Feuergipfel
versuchte zu sprechen, schluckte hart und setzte zu einem neuen Versuch an.
»In Ordnung«, sagte sie. »Ich zahle Ihnen drei Dollar pro Tag und fünfzig Cent für jeden Mustang, den sie bei der Armee abliefern. Sind Sie damit einverstanden?«
Hunter nickte knapp.
Elyssa stieß den Atem in einem lautlosen Seufzer aus.
»Wir werden über die Ranch reiten und das Vieh zählen, sobald ich ein Lunchpaket für uns zurechtgemacht habe«, erklärte sie.
»Nein.«
»Na schön, dann packe ich nur für mich Proviant ein.«
»Nicht nötig«, erwiderte er. »Sie werden nirgendwohin mitreiten.«
»Apropos beleidigt sein ...« Elyssa zuckte die Achseln. »In Ordnung. Ich nehme mir die nördliche Hälfte vor.«
»Sie werden keineswegs losziehen. Basta. Es ist zu gefährlich.«
Einen langen Moment herrschte nur Schweigen, während Elyssa ihn aus geduldigen Augen anblickte.
»Hölle und Pest«, knurrte Hunter. »Sobald ich Ihnen den Rücken gekehrt habe, werden Sie sich davonmachen, stimmt’s?«
»Natürlich.«
»Nur um zu beweisen, daß ich Sie nicht daran hindern kann«, sagte er voller Verachtung.
»Nein, Hunter. Um Rinder zu zählen. Meine Rinder.«
Er grunzte etwas Unverständliches vor sich hin.
»Wenn Sie so besorgt um Pennys Zukunft sind«, fuhr Elyssa zuckersüß fort, »dann wäre es doch klug von Ihnen, mich auf meinem Austritt zu begleiten, damit mir nichts passiert. Meinen Sie nicht auch?«
Hunter betrachtete Elyssas Lächeln - zwei Reihen weißer, ebenmäßiger Zähne und nicht eine Spur von Wärme - und wußte, daß er diese Runde verloren hatte.
»Wenn Leopard keinen Sattel und kein Zaumzeug dulden will«, sagte Hunter, während er sich umdrehte, »dann reiten Sie irgendein anderes Pferd.«
Er verschwand im Stall, bevor Elyssa begriff, daß sie gewonnen hatte. Sie war immer noch dabei, ihren Sieg auszukosten, als die Hunde plötzlich zu bellen begannen.
Ein Culpepper auf einem riesigen rotbraunen Maultier galoppierte auf die Ranch zu, als gehörte sie ihm.
6
Elyssas erster Gedanke war, daß ihre Schrotflinte im Haus lag statt in ihren Händen.
Aber ich hätte ja auch nie damit gerechnet, daß ein Culpepper bei hellichtem Tag hierauf der Ranch aufkreuzen würde, so dreist wie eine Katze zur Melkzeit.
Hastig blickte Elyssa sich um. Von ihren Leuten war weit und breit nichts zu sehen.
Falls Hunter erkannt hatte, daß Gefahr im Verzug war, so machte er jedenfalls keinerlei Aufhebens davon. Die Tür, die von Leopards Sattelplatz zu seiner Box im Stall führte, stand offen, doch Hunter ließ sich nirgends blicken.
Plötzlich merkte Elyssa, daß sie im hellen Tageslicht mit fast bis zur Taille hochgerutschten Röcken dasaß. Sie glitt in einem Wirbel von smaragdgrüner und scharlachroter Seide vom Rücken des Hengstes.
Als ihre Füße den Boden berührten, gaben ihre Knie unter ihr nach, und sie mußte sich haltsuchend an Leopards Hals festhalten. Erst in dem Moment wurde ihr bewußt, wie groß ihre Angst war.
Das Aufblitzen von Farbe im Sonnenlicht, als Elyssa hastig absaß, erregte die Aufmerksamkeit des Culpeppers. Er trieb das Maultier am Küchengarten vorbei, ignorierte das Ranchhaus und strebte geradewegs auf den Stall zu. Das Maultier bewegte sich in einer merkwürdig gleitenden Gangart über den staubigen, mit Hufabdrücken übersäten Boden, die schnell und angenehm für den Reiter war.
Wenige Augenblicke später tauchten drei Kumpane hinter dem Maultier auf. Sie schwärmten leicht nach rechts und links aus, wobei jeder einen anderen Teil der Ranch im Auge behielt. Das Äußere und das Benehmen der Männer ließ darauf schließen, daß sie ehemalige Soldaten waren.
Entlassene Soldaten der Südstaatenarmee, die plündernd und mordend durch die Gegend ziehen, schoß es Elyssa durch den Kopf.
Nackte Furcht kroch über ihre Haut und hinterließ eine eiskalte, prickelnde Spur, die selbst die heiße Sonne nicht vertreiben konnte.
Sicher sind die Culpeppers doch nicht so unverfroren, daß sie am hellichten Tag angreifen, ganz gleich, wie schlecht der Armeehauptmann im Moment auf die Ladder S zu sprechen ist.
Das Gebell der Hunde schwoll zu hysterischem, ohrenbetäubendem Heulen an.
Die Verlockung, in den Stall zu fliehen, war groß, aber Elyssa weigerte sich, ihr nachzugeben. Sie hatte den Verdacht, daß die Banditen ähnlich wie ihre englischen Vettern und Cousinen und andere Raubtiere waren - eine Zurschaustellung von Schwäche würde sie nur noch mehr ermutigen.
Außerdem zitterten
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