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Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Gewicht auf die Hacken verlegte, um das Knarren des Parketts zu verhindern. Nichts regte sich, außer den winzigen Lichtkreisen auf dem Fußboden. Ich trat lautlos nach draußen in den Gang. Sofort war mir die Dunkelheit vertraut; hier konnte ich keine falsche Bewegung machen. Das aufreizende Kribbeln unter der Kopfhaut war gewichen; alles schlug warm und klar an meine Sinne. Hier und da erschien eine beleuchtete Stelle im Korridor; dort, wo die Treppe nach unten führte, schimmerte Nonnas Gewand wie ein Bild an der Wand, ein heller Umriß bar jeder Form. Es mochte auch ein Mondstrahl auf dem Gips sein, so genau konnte ich es nicht sagen. Der Holzboden knirschte, die Wandtäfelung ließ kleine, platzende Geräusche hören. Es war genau wie in diesem oft wiederkehrenden Traumstück: der lange Korridor, die weichen Windungen der Treppe. Mit einem Unterschied: In meinem Traum führten die Stufen nach oben, nicht nach unten, in völliger Dunkelheit, wie gerade jetzt. Das Mondlicht schien nicht in das Treppenhaus; mir war, als tauchte ich hinab, in einen Brunnenschacht oder in die Finsternis eines Grabes. Ich tastete mich am Geländer entlang; unter meinen bloßen Füßen spürte ich den Steinboden, abgetreten und eiskalt.
    Mir war nicht klar, wohin ich ging, bis ich schließlich angekommen war: an der Tür nämlich, die in den Soggiomo führte. Als ich die Klinke niederdrückte, gab sie mühelos nach; ich stieß die Tür auf, zwängte mich durch den Spalt. Im ganzen Haus schienen die Hölzer zu knarren, die Wände zu flüstern und zu rascheln. Im Soggiomo war es stockdunkel, aber ich wußte, wo jedes Möbelstück stand, und hätte mich auch mit blinden Augen zurechtfinden können. Ich streifte mit der Hüfte das Sofa, die kleinen Sessel. Meine Handfläche berührte den Schreibsekretär, strich über das Holz. Schade, ich würde die Möbel vermissen. Aber sie gehörten ja nicht mir, sondern Nonna. Und Nonna wollte nicht, daß Casa Monte in fremde Hände fiel.
    »Si, sono qui, Nonna!«
    Mein Fuß stieß an eine Teppichrolle. Ich bewegte mich mit größter Sicherheit, umging jedes Hindernis, das mir seine leuchtende Spur zeichnete, teils fühlbar, teils durch Instinkt.
    Irgendwo mußte ein alter Lampenschirm stehen, früher umbragetönt, heute verschimmelt. Ja, da war er. Und jetzt der Kamin. Da! Hier roch es kaum merklich nach Asche. Meine Hand folgte den Umrissen, wanderte über den Marmor – ich wußte, ohne ihn zu sehen, daß er graugesprenkelt war; ich spürte unter den Fingerkuppen die Risse und Kerben eines Jahrhunderts. Jetzt berührte meine Hand einen kleinen Gegenstand, der sich mit leisem Geräusch bewegte. Die Streichholzschachtel. Plötzlich durchpulste mich die Erregung bis in die Fingerspitzen; ich hörte, wie ich atmete, schnell und kurz. Tastend zog ich ein Streichholz heraus; zündete es an der Schachtel an. Die Flamme summte wie ein Insekt, leuchtete auf; die Dunkelheit bevölkerte sich mit Schatten, sichtbaren Gestalten, zwei-oder dreimal so groß sie ein Mensch. Der vertraute Schwefelgeruch stieg mir in die Nase. Ich hielt das Feuer in Augenhöhe, bewegte es leicht hin und her. Die Flamme erkannte mich, entfaltete sich. Kaum stärker gefärbt als die zartgetönte Safranblüte, beleuchtete sie den Sekretär mit seinen Kästchen, Nischen und Geheimfächern, verwandelte die Putten und Füllhörner an der Decke in verwischte Pastellgemälde. Auf Sofa und Sesseln warfen die Perlen kleine Funken. Eine geheimnisvolle Kraft, im Zentrum des Feuers, blähte ein zitronengelbes Wunder auf, auf Schattenwogen schaukelnd. Meine Blicke wanderten umher, richteten sich auf die Vorhänge: bordeauxroter Samt, verschimmelt und zerschlissen.
    Nonnas weißes Kleid streifte die Vorhänge, ein flirrender Lichtschleier nur, ein Trugbild meiner überreizten Nerven. Ich klapperte mit den Zähnen, und gleichzeitig war mir so warm, als trüge ich einen schweren Mantel. Schnell jetzt, bevor das Feuer zerplatzt; es hatte schon fast seinen vollen Umfang erreicht. Mein Atem ging fliegend. Ich trat über die Teppichrolle hinweg, hielt das brennende Streichholz an den Stoff. Der Puls des Feuers schlug hoch; ein paar rote Funken flatterten aus dem Kern auf.
    Eine Hand legte sich auf die meine. Sie kam aus dem Schatten, sie war einfach da. Schmalgliedrig, sehnig und zärtlich umfaßte sie meine Hand.
    Ich zuckte zusammen; wandte den Kopf mit einem Ruck. Manuel schaute mich an, einen Hauch von Schmerz in den Augen. Er war sehr ernst, und

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