Feuerflut
an.«
Der Geologe kniete neben einem Monitor. Angezeigt wurde das Bild einer Videokamera, die er an der Grube aufgestellt hatte. Chin deutete auf die Höllenglut in der Mitte der Explosionsstelle, die eine dunkle Rauchsäule beleuchtete.
»Der Geysir war jetzt seit über vierzig Minuten nicht mehr aktiv«, sagte der Geologe. »Ich glaube, das Wasser der heißen Quelle ist vollständig verdunstet.«
»Und was kommt jetzt?«
»Das Ausgasen. Wasserstoff, Kohlenmonoxid, Schwefeldioxid. Was immer dort unten vor sich geht, es ist bis unter die Quelle vorgedrungen und hat die vulkanischen Schichten erreicht.«
Plötzlich flammte rotes Feuer in der dunklen Rauchsäule auf und erlosch wieder. »Was war das?«
Chin war blass geworden.
»Doc?«
»Ich glaube … vielleicht eine Lavabombe …«
»Was?«, sagte Ryan, dessen Stimme sich überschlug. »Lava? Wollen Sie damit sagen, es könnte hier zu einem Vulkanausbruch kommen?«
Zwei weitere Feuerzungen schossen aus der Rauchsäule hervor und schlugen in der Grube ein. Ein zähflüssiger Gesteinsklumpen rollte über die Oberfläche und räumte die allerletzten Zweifel aus.
»Wird Zeit zu verschwinden«, meinte Chin und richtete sich auf. Die Geräte ließ er stehen und packte nur eilig die Flashspeicher mit den Daten ein.
Ryan geriet in sein Gesichtsfeld. Nach dem Vorfall mit Bellamy hatte er den Geologen mit Fragen zu ebendiesem Szenario gelöchert. »Sie haben gesagt, das könne nicht passieren. Ein Vulkan gehe nicht mal dann hoch, wenn man ihn anbohrt.«
»Ich habe gesagt, das könne üblicherweise nicht passieren.« Er redete eilig weiter, ohne seine Arbeit zu unterbrechen. »Bei Tiefenbohrungen ist es schon zu Explosionen gekommen, nachdem eine heiße Magmakammer getroffen wurde. Dabei wurde Bohrflüssigkeit verdampft, und es strömte Lava in das Bohrloch. Vor drei Jahren gab es einen solchen Fall. In Indonesien ist bei einer Bohrung ein gewaltiger Schlammvulkan entstanden, der bis heute aktiv ist. Also, normal ist das nicht – aber von Normalität kann in diesem Fall auch gar nicht die Rede sein.«
Ryan atmete tief durch und dachte an Bellamys Bein. Der Geologe hatte recht. Was hier ablief, hatte niemand auf dem Schirm gehabt. Sein Team musste sich noch weiter zurückziehen.
Er schaltete das Funkgerät ein, doch es gab nur Rauschen von sich. Als er sich im Kreis drehte, bekam er ein paar Gesprächsfetzen herein. Er hob das Gerät an die Lippen. »Hier spricht Major Ryan! Ziehen Sie sich zurück! Ziehen Sie sich sofort noch weiter zurück! Macht, dass ihr vom Berg wegkommt!«
Eine abgehackte Stimme war zu hören, doch er konnte nicht verstehen, was sie sagte. Haben die mich überhaupt gehört?
Chin richtete sich auf und klappte seinen Aluminiumkoffer zu. »Major, wir müssen von hier verschwinden. Sofort!«
Wie aufs Stichwort bebte auf einmal heftig der Boden. Ryan verlor das Gleichgewicht und fiel auf ein Knie nieder. Beide sahen auf den Videomonitor. Die Kamera war umgekippt, übertrug aber noch immer Bilder aus der Grube.
Der Geysir war wieder aktiv – allerdings spuckte er nicht mehr Wasser und Dampf. Eine Säule aus überhitztem Schlamm und glühendem Gestein schoss aus dem Loch, aufgrund des wogenden Rauchs und der Asche nur undeutlich zu erkennen.
Der Boden bebte jetzt ununterbrochen, Ryan spürte die Vibration durch die Stiefelsohlen hindurch.
»Weg hier!«, brüllte Chin.
Sie rannten zum Jeep. Ryan sprang hinters Steuer. Chin ließ sich auf den Beifahrersitz sinken. Der Zündschlüssel steckte. Ryan ließ den Motor an, legte den Rückwärtsgang ein und gab Gas. Mit durchdrehenden Reifen riss er den Wagen herum, sodass Chin gegen die Tür flog.
»Alles okay?«, fragte Ryan.
»Fahren Sie!«
Sein Team hatte am Vorabend eine Schneise gerodet, die in Serpentinen am Hang entlangführte, doch um sie zu befahren, brauchte es einen Vierradantrieb, und am besten fuhr man im Schneckentempo.
Das war im Moment nicht möglich.
Ryan gab weiter Gas, denn hinter ihm war die Hölle los. Im Rückspiegel sah er, wie eine gleißende Lavafontäne über den Rand der Schlucht emporschoss. Eine schwarze Säule stieg in die Höhe, doch das Tal war nicht groß genug, um sie aufzunehmen. Die Glutwolke quoll über den Rand und rollte wie eine Lawine auf sie zu.
Doch das war nicht die einzige Gefahr.
Glühend heiße Felsbrocken von der Größe eines Kleinwagens schlugen ringsumher in den Wald und am Hang ein, setzten Bäume und Büsche in Brand. Beim Einschlag
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