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Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Ich wußte schon damals, es würde nie zu Ende gehen, du würdest immer wieder tun, was ich von dir verlangte.
    Und siehst du, Amadeo, auch später – nach dieser Sache – blieb dein Bild im Zentrum unseres Begehrens, wie ein Fieberpochen in unserem Hirn, ein erleuchtetes Farbmuster an einer dunklen Wand. Du hast unserer Liebe eine andere Dimension verliehen; sie machte dich zu einem Zucken von Nerven, zu einem Brand in unseren Lenden. Manuel sagte leise: Komm! Ich legte mich auf ihn, wir vertauschten die Rollen, beschworen neuschöpfend dein Bild herauf, eine schmerzhaft-vertraute Sehnsucht, ein Name hinter den gestammelten Worten unseres Mundes. Von fern herangeweht, entführte es uns in noch größere Weiten. Jede Bewegung brachte das verwunschene Zimmer zurück, das Gold im Sonnenschein, die heißen, zerwühlten Laken, blutbefleckt. Er zögerte sein Kommen bis ganz zuletzt hinaus, und dann zog er mich auf sich. Sein Fleisch, hart und fest in meinem Fleisch, hob und senkte sich, rückwärts oder vorwärts und manchmal so tief, daß ich schrie. Die Sehnsucht war unvermeidlich und klarer als jedes Wort; wir bewegten uns stöhnend und völlig im Einklang, den Rhythmus unserer Hüften verstärkt durch den Gedanken an dich.
    Am nächsten Morgen also fuhren wir in Aurelios Landrover nach Zafferana Etnea, wo die Erde seit Monaten bebte. Die dunklen Regenwolken waren weggeweht, die Sonne brannte. Die trockene sizilianische Erde hatte den Regen gierig aufgesaugt; auf den oberen Hängen des Ätnas lag Schnee. Die Heftigkeit des Klimawechsels verursachte mir einen vagen Brechreiz. Mir war heiß, meine Stirn war schweißverklebt. Zum Glück fuhr Aurelio besonnen, aber die Autobahn war voller Schlaglöcher, so daß wir ständig mit dem Kopf ans Wagendach stießen. Den Beifahrersitz hatte Luciana, seine Assistentin, bekommen.
    Manuel, Alain und ich saßen ziemlich eingepfercht zwischen der ganzen Ausrüstung auf dem Hintersitz. Obstgärten, Nußplantagen und Zitronenhaine durchzogen die Landschaft. An den kahlen Bäumen hing vergilbtes Laub. Nach einer halben Stunde verließen wir die Autobahn. Die Straße, ständig steigend, wand sich in langen Schleifen und scharfen Kurven die Bergflanke entlang. Wir kamen durch einige Dörfer, in winterliches Schweigen gehüllt: trübselige Häuser mit zerbrochenen Ziegeln, düstere Cafes, Maultiere neben Motorrollern. Die engen Gassen waren fast nur von alten Männern und Halbwüchsigen bevölkert, die träge an den schmutzigen Wänden lehnten. Arbeitslose – wie uns Luciana erklärte.
    »Viele werden Scippi – Diebe,und wenn wir Sizilianer etwas sein wollen, dann werden wir die besten von allen. Touristen zu bestehlen ist ein beliebter Sport. Diebe und Polizei sind der Meinung, Touristen seien sowieso reich und schlossen Versicherungen ab. Also, warum sich nicht bedienen?«
    Luciana hatte blondgefärbtes Haar, das am Scheitel dunkel wurde, und die breiten Hüften der Südländerinnen. Ihre Art, Augen und Hände zu bewegen, war lebhaft und ausdrucksvoll. Sie rauchte ständig und hatte Sinn für Humor.
    »Sehen Sie, in diesen Dörfern gibt es keine Zukunft. Die Jugend gibt sich in Gottes Hände oder in die Hände der Mafia.
    Und wählen sie das Exil, singen sie ›Santa Lucia‹ und weinen vor Heimweh.«
    Luciana glaubte, daß Manuel und ich verheiratet waren. Sie selbst wollte ledig bleiben.
    »Sizilianische Männer taugen nicht viel. Sie spielen Karten und gehen ins Bordell, während wir Frauen Tomatensauce einkochen.« Aurelio lachte zu dieser Bemerkung. Zwischen ihm und Luciana bestand ein intensives Einvernehmen; mir fiel es an jedem Wort auf, das sie tauschten. Ich nahm an, daß sie ein Verhältnis hatten, obwohl Aurelio einen Ehering trug. Seine Frau erwähnte er niemals, mit keinem Wort.
    Die Straße kroch weiter den Berg hinauf. Abwechselnd fuhren wir durch sengende Gluthitze und eisige Schattenschauer. Der Gedanke, daß dieser Berg von Feuerschloten durchzogen war, schien fast unglaublich.
    Verfallene Türme, aus der Zeit der Normannen, krallten sich am kahlen Gestein fest. Manche zeigten noch Reste von Pechnasen und Zinnen.
    »Die Ruinen sind fast tausend Jahre alt«, erklärte ich Manuel. »Die Araber hatten Sizilien erobert und wurden von den Normannen zurückgeschlagen. Die Burgen dienten dazu, das Meer zu überwachen.«
    Auf der Straße hatte man Schranken aufgestellt; wir mußten ein paar Mal halten und sie auf die Seite stoßen. Ansonsten war das Sperrgebiet unbewacht.

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