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Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Knochen, oder was davon übrigbleibt. Ihr Geist ist hier, in Casa Monte.«

31. KAPITEL

    I n der Dunkelheit schlug ich die Augen auf; ich hatte keine Vorstellung, wo ich mich befand. Erst allmählich nahm ich meine Umwelt wahr. Und stellte verwundert fest, wie vertraut sie mir war. Ich lag in einem Bett, eine Decke war über mich gebreitet. Das Rechteck des Fensters schimmerte heller als das Zimmer. Das Muster der Vorhänge zeigte dunkle Schnörkel -
    Blumenranken –, und ich erinnerte mich, sie am Vorabend dunkelgrün auf weißem Grund gesehen zu haben. Durch die Ritzen schien der Mond herein, seine Strahlen ließen die Zimmerdecke leuchten, tauchten die Wände in blaues Licht. Behutsam drehte ich den Kopf, um mich im Zimmer umsehen zu können. Natürlich kannte ich diesen Ort; hier war ich schon früher gewesen. Mein Blick fiel auf das Porträt auf dem Nachttisch.
    Nonnas Bild war nur ein undeutlich gesprenkelter Fleck. Ich war bei ihr, so wie ich es mir immer gewünscht hatte. Bis auf die Turnschuhe, die ich ausgezogen hatte, als ich mich auf das Bett legte, war ich völlig angekleidet. Neben mir schlief Manuel, mit dem Gesicht zur Wand. Selbst ohne ihn zu sehen, spürte ich seine Gegenwart durch seine Wärme, seinen Atem. Am Vorabend hatte ich ihm Dinge von früher erzählt; ungewöhnliche Dinge, das Geheimnis meiner Kindheit. Eigentlich hatte ich alles auf das Wesentliche reduzieren wollen, aber plötzlich hatten sich die Ereignisse entfaltet, Szene für Szene. Diesen Ablauf vor Augen zu haben war anstrengend gewesen; an einem bestimmten Zeitpunkt mußte ich eingeschlafen sein. Die Ruhe, die mein Körper jetzt gefunden hatte, schärfte meine Sinne. Neue Bilder schoben sich in meinen inneren Blickkreis; ich unterzog sie einer sachlichen Überprüfung. Was hielt diese Bilder zusammen? Um welchen Kern kreisten sie? Einige davon waren mir ganz gleichgültig. Andere waren überscharf und hinterließen auch ein besonderes Gefühl. Mit den Bildern kamen Gerüche: In den frischen Lavendelduft mischte sich der Geruch nach Gips, wurmstichigem Holz, muffiger Matratze und verstaubten Schränken. Etwas, stärker als Kummer, schwebte mit diesen Gerüchen heran: die Sehnsucht nach einer vermoderten Welt, zum Abbruch bestimmt. Das kleine Mädchen, das früher hier gelebt hatte, kannte diese Gefühle nicht; für sie war diese Welt dauerhaft. Ich spürte eine große Zuneigung für dieses Kind; ein Leuchten ging von ihm aus, daran war kein Zweifel – wenigstens empfand ich es so, jetzt, wo ich es in der Erinnerung sah. Es hatte Dinge entdeckt, die interessant und anziehend waren, und gleichzeitig festgestellt, daß Erwachsene komisch darauf reagierten. Deswegen war es vorsichtig geworden.
    Während ich so regungslos dalag, sah ich das kleine Mädchen nachts aufstehen, sein Zimmer verlassen. Ich hörte das leise Knarren, das die Tür beim Öffnen machte. Barfuß lief das Mädchen durch den Korridor, die Treppe hinunter. Es spürte den eiskalten Boden unter den Füßen, hörte das Pochen der großen Standuhr, das leise Surren des Uhrwerkes, das die Zeit zurückwirbelte.
    In der Küche war es völlig dunkel. Maria zog stets die Läden zu und hakte sie ein, bevor sie zu Bett ging. In Montereale Celina waren Einbrecher selten, aber sie wollte immer vorsichtig sein. Auf Cesare, faul und gutmütig, wie er war, konnte man sich nicht verlassen. Ich brauchte kein Licht. Ich wußte, wo die Streichhölzer lagen, gleich neben der Herdplatte. Meine tastenden Finger fanden sie sofort. Ich zündete ein Streichholz an. Die winzige Flamme entfaltete sich wie eine Blüte, von einer rosa Aura umgeben, die später lila wurde, während der Kern bläulich flackerte. Allmählich verwischten sich die Konturen; das Feuer verbrauchte seine Energie, schwoll an wie eine gelbe Kugel, durchsichtig und hell, bis es mit einem kleinen Knall erlosch. Und ich hatte bald gemerkt, daß ich den Finger und sogar die ganze Hand in das Feuer tauchen konnte. Völlig schmerzlos. Es kitzelte nur, ein angenehm warmes Gefühl, und manchmal kam ein leichtes Kribbeln hinzu, mehr nicht. Faszinierend, wirklich! In Casa Monte schliefen alle; keiner wußte, daß ich nachts in der Küche mit Streichhölzern spielte. Keiner, außer Nonna.
    Sie hatte es durch Zufall in Erfahrung gebracht. Spätabends hatte sie den Tierarzt angerufen, weil eine Kuh beim Kalben blutete. Der Tierarzt hatte die Geburt eingeleitet und war zum nächsten Dorf gefahren, ohne den Kaffee anzunehmen, den Nonna

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