Feuergipfel
nicht seine eigene.
Ein extravagantes Schießeisen für ein extravagantes kleines Luder, dachte er erbost. Seide und Feuer und die Art von Körper, die einen Mann bis in seine Träume verfolgt.
Verflucht!
»Bleiben Sie hinter mir«, ordnete er nun an. »Sechsschüssige Revolver sind eine riskante Sache, besonders wenn ein Mann in Eile ist.«
Ohne Elyssa eines weiteren Blickes zu würdigen, marschierte Hunter zu der Pyramidenpappel, wo sich die Reiter versammelt hatten. Elyssa mußte ihre Röcke raffen und förmlich rennen, um mit ihm Schritt zu halten.
»In Ordnung, Morgan«, sagte Hunter. »Dann wollen wir doch mal sehen, ob dein Arkansas-Zahnstocher immer noch scharf ist.«
Lächelnd zog Morgan ein Messer aus der Lederscheide an seinem Sattel, dessen Klinge so lang wie sein Unterarm war. Mit schnellen, geschickten Bewegungen ritzte er das Ladder-S-Brandzeichen in die Rinde der Pappel.
»Geht ungefähr vierzig Schritte zurück!« Hunter hob seine Rechte. »Wenn ich das Kommando gebe, zieht eure Waffen und feuert.«
Die Männer trieben ihre Pferde zurück, verteilten sich etwas und warteten angespannt. Morgan lief aus der Schußlinie und stellte sich neben Elyssa. Er zog seinen Hut in einer schweigenden Begrüßung, doch wandte dabei keine Sekunde den Blick von den Reitern.
»Feuer!« befahl Hunter.
Schüsse zerrissen die Stille. Die Fläche zwischen den beiden S-förmigen Schleifen des Ladder-S-Brandzeichens explodierte zu fliegenden Borkenfetzen. Nicht wenige Kugeln blieben jedoch auch außerhalb des Brandzeichens in dem Stamm stecken.
»Feuer einstellen!« rief Hunter.
Die Männer schoben ihre Waffen in die Schulterholster zurück und drehten sich zu Hunter um. Er winkte Morgan zu. »Auf die Flasche. Jetzt!« erhob der seine Stimme.
Einer der Reiter hatte bereits seine Waffe gezogen und zwei Schüsse abgegeben, bevor die anderen reagierten und zu schie-ßen begannen. Der schnellste Revolverschütze war derselbe Mann, der mit einem Gewehr den Flaschenhals zerschossen hatte.
»Wie ist dein Name?« erkundigte sich Hunter.
»Fox.«
»Nun, Fox, du bist ja wohl ein Teufel, wenn’s um Flaschen geht.«
Der Angesprochene grinste.
Hunter erwiderte das Grinsen flüchtig.
»Geht klar, Fox«, sagte er. »Ihr zwei gehört nun ebenfalls zu uns.«
Hunter nickte den beiden Reitern zu, die fast so schnell wie Fox mit ihren Revolvern in Aktion getreten waren.
»Und was ist mit dem Rest von uns?« wollte der Junge wissen.
Im Sprechen drückte er seinem Pferd die Schenkel in die Seiten und lenkte es auf Hunter zu, bis es fast auf dessen Füßen stand.
»Jesus, steh mir bei«, murmelte Morgan. »Der Junge muß einen randvollen Teller Dämlichkeit zum Frühstück verspeist haben.«
Elyssa warf Morgan, der langsam den Kopf schüttelte, einen verdutzten Blick zu. Sie setzte gerade an zu fragen, was er meinte, aber Morgan fuhr bereits fort zu sprechen.
»Wie heißt du, Kumpel?« fragte er den Jungen.
»Sonny.«
»Tja, Sonny, du kaufst die Katze im Sack.«
Der Junge starrte Morgan finster an. »Was soll das heißen?«
Morgan schüttelte nur schweigend den Kopf.
»Ich nehme die Schrotflinte, Herr Oberst«, sagte er dann. »Wär’ verdammt schade, wenn so ein schönes Stück schmutzig würde.«
Ohne seinen Blick von dem Jungen abzuwenden, reichte Hunter Morgan die Flinte.
Wäre nicht die abgrundtiefe Mattigkeit in den Augen des Jungen gewesen, hätte Hunter ihn kurzerhand weggeschickt. Aber Hunter hatte zu viele wie Sonny während des Krieges gesehen,
anständige Jungen, mit denen das Leben zu hart umgesprungen war.
Einige zerbrachen wie Glas. Andere wehrten sich erbittert gegen die Härten des Schicksals, bis vor lauter Erschöpfung nur noch Gleichgültigkeit übrigblieb. Dadurch fanden sie entweder Erleichterung, oder sie gingen zugrunde.
»Du bist nicht gut genug mit einem Revolver, um Kampflohn verlangen zu können«, sagte Hunter ruhig zu Sonny »Aber wir brauchen noch Rancharbeiter. Wenn du einen Job willst, kannst du ihn gerne haben.«
»Kein Liebhaber irgendeiner dahergelaufenen Schlampe im Seidenfummel wird mich herumkommandieren!« fauchte Sonny und griff nach seinem Schießeisen.
Hunter bewegte sich so schnell, daß seine Hände nur noch verschwommen zu erkennen waren. Bevor der Junge wußte, wie ihm geschah, lag er mit dem Gesicht nach unten im Staub und rang keuchend nach dem Atem, den ihm Hunters Fäuste aus den Lungen gepreßt hatten.
Morgan stieß einen zischenden Seufzer der
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