Feuerflut
Das Suchteam war im Keller angelangt und rückte ohne besondere Vorsichtsmaßnahmen vor, da man davon ausging, dass man es mit verängstigten, unbewaffneten Zivilisten zu tun hatte.
Painter setzte die umgebaute Patrone eilig zusammen, steckte sie in die Tasche und ergriff das Mossberg-Gewehr, das am Tisch lehnte. Er drehte sich um und flüsterte Denton zu: »Auf mein Zeichen rennen Sie zu den anderen zurück. Ich lenke den Gegner ab.«
Painter ging zur Tür, trat auf den Gang und eilte, gefolgt von Denton, zum Hauptflur zurück. Er spähte um die Ecke. In der schwachen Notbeleuchtung machte er mehrere Männer in schwarzen Tarnanzügen aus, die sich am Fuß der Treppe sammelten. Sie verständigten sich mit Gesten, dann teilten sie sich auf; die eine Gruppe durchsuchte den Kellerabschnitt unterhalb des Hauptgebäudes, die andere nahm sich die unterirdischen Räumlichkeiten vor, die sich in nördliche Richtung erstreckten.
Painter durfte nicht länger warten. Er legte den Zeigefinger an die Lippen und bedeutete Denton, sich in Bewegung zu setzen, bevor die Männer von der Treppe in den Flur vordrangen. Denton würde nicht lange ohne Deckung sein. Nach fünf Metern knickte der Gang scharf nach links ab. Von da an hätte er freie Bahn zurück zu den anderen.
Denton war sich darüber anscheinend ebenfalls im Klaren. Dicht an der Wand entlang eilte er davon. Painter behielt das gegnerische Einsatzteam mit dem Ghost-Ring-Visier der Mossberg-Flinte im Auge. Sollte einer der Männer eine aggressive Bewegung in Dentons Richtung machen, würde er ihn mit einer Taserpatrone aus dem Verkehr ziehen. Der unerwartete bewaffnete Widerstand würde die Männer veranlassen, zunächst einmal in Deckung zu gehen, und Painter hoffentlich Gelegenheit geben, sich ebenfalls in Sicherheit zu bringen.
Ohne das Einsatzteam aus den Augen zu lassen, lauschte er auf das Geräusch von Dentons Schritten, die sich leise entfernten. Als der Professor die Ecke erreichte, ploppte es zweimal aus dieser Richtung. Painter wandte den Kopf und bekam gerade noch mit, wie Denton zurückgeschleudert wurde und gegen die gegenüberliegende Wand prallte. Er rutschte daran herunter und blieb reglos auf dem Boden liegen. Es hatte ihm die eine Gesichtshälfte weggerissen.
Painter musste sich beherrschen, um nicht zu reagieren. Eiseskälte breitete sich in ihm aus und mischte sich mit Zorn.
Eine große Gestalt kam um die Ecke, in der Hand eine Pistole mit Schalldämpfer. Der Mann trug wie die anderen einen schwarzen Tarnanzug, sein Helm war mit einem Nachtsichtgerät ausgestattet. Im Unterschied zu seinen Teamkollegen hatte er nichts Lässiges an sich. Man sah ihm an, dass er es gewohnt war zu befehlen. Offenbar hatte er sich unbemerkt am Labor für angewandte Physik vorbeigeschlichen und auf eigene Faust die Räumlichkeiten erkundet. Seiner Körperhaltung nach zu schließen, hatte ihn das plötzliche Auftauchen des Professors überrascht. Offenbar wollte er keine zweite Überraschung erleben.
Egal, ob er entdeckt worden war oder nicht, Painter wusste, dass er nur dann eine Chance hatte, wenn er in die Offensive ging. Er warf sich in den Flur hinein. Es ploppte – der Mann war verdammt schnell, hatte aber zu hoch gezielt.
Painter rutschte auf der Schulter vor, sein Schuss hallte dröhnend im Gang wider. Er traf den Mann am Oberschenkel. Der Taser entlud sich, blaue Funken sprühten. Der Mann stöhnte auf und begann, krampfhaft zu zittern. Als er zusammenbrach, wälzte Painter sich auf den Rücken, warf die Patronenhülse aus und beförderte die nächste in die Kammer.
Er sprang auf, feuerte blindlings einen Schuss zur Treppe ab und drehte sich um. Jemand schrie auf, offenbar hatte er einen Treffer erzielt. Von diesem kleinen Erfolg beflügelt, rannte er den Flur entlang und setzte an der Ecke über den zuckenden, wehrlosen Angreifer hinweg.
Im Vorbeilaufen warf er schuldbewusst einen Blick auf den toten Denton. Er war für die Sicherheit des Professors verantwortlich gewesen. Er hätte ihn dieser Gefahr niemals aussetzen dürfen – und ihm war bewusst, weshalb er es trotzdem getan hatte.
Er sah Kais verängstigte Rehaugen vor sich, mit denen sie um Jahre jünger wirkte als achtzehn. Er war Risiken eingegangen, die er normalerweise gescheut hätte – und ein Mensch hatte für seinen Leichtsinn mit dem Leben bezahlt.
Im Moment aber hatte er keine Zeit für Gewissensbisse.
Als er um die Ecke bog, knallten die ersten Schüsse. Mit einem Hechtsprung brachte
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