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Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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strömen, sein Atem ging rauh und mühsam.
    Unsere Körper lagen da, naßgeschwitzt und reglos, im Schweigen ihrer eigenen Ermattung. Ich sah Amadeos Augen, unter dem dunklen Gewölbe des Knochenbogens, die gerade Linie seiner Nase, die weißen Zähne in den leicht geöffneten Lippen. Das Feuer in mir war nicht erloschen, nur eingedämmert.
    Der Morgen kam, er war nicht aufzuhalten. Draußen wieherte ein Pferd; vor dem Wohnwagen stapfte ein Mann vorbei und hustete. Topsy erwachte in ihrem Korb, wir hörten ihr leises Piepsen und Kratzen. Tastend suchte ich Amadeos Hand, drückte sie. Meine wunden Lippen formten langsam jedes Wort.
    »Und was, wenn ich einen anderen liebte? Würdest du es ertragen?«
    Er starrte mit glasigen Augen zur Decke empor. Seine Stimme klang müde, beinahe alt.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Ich möchte es wissen. Ich muß es wissen.«
    »Vielleicht müßte ich sterben.«
    Halb vergessene Erinnerungen wanderten durch mein Gedächtnis.
    »Du mußt nicht glauben, daß ich dich für verrückt halte.«
    Er richtete sich halb auf, lachte heiser und stoßweise.
    »Herzblume, ich war nie weit davon entfernt. Himmel und Hölle kann man sich selbst erschaffen.«
    »Du hast einen Zirkus erschaffen, das ist mir lieber.«
    »Das kommt aufs gleiche heraus. Zwischen dem Kreis der Manege und dem Kreis dieser Erde sehe ich heute keinen Unterschied mehr, nicht den geringsten. Ich fliehe aus der Dunkelheit der menschlichen Existenz, irgendwohin, wo Licht ist. Ich bin ein Reiter ohne Wiederkehr, ein Mann ohne Schatten. Ein Phantom.«
    Mein Herz wurde schwer. Ich umfaßte ihn mit beiden Armen.
    »Ach, Amadeo, was habe ich dir angetan?«
    »Du hast mir ein wundervolles Geschenk gemacht. Damals als du mir deinen Körper anvertrautest. Weißt du noch? DU hast ihn selbst geöffnet.
    Für mich.«
    »Mit deiner Hand.«
    »Du hast sie geführt, Herzblume, und mich zu deinem Gefangenen gemacht. Ich wollte in dir unterschlüpfen, wie ein Fötus. Sich in eine Frau zu verbergen, in ihr zu schlafen, das wollen alle Männer, auch wenn sie es nicht zugeben. Alle sehnen sich nach dem Mutterleib. Ich sage diese Dinge, wie sie sind. Und ich sage dir auch, daß der Gedanke, du könntest einen anderen mehr begehren als mich, mir den Schlaf raubt.«
    »Nimm Schlaftabletten, verdammt! Und denke nicht mehr daran.«
    »Ich rechne mit allen Möglichkeiten. Aber das ist meine Sache. Du hast schon recht, Herzblume, ich lebe nur in deinem Körper, und alles andere ist ein Traum. Nicht mit dir und nicht ohne dich. So wird es immer sein. Der Mann, den du lieben könntest, müßte das verstehen…«
    »Und wenn nicht, Amadeo?«
    »Dann würde ich ihm das Herz aus dem Leib reißen!«
    Draußen schimmerte der Himmel. Der Tag war da; der Tag, der erduldet werden mußte, unausweichlich. Geräusche wurden laut: das Surren des Generators, das Klappern und Scharren von Pferdehufen, das Anspringen eines Motors, das Weinen eines Babys – die Geräusche eines Zirkusplatzes in der Morgenfrühe.
    Amadeo setzte sich hoch. Er streckte die Hand aus, ließ sie über meine nackte Brust gleiten, und sofort wurden die Spitzen hart. Er sah es, mit Qual in den Augen.
    »Herzblume, laß uns vernünftig sein. In ein paar Minuten werden die Leute hier ein- und ausgehen.«
    Ich zog die Beine aus dem Schlafsack, ergriff stumm seine Hand. Wir standen beide auf.
    »Nimmst du eine Dusche? Dann mache ich den Boiler an.«
    Ich wollte mich nicht waschen, ich wollte seinen Geruch mitnehmen.
    Ich schüttelte stumm den Kopf.
    »Ich auch nicht«, sagte er dumpf.
    Wir suchten unsere Kleider zusammen, zogen uns an, schnell und wortlos. Amadeo steckte die Gasflamme an, setzte den Kessel für Kaffeewasser auf. Als er den Kaffee eingoß, klopfte es an die Tür; es war einer der mongolischen Akrobaten, im zerschlissenen Trainingsanzug und schmutzigen Turnschuhen. Er berichtete sorgenvoll, daß sein Pferd sich verletzt hatte. Am vergangenen Abend war das Tier auf irgendeinen spitzen Gegenstand getreten. Eine Glasscherbe, meinte der Mann, im holprigen Französisch. Die Wunde habe sich infiziert.
    »Gut, ich komme«, sagte Amadeo.
    Ich trat zu ihm, reichte ihm die Tasse. Er stand vor mir, in seinen engen Jeans mit der breiten Gürtelschnalle, trank den heißen Kaffee, ohne Zucker und ohne Milch, wobei er mir in die Augen sah. Sein braunes Gesicht war fahl, die unrasierten Wangen wirkten seltsam eingefallen. Dann zog er seine Lederjacke an, schlüpfte in Gummistiefel. Ein letztes Mal zog

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