Feuergipfel
Sumpf.
Als Hunter über seine Schulter zurückblickte, ergriff Elyssa gerade die Zügel ihres Pferdes mit Fingern, die sichtlich fahrig waren. Alles in Hunter drängte danach, sie in seine Arme zu nehmen und zu halten, einfach zu halten, um sich zu versichern, daß sie noch am Leben war.
Aber er hatte die Beschämung und den Trotz in Elyssas meergrünen Augen gesehen. Und er wußte, daß sie sich wie eine zornige Wildkatze auf ihn stürzen würde, wenn er versuchte, sie mehr zu berühren als nötig.
Tja, Soldat, jetzt hast du endlich bekommen, was du wolltest, sagte er sich bitter. Sie sieht dich nicht mehr mit Bewunderung und Verlangen in den Augen an. Und todsicher spinnt sie keine Träume mehr um Hunter Maxwell.
Das hast du doch angestrebt, nicht?
Oder?
Die Frage kreiste unaufhörlich durch Hunters Kopf, während sie zur Ranch zurückritten.
Es ist besser so, sagte er sich immer wieder. Wir passen einfach nicht zusammen. Sie ist zu jung.
Das Bild von Elyssa, wie sie in halsbrecherischem Tempo auf die Culpeppers zugaloppiert war, um die Indianerin und ihr Baby zu retten, stieg vor Hunters geistigem Auge auf und erinnerte ihn daran, daß Alter nur sehr wenig mit Tapferkeit zu tun hatte. Während des Krieges hatte er gesehen, wie halbwüchsige Jungen Dinge taten, die kampferprobte Soldaten schaudernd hätten zurückschrecken lassen.
Was für eine Tragik, daß Belinda so feige war, wie Frechdachs mutig ist, dachte Hunter voller Qual. Wenn Belinda mutiger gewesen wäre, wer weiß, vielleicht wären dann Ted und Klein Em heute noch am Leben.
Der Gedanke glich einem Messer, das sich in Hunters Seele drehte. Trotzdem, tapfer oder nicht, Frechdachs ist einfach noch zu jung, um zu wissen, was sie will. Wenn erst einmal Kinder kämen, wäre sie wahrscheinlich wie Belinda, immer voller Hunger nach dem flatterhaften Leben, das sie auf geben mußte.
Es ist besser so, wie es jetzt ist.
Geht auch!
Ein Zurück gibt es nicht.
Dennoch nagte der Schmerz, den er Elyssa zugefügt hatte, so gnadenlos an seiner Seele wie sein Verlangen nach ihr. Die Schockwellen jener einen, bestürzenden Wahrheit erschütterten ihn nach wie vor.
Elyssa war ein unberührtes Mädchen gewesen, als sie in sein Bett gekommen war.
Und sie hatte es als eine verletzte, gedemütigte Frau wieder verlassen.
20
Mit finsterer Miene stand Hunter in der Tür zur Küche und schaute zu, während Elyssa sich um die Indianerin und ihr Baby kümmerte. Selbst jetzt noch, drei Tage nach dem Gefecht mit den Culpeppers, überlief Hunter jedesmal ein eiskalter Schauder, wenn er daran zurückdachte, wie knapp Elyssa dem Tod entronnen war.
Jedesmal wenn er die Augen schloß, durchfuhr ihn noch einmal der grauenhafte Moment der Erkenntnis, daß er zu spät kommen würde, um Elyssa vor den mörderischen Culpeppers zu retten.
Und Case hatte auch nicht herausgefunden, wer der geheimnisvolle Unbekannte war, der schließlich das Blatt wendete.
»So ist es richtig«, ermunterte Elyssa das Mädchen. »Das Sodawasser wird seinen Ausschlag lindern.«
Das Mädchen schenkte ihr ein schüchternes Lächeln und fuhr dann fort, ihr Baby in dem flachen Becken zu waschen.
Penny beugte sich über das winzige Menschlein und gab gurrende Laute von sich. Das Kind öffnete seine glänzenden schwarzen Augen weit.
»Was meinst du, wie alt der Kleine ist?« fragte Penny Elyssa.
»Knapp zwei Wochen«, erwiderte Hunter von der Tür her.
Elyssa zuckte erschrocken zusammen. Sie hatte gar nicht bemerkt, daß Hunter in die Küche gekommen war.
In letzter Zeit kam sie sich regelrecht verfolgt vor. Jedesmal, wenn sie sich umdrehte, stand Hunter irgendwo hinter ihr und starrte sie aus brennenden grauen Augen an.
»Was ist mit ihrer Familie?« wollte Penny wissen.
»Ute-Indianer, wie Frechdachs schon vermutete, stimmt’s, Frechdachs?«
Der Ton seiner Stimme verriet Elyssa, daß er ganz bewußt ihren Spitznamen gebrauchte, um sie in Rage zu bringen.
Je mehr sie ihm aus dem Weg ging, desto mehr versuchte er, sie durch Seitenhiebe und anzügliche Bemerkungen zu provozieren.
»Richtig«, erwiderte sie gepreßt.
Sie schüttelte eine frische Windel mit einer solchen Vehemenz aus, daß das Tuch ein knallendes Geräusch erzeugte. In Gegenwart anderer konnte sie Hunter nicht so ignorieren, wie sie es gern wollte. Er nutzte dies aus und zwang sie, mit ihm zu sprechen, auch wenn sie sich eindeutig lieber taub gestellt hätte.
»Frechdachs glaubt, daß das Mädchen mit einem Häuptling
Weitere Kostenlose Bücher