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Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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ist verkrampft; ich trinke nur etwas Tee. Meine Gedanken sind anderswo. Die Nacht bricht herein: Es ist dunkel im Zimmer, aber ich mache kein Licht. Der Mond steht am Himmel, eine scharfe, glitzernde Sichel. Ich sitze auf dem Bettrand, nehme meine wippenden Bewegungen wieder auf. Neun Uhr: Im Zirkus beginnt die letzte Abendvorstellung. Der Clown bläst die Trompete.
    Die Kapelle spielt »Dans les plaines du Far West«, eine altmodische Schnulze von Yves Montand. Und zu dieser Musik, so absurd, so unpassend, daß man nur darüber lachen kann, stürmst du auf einem Schecken in die Manege. Du spielst den Indianerhäuptling, mit entblößtem Oberkörper, das Gesicht gelb und knallrot bemalt. Du trägst schwarze Beinkleider mit langen Fransen, das glatte schwarze Haar wippt auf und ab im Rhythmus deines Pferdes. Du lenkst es nur mit den Schenkeln; in den Händen trägst du zwei Fackeln. Du wirfst sie in die Luft, fängst sie wieder auf, läßt sie vor deinem Gesicht hin- und hergleiten. Du jagst deinen Schecken in gestrecktem Galopp, bringst jede Fackel ganz nahe an deine Lippen, bläst eine Feuergarbe in die Luft. Das Publikum schreit auf, überrascht und begeistert, trampelt und klatscht Applaus. Du hast mir den Trick erklärt; ich habe gelacht, weil er so lächerlich einfach ist, nicht im geringsten gefährlich. Jetzt jonglierst du mit den Fackeln, das Licht kommt wie Wellen, taucht deine Gestalt in Gold. Durch den Vorhang aus Feuer scheint dein Gesicht aus rotem Metall, wie von innen erleuchtet. So sah ich dich zum erstenmal. Wie schön du bist! Ich werde dich immer lieben.
    Die Kirchenuhr schlägt zehn. In der Dunkelheit sitze ich unbeweglich, starre in das helle Rechteck des Fensters. Ich sehe den Himmel, saphirblau, mit einigen blassen Sternen. Die Mondsichel wirft eine schimmernde Bahn auf das Parkett. Nicht nur mein Bauch, mein ganzer Körper schmerzt. Nie spürte ich, so wie jetzt, wie grausam die Einsamkeit würgt.
    Ein Geräusch. Mademoiselle Liard schließt die Tür auf.
    »Noch nicht im Bett?«
    Ich sage, daß ich noch einmal auf die Toilette muß. Sie geht mit mir, bringt mich wieder zurück. Kalt wünscht sie mir gute Nacht, schlägt die Tür zu, sperrt mich ein. Sie braucht mich nicht mit so viel Abneigung zu behandeln, ich weiß doch genau, daß der Fehler bei mir liegt. Ahnt sie vielleicht, was ich erlebe, und belastet mich mit ihrer Eifersucht? Sie weiß nicht, was ich weiß, daß die Welt nicht so ist, wie sie dem äußeren Auge erscheint, sondern ein Raum, in dem alles möglich wird, wenn man es nur fest genug will.
    Ich streife meine Schuhe von den Füßen und lege mich auf das Bett.
    Steif und starr liege ich da, spreche mit Nonna und erzähle ihr alles.
    »Nonna, ich bin so traurig!«
    »Lo so bene, Piccina«, sagt Nonna. »Das weiß ich doch…«
    »Nonna, ich hasse Mademoiselle Liard. Ich hasse diese Schule!
    Meinetwegen kann sie abbrennen.«
    Ich sage das nicht ohne Grund. In meinen Worten liegt eine ganz bestimmte Absicht; Nonna versteht sie sehr gut.
    »Verliere jetzt bloß nicht den Kopf. Sei vernünftig! Du willst ihn doch wiedersehen?«
    Vernünftig sein? Ich weiß nicht, ob ich das kann. Zorn und Verzweiflung sammeln sich an, ballen sich zu einem riesenhaften Schmerz zusammen. Er überfällt mich „mit ungeheurer Heftigkeit.
    Wir wollten uns heute abend treffen. In dieser Stadt, in irgendeinem Zimmer, das ich nie betreten werde, liegt unter weißen Laken das Gespenst unserer Liebe. Ach, wie unglücklich ich doch bin!
    Ich muß geschlafen haben. Ich schrecke hoch. Nachtlicht strömt durch das Fenster. Wieder schlägt vom Kirchturm die Uhr. Es dauert sehr lange, bis sie endlich schweigt; jeder Ton hallt in mir wie ein dumpfer, brummender Kolbenschlag. Zehn…elf… zwölf. Mitternacht! Du stehst im Schatten, auf der anderen Straßenseite, den Blick auf die Mauer gerichtet.
    Du wartest auf mich. Ich setze mich auf. Ich schwenke herum, stelle meine bloßen Füße auf den blankpolierten, braunen Holzboden. Mit ruhigen Gesten öffne ich meine Schultasche, taste nach der Steichholzschachtel.
    Nun sitze ich wieder auf der Bettkante, brenne ein Streichholz an, halte es im Kelch meiner Hand. Das winzige Feuer glüht vor meinen Augen, das Zimmer scheint plötzlich sehr dunkel. Ich konzentriere mich auf die Flamme. Das Feuer wächst, dehnt sich aus; ein warmer Hauch weht mich an. Ich halte die Hand etwas weg, die Flamme strömt zu mir hin, wie von meinem Atem angezogen, bis sie mit dem üblichen

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