Feuerflut
Westen auszuspionieren und so viele Informationen wie möglich über sie zu sammeln. Zweitens hatte Jefferson mit Lewis eine Geheimschrift entwickelt, sodass die Antworten nur von ihm und seinen Vertrauten gelesen werden konnten. Klingt das nach einem jahrelangen Naturtrip? Jefferson hat im Westen offenbar etwas Bestimmtes gesucht.«
»Aber hat er es auch gefunden?«, fragte Seichan.
»Dafür gibt es keine Belege. Andererseits wurden alle Dokumente, die Archard Fortescue betreffen, vernichtet. Wer also kennt die Wahrheit? Allerdings gibt es einen interessanten Hinweis, der auf eine besondere Entdeckung hindeutet.«
Monk rückte mit dem Stuhl ein Stück näher. »Ja, und?«
»Am elften Oktober 1809, drei Jahre nach der Rückkehr der Expeditionsteilnehmer, wurde Meriwether Lewis in einem Gasthof in Tennessee in seinem Zimmer tot aufgefunden. Man hatte ihn in den Kopf und in die Brust geschossen. Trotzdem ergaben die Ermittlungen, er habe Selbstmord begangen. Sein Leichnam wurde eilig in der Nähe des Gasthofs verscharrt. Die Vertuschung wurde erst zweihundert Jahre später aufgedeckt. Inzwischen geht man davon aus, dass er das Opfer eines Attentäters wurde.« Heisman wandte sich an alle Anwesenden. »Lewis war unterwegs nach Washington, wo er sich mit Thomas Jefferson treffen wollte. Man nimmt an, er habe wichtige Informationen überbringen wollen oder etwas dabeigehabt, das von großer Bedeutung für die nationale Sicherheit gewesen sei. Aber Genaues weiß man nicht.«
Schweigen senkte sich auf den Raum herab. Seichan bemerkte, dass Gray sich noch immer das rechte Auge rieb. Sie meinte zu hören, wie es in seinem Kopf arbeitete.
Heisman sah auf die Uhr. »Meine Damen und Herren, ich glaube, an diesem Punkt sollten wir für heute abbrechen. Sie wollen doch Ihren Flug nicht verpassen.«
Monk stand auf, und sie verabschiedeten sich. Heisman und Sharyn versprachen, die Nachforschungen am nächsten Tag fortzusetzen, machten aber keinen besonders zuversichtlichen Eindruck.
Seichan folgte den beiden Männern nach draußen, wo die Limousine auf sie wartete.
Monk musterte Gray von der Seite. »Du hast wieder diese Sorgenfalte. Was ist los? Reisefieber?«
Gray schüttelte langsam den Kopf. Ein kalter Windstoß fuhr durch die Straße. »Nein. Ich mache mir Sorgen wegen Utah. Nach allem, was wir über Island erfahren haben, und in Anbetracht der Tatsache, dass es an beiden Orten zu merkwürdigen Neutrinoausbrüchen gekommen ist, glaube ich, dass die Explosion von heute Morgen unser kleinstes Problem darstellt.«
Monk öffnete die Wagentür. »Auf jeden Fall haben wir jemanden vor Ort, der die Augen offen hält.«
Gray stieg ein. »Eben das bereitet mir die größte Sorge.«
16
31. Mai, 4:55
High Uintas Wilderness, Utah
MAJOR ASHLEY RYAN hielt zusammen mit dem Geologen Ron Chin Wache. Sie standen am Rand der Schlucht. Bald würde es hell werden – Ryan konnte den Sonnenaufgang kaum mehr erwarten.
Es war eine lange, blutige Nacht gewesen. Seine Leute hatten den verletzten Teamkollegen aus dem dampfenden Tal geborgen, und ein Helikopter hatte den Mann ins nächste Krankenhaus gebracht – benommen vom Morphium und mit einem blutigen Notverband um den Stumpf, der ihm von seinem Bein geblieben war.
Anschließend hatte Ryan versucht, ein Nickerchen zu machen, doch jedes Mal, wenn er die Augen schloss, sah er wieder vor sich, wie sich die Axt in den Oberschenkel des Mannes grub … oder wie Chin das abgetrennte Bein in die dampfende Grube warf. Ryan hatte verstanden, dass das nötig war. Das Risiko einer Ansteckung war zu groß.
Als ihm klar wurde, dass er keinen Schlaf finden würde, kroch er aus dem Zelt und hielt mit dem Geologen zusammen Wache. Im Laufe der Nacht hatte der Wissenschaftler eine ganze Batterie von Messinstrumenten in Stellung gebracht: Videokameras, Infrarotscanner, Seismografen und ein sogenanntes Magnetometer, mit dem man Stärke und Ausrichtung von Magnetfeldern bestimmen konnte. Ryans Männer meldeten zunehmende Störungen beim Funk- und Handyverkehr. Seit einer Stunde wiesen alle Kompasse zur Schlucht. Besonders erschreckend war, dass der Berg von Beben erschüttert wurde, die immer häufiger aufeinanderfolgten und an Stärke zunahmen.
»Das Gebiet wurde evakuiert«, sagte Ryan und blickte zu einem in der Nähe wartenden offenen Jeep hinüber. »Wir haben unseren Stützpunkt um drei Kilometer verlegt. Reicht das?«
»Ich denke schon«, antwortete Chin zerstreut. »Schauen Sie sich das mal
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