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Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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den Manuel mir gab, in ihm erwecken mochte; doch nun rieb er sich an mir, immer härter und fester, so daß ich unwillkürlich die Schenkel öffnete. Er hob mich leicht hoch, sein Atem plötzlich keuchend; ich spürte das Erschauern, das durch seinen ganzen Körper rieselte und das Gewicht, das plötzlich schwer auf meinen Schultern lastete. Und dann war es vorbei.
    Schwach wie eine Stoffpuppe hing ich in Amadeos Armen; und Manuel gab endlich meinen Mund frei. Ich öffnete die Augen, keuchte leise. Beide hielten mich umfaßt und schwiegen, als ob sie vermeiden wollten, das soeben Geschehene durch Worte zu gefährden. Gegen diese Verzauberung gab es keinen Widerstand mehr. Wir wollten uns nicht selbst betrügen.
    Nichts gab es, was nicht gesagt oder getan werden konnte.
    Lolas Stimme, dicht neben uns, brach unvermittelt den Bann. Keiner von uns wußte, wie es ihr gelungen war, uns in dieser Menschenmenge einzuholen; und auch nicht, ob sie merkte, in welchem Zustand wir waren.
    Doch sie löste die Verzauberung, brachte uns in die Wirklichkeit zurück.
    »Als ich noch Kind war«, erzählte Lola etwas atemlos, »stand die Krypta Tag und Nacht offen. Die Tradition erlaubte uns, zu Füßen der Schwarzen Sara die Nacht zu verbringen. Und in den Träumen, die sie uns schenkte, sahen wir die Zukunft.«
    Der Augenblick der Verzückung war vorbei. Noch halb benommen, versuchten wir zu sprechen. Amadeo sagte kehlig:
    »Das ist vorbei. Die Kirche wird abends geschlossen. Pfarrer, Polizei und Bürgermeister spielen eifrig Wachhund.«
    Lola kicherte.
    »Und freuen sich, wenn die Loves – die Münzen – im Opferstock klingeln.«
    »In Mexiko auch, genauso«, meinte Manuel. »Kirche und Staat haben ihren Glauben verloren und wollen, daß wir für den unsrigen zahlen.«
    »Und gebt ihr ihnen das Geld?« fragte Amadeo.
    »Wir sind reicher als sie«, sagte Manuel.
    Amadeo zeigte sein Lächeln, aber ohne einen Anflug von Heiterkeit.
    Mein Blick wanderte hinauf zu der Statue auf ihrem steinernen Altar, dem wir uns, von der Menge geschoben, allmählich näherten. Die Schwarze Sara, schillernd in einer glühenden Aura, trug ein Gewand aus blauem Brokat; über ihre Stirn senkte sich ein Diadem aus kühlen, funkelnden Straßsteinen. Sie war über und über mit bestickten Taschentüchern, Seidenschals und Tüllschärpen bedeckt. Stoffe in allen Farben des Spektrums, dottergelb, perlrosa, jadegrün, türkisblau, mit Flitter behängt und mit Goldfäden durchwoben, aufschillernd im sanften Schimmer der Kerzen.
    »Wer Sara ein Geschenk macht«, erklärte Lola, »weiß, daß sein Wunsch in Erfüllung geht.«
    Die Vielfalt der Stoffschichten hatten die kleine Gestalt außergewöhnlich in die Breite gespannt; sie glich einer Riesenblüte, in dunklen Gewässern schwebend. Berührungen und Küsse hatten ihr Antlitz mit einer Patina überzogen. Es war, als ob das alte Holz einen eigenen schwachen Schimmer ausstrahlte; ihre Wangen- und Stirnumrisse leuchteten golden. Die Wölbung der kleinen Nase warf einen Schatten über die Lippen, die zu lächeln schienen, während die Pupillen in den gelblich verfärbten Augäpfeln ernst und melancholisch ins Leere starrten.
    Männer und Frauen beugten das Knie, bevor sie das schwarze Antlitz küßten, Gesunde wie Tuberkulöse, Greise wie Säuglinge. Aus ihrer Huldigung sprach nichts Unterwürfiges; sie glich vielmehr jener innig-vertrauten Umarmung, mit der man eine geliebte Verwandte begrüßt. Die Masse der Pilger schob uns weiter, bis auch wir vor dem Altar standen.
    Lola zog ein lachsfarbenes Glitzertuch aus ihrem Blusenausschnitt, das sie mit leichten, behutsamen Gesten um den Hals der Statue legte. Dann küßte sie das schwarze Antlitz und schlug das Kreuzzeichen. Amadeo hielt den schmalen Blick auf die Holzfigur gerichtet. Seine Züge schimmerten ebenmäßig wie die der Statue und fast ebenso dunkel. Ein paar Atemzüge lang stand er vor ihr, mit erhobenem Kopf, der Göttin ruhig ins Angesicht schauend. Dann lächelte er ihr zu, sein langsames, aufreizendes Lächeln. Er beugte sich vor, drückte den Mund auf die goldenen Lippen und küßte sie, wie er auch die meinen küßte. Und auch Manuel und ich legten hintereinander unsere Wangen an das lebendige, nach Weihrauch duftende Holz, berührten diese Lippen, die, ihr Geheimnis bewahrend, es um so deutlicher verkündeten.
    Hinter uns drängte ein dichtes Knäuel von Pilgern zum Altar. Dutzende von Männern und Frauen streckten gleichzeitig die Arme aus, um die

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