED blinkte daran.
»Das war leider nötig«, sagte Rafael. »Die Handschellen bilden einen geschlossenen Stromkreis. Wird der unterbrochen, explodiert eine kleine Sprengladung, die Ihrer Nichte den Arm und einen Gutteil des Oberkörpers abreißen dürfte.«
Kai schaute entsetzt auf Rafael. Offenbar hatte ihr Peiniger sie bis jetzt über diese zusätzliche Vorsichtsmaßnahme im Unklaren gelassen.
»Ich hielt es so für am besten«, erklärte Rafael. »Jetzt brauchen Sie nicht zu überlegen, wie Sie Ihre Nichte aus meiner Gewalt befreien könnten, und werden nicht von Ihrer Arbeit abgelenkt. Wir können uns beide ganz auf unsere Aufgabe konzentrieren. In der Zwischenzeit wird ihr nichts passieren.«
Die Spannung zwischen den beiden Parteien war greifbar. Rafaels blonder Bodyguard legte die Hand auf sein Waffenhalfter. Fünf Söldner flankierten ihren Anführer.
Es herrschte ein Patt – und die Zeit lief ihnen davon.
Painter hatte gesagt, er wolle keine Verwicklungen, doch genau danach sah es aus. Er musste dem ein Ende machen.
Er bedachte Kai mit einem aufmunternden Blick. Er würde dafür sorgen, dass sie freikam – irgendwie. Er wandte sich wieder Rafael zu. »Haben Sie das goldene Gefäß mit dem Wolfskopf mitgebracht?«
»Selbstverständlich.« Rafe humpelte näher. »Bernd, legen Sie den Koffer auf den Tisch.«
Der Söldner ging zu einem mittelgroßen Koffer, legte ihn auf einen Couchtisch und öffnete ihn. Darin lag die goldene Kanope, eingebettet in schwarzen Schaumstoff. Auch die beiden Goldtafeln, die Kai aus der Höhle in Utah gestohlen hatte, waren in dem Koffer.
Hank hatte die Goldtafeln ebenfalls bemerkt
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