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Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Länge zu ziehen.«
    Martin lachte kurz und heiser auf; sein Gesicht war mit roten Flecken überzogen. Schroff wandte er sich ab, hob seine Fototasche auf, warf sich das Stativ über die Schulter. Er ging durch die Tür in den Garten und dann mit großen Schritten die Straße entlang.
    Ein schwerer Atemzug hob meine Brust. Ich verspürte ein wenig Schmerzen dort, wo mein Herz klopfte. Manuel sah mir ruhig ins Gesicht.
    Langsam hob er die Hand, streichelte meine Wange mit den Fingerspitzen.
    Ich rührte mich nicht; nur meine Augen folgten der Bewegung seiner Hand.
    »Du hast etwas«, sagte er leise.
    »Was denn, Manuel?«
    »Du hast eine große Fähigkeit, geliebt zu werden…«
    Erst jetzt fiel mir auf, daß die Frauen im Haus ihre Arbeit unterbrochen hatten und daß Anghelina mich verstört anlächelte.
    »Es tut mir leid«, sagte ich auf Griechisch, »das war nicht vorherzusehen.«
    Auf einmal wurden alle Frauen wieder lebhaft, warfen sich Blicke zu, schüttelten die Köpfe und sprachen gleichzeitig. Anghelina blinzelte verschmitzt.
    »Sie sagen, wenn ein griechischer Mann seiner Frau eine Szene macht, hält sie den Mund und wartet, bis er aus dem Haus ist. Und dann tut sie, was sie will.«
    Sie lachte. Alle Frauen lachten, Demetria auch. Sie hielt ein Küchenhandtuch in der Hand, trocknete Gläser ab, die zwischen ihren braunen Fingern funkelten. Im Zwielicht konnte ich die vielen Jahre erkennen, die ihr Gesicht gezeichnet hatten. Die tiefen Linien um Mund und Augen, die pergamentene Haut, die scharfe Kante des Kiefers.
    »Es braucht viel Geduld dazu, eine Frau zu sein. Aber ich bin froh, daß ich nicht als Mann geboren wurde.«
    Sie drehte das Glas hin und her, um zu sehen, ob es glänzte. Dann stellte sie es auf den Tisch und gab Manuel ein Zeichen.
    »Komm her!«
    Sie nahm seinen Arm, zog ihn näher ans Fenster heran. Nun stand sie vor ihm, das Gesicht ein wenig gehoben und starrte ihn aus wäßrigen Augen an, ohne zu zwinkern. Ihre Augenlider waren ein wenig geschwollen. Schließlich nickte sie.
    »Viele Männer gleichen sich. Aber du bist anders.«
    Das Lächeln, das so offen, gelassen und voller Charme war, erschien auf Manuels Lippen.
    »Streit gehe ich lieber aus dem Weg.«
    »Aber nicht, weil du Angst hast.«
    Er lachte herzlich.
    »Nein.«
    »Gib mir deine Hand!«
    Ihre alte Stimme klang plötzlich scharf. Sie nahm seine Hand, drehte sie um und schaute in die Fläche. Ich sah deutlich, wie tiefe, gleichmäßige Atemzüge ihren Brustkorb hoben und senkten. Es war, als denke sie nach.
    Die Frauen lachten jetzt nicht mehr, sondern steckten neugierig die Köpfe zusammen. Nach einer Weile hielt Demetria zwei Finger empor. Ihre Augen glänzten und schweiften umher, als ob sie in der Luft unsichtbare Dinge sahen. In der Stille war ihre Stimme deutlich zu hören, wie ein Glöckchen aus zersprungenem Kristall.
    »Eine Zeitlang warst du an Orten, die es in Wirklichkeit nicht gibt. In deiner Seele war Asche, das sehe ich. Jetzt aber zündet es, wie der Funke zündet, wenn das Feuer auflodert. Warte nur ab, das Feuer wird dich wecken. Manche Menschen sollen behutsam wandern, das Schicksal nicht herausfordern. Aber wie kannst du helfen, bevor du weißt, wer du bist?
    Nein, das kannst du nicht. Du wirst es aus Liebe tun. Ja, ja, die Zeit wird kommen, da wird es von ihr abfallen. Zwei Leben kann sie nicht schützen.
    Was spielt es für eine Rolle, aus wessen Samen es stammt?«
    Ganz plötzlich schüttelte sie seine Hand zurück, strich ihre Schürze glatt und schlurfte wieder an den Spülstein. Ihr Rückgrat war leicht verkrümmt; sie zupfte an ihrem Kleid, befingerte ihr Haar, murmelte halblaut vor sich hin, ohne uns weiter zu beachten. Mein Herz pochte bis an die Kehle hinauf. Ich spürte jenen Hauch der Furcht oder der Vorahnung, der einen überkommt, wenn man vor einem Geheimnis steht und es als solches erkennt. Vielleicht waren es nur Bilder, die durch Demetrias Sinn flatterten, körperlose Phantome ohne Bedeutung. Aber woher kamen sie? Das war ein großes Rätsel.
    Manuel schwieg; er runzelte die Brauen. Seine Augen waren klar, und doch las ich eine Betroffenheit darin. Nach kurzer Stille lachten die Frauen gezwungen auf; sie sahen einander nicht an; mir war, als ob sie das nicht wagten. Aber ich spürte, wie ihre Gedanken zwischen ihnen hin- und herzuckten. Schließlich zog Anghelina eine verlegene Grimasse.
    »Ach, hört nicht zuviel auf sie! Als sie noch jünger war, schenkte man ihr Beachtung. Jetzt ist sie

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