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Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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alt. Ihr Gedächtnis läßt nach, und sie weiß nicht immer, was sie sagt.«
    Manuel massierte seine Schultern mit kreisenden Bewegungen. Er stand in Gedanken, als ob er sich über eine schwere Frage den Kopf zerbrach.
    Nach ein paar Atemzügen löste er sich aus seiner Versunkenheit. Die Spannung verflog von seiner Stirn. Er lächelte, herzlich und warm, aber in seiner Stimme war ein rauher Klang, etwas Jungenhaftes, als wäre er verstört und bemühte sich, das zu verbergen.
    »Nein. Sie weiß, was sie sagt. Wir sind es, die sie nicht verstehen.«

20. KAPITEL

    I m Garten duftete es nach Zitronen- und Orangenblüten, nach Jasmin und Weihrauch. Der Wind ließ eine Silberpappel flimmern. Ich kauerte auf der unteren Sprosse der Leiter die von Stavros bei der Dachreparatur benutzt wurde. Neben uns stapelten sich Ziegel, von denen einige zerbrochen waren. Manuel saß auf dem Boden, im Gras, den Kopf an meine Knie gelehnt; ich ließ meine Finger durch sein Haar gleiten, strich gedankenverloren darüber hin.
    Rings um den Garten ragte ein Schilfsrohrzaun, ein mächtiger Feigenbaum krallte seine Wurzeln in den Sand, und an den Hauswänden reihten sich Blumentöpfe mit Basilikum, Majoran und Minze. Irgendwo piepsten Vögel, doch sie piepsten leise. Im »Konaki« pochte die Trommel; der Klang der Lyren, windgeboren und behexend, vermehrte sich in ewigen Kreisen. Etwas war hier, das älter war als wir; lebendig und wachsam.
    Jeder Fleck Erde besitzt eine eigene Stimmung, in der sich die Wesensart des Ortes widerspiegelt. Die Anastenariden tanzten; ihr Tanz war ein Gebet. Sie beteten nicht mit Worten, sondern mit jedem Atemzug. Ihr Herz schlug wie die Trommel, die geschlagen wird, um die Geister zu ehren. Sie würden tanzen, bis die Dunkelheit kam und der Scheiterhaufen niederbrannte. Plötzlich spürte ich am ganzen Körper eine Gänsehaut. In dieser Nacht konnte alles mögliche passieren. Ich sagte:
    »Es tut mir leid. Martin hat sich idiotisch benommen. Das hätte ich nicht von ihm gedacht.« Manuel rieb den Kopf an meine Knie.
    »Er ist eifersüchtig.«
    »Er hat alles getan, um dich zu verletzen.«
    Manuel wandte mir sein Gesicht zu; seine Augen blinzelten vergnügt.
    »Das war ja zu erwarten.«
    Er war fast zu ruhig, als ob Martins Worte kein Echo in ihm ausgelöst hätten. Vielleicht konnte er sie für eine Weile aus seinem Bewußtsein verdrängen. Irgendwo dahinter blieben die Worte, nicht vergessen, sondern nur verbannt, auf der Lauer. Immer würde ihm irgend etwas durch den Kopf gehen, und mochte es noch so unbestimmt sein, das diese Worte wieder aus dem Verborgenen lockte. Was ich tun konnte? Nichts. Martin hatte ja nur die Wahrheit gesagt. Der frühere Zauber, die vertraute Kraft füllten mich aus. Ich spüre deine Gegenwart, Amadeo. Immer, jederzeit. Du schenkst mir das Verlangen und die Ekstase der Jugend; jede Welle der Erinnerung wirft mich ein Stück weiter zurück. Ich träume von schwarzen Stieren und weißen Pferden, von Wohnwagen, die nach Bienenwachs riechen, von den Nächten am Lagerfeuer, vom Mondlicht auf den Wipfeln der Zypressen, von silberglitzerndem Schilf. Es gibt kein Verblassen für unsere Erinnerungen, keine Linderung für unseren Schmerz, keine Hoffnung für unsere Liebe. Möge dir die Nacht, dort wo du bist, leicht fallen, Amadeo. Möge dein Pferd dich tragen, immer im Kreis, denn die Kraft der Welt wirkt in Kreisen. Alles strebt danach, rund zu sein, und eines Tages kehre ich zu dir zurück…
    Ich streichelte Manuels Haar. Das Haar war fein, glatt und geschmeidig; es floß durch meine Finger wie jener dunkle Lavasand, der auf der Insel Lanzarote am Strand vorkommt, und es hatte den gleichen rötlichen Schimmer. Ich mochte sein weiches Lächeln, den Duft seiner Haut, das Begehren, das er in mir auslöste. Ich glaubte nicht, daß er in Wut geraten könnte; er würde sich einfach zurückziehen, behutsam, wie eine Katze, die eine Pfütze umgeht. So würde ich auch reagieren, ohne Vorwürfe und ohne Hysterie, weitab von diesen emotionalen Dingen. Du bist zu gescheit, Ariana. Du bemühst dich, genau zu sehen und genau zu denken. Wie willst du von ihm verlangen, daß er dich versteht? Er hat gesagt, daß er in dich verliebt ist. Schön. Aber eine Frau in den Armen halten, die an einen anderen denkt, ist nicht gerade das, was ein Mann sich erträumt. Schade, er gefällt dir. Verdammte Schweinerei!
    Ich fröstelte, als er plötzlich das Schweigen brach.
    »Sag mal, würdest du mich

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