Feuergipfel
alten Mannes erstreckten sich nicht auf die Herstel-lung von genießbarem Brot. Dieser Job blieb Penny und Elyssa überlassen.
Da Penny noch immer unter den Nachwirkungen ihrer hartnäckigen Sommergrippe litt, hatte Elyssa die Arbeit des Mischens und Knetens der endlosen Brotlaibe übernommen. Sie hatte auch begonnen, die gesamte Wäsche zu waschen und sich der Hausarbeit zu widmen; aber Penny erhob Einspruch mit der Begründung, zu irgend etwas müsse sie ja auch nütze sein.
»Wie fühlst du dich heute abend?« fragte Elyssa Penny, als sie mit dem Aufräumen der Küche fertig waren.
»Schon besser, danke. Dieses Kräutertonikum, das du für mich zubereitet hast, scheint ein bißchen geholfen zu haben.«
»Du hättest deine Grimasse sehen sollen, als du es schlucken mußtest«, scherzte Elyssa.
Penny lächelte trotz der Übelkeit, die sie mehrere Wochen lang geplagt hatte. Sie strich den verwaschenen Kattunstoff ihres Kleides glatt und blickte auf ihre abgenutzten, zerschrammten Stiefel.
»Das Tonikum hat wie schwarze Stiefelwichse geschmeckt«, bekannte sie.
»Tatsächlich? Wann hast du denn an Hunters Fußbekleidung geleckt?«
Penny kicherte und schüttelte den Kopf.
»Also ehrlich, Frechdachs, man sollte dir wirklich den Mund stopfen.«
»Wenn Cousine Ah Spaß daran gehabt hätte, anderen das Maul zu stopfen«, sagte Elyssa gedehnt, während sie den langsamen Rhythmus von Morgans Sprechweise nachahmte, »dann hätten mich meine edlen Verwandten so gründlich fertiggemacht, daß ich kein Wort mehr hätte äußern können.«
»Nimm dich in acht, sonst wird Hunter das übernehmen«, sagte Penny geistesabwesend.
Elyssa warf ihrer Gefährtin einen schnellen Blick zu, aber Penny bemerkte es nicht. Die Linien der Anspannung um ihren Mund und ihre Augen wurden mit jedem Tag ausgeprägter.
Das Warten auf den Tag, an dem man durch Bankrott oder Banditen aus seinem Heim vertrieben wurde, konnte schon an der Seele eines Menschen zehren.
»Ach was, Hunde, die bellen, beißen nicht«, erwiderte Elyssa. »Hunter ist längst nicht so schlimm, wie er nach außen hin tut.«
»Laß dich da nur nicht täuschen. Er ist durch und durch aus Granit.«
»Mag sein. Trotzdem lächelt er jetzt häufiger als zu Anfang, als er hierherkam. Ist dir das nicht aufgefallen?«
»Nein.«
»Aber mir«, meinte Elyssa.
Wieder strich Pennys Hand glättend über ihren Rock und die Schürze.
Stirnrunzelnd beobachtete Elyssa, wie Pennys Gesicht erneut den gequälten, kummervollen Ausdruck annahm.
»Es ist nicht der Schüttelfrost, der dich so zermürbt«, sagte Elyssa leise. »Es ist das Warten auf den Tag, an dem uns die Culpeppers überfallen, stimmt’s?«
Ein verneinendes Kopfschütteln war Pennys einzige Antwort.
»Dann muß es Bill sein«, vermutete Elyssa.
Pennys sanfte braune Augen füllten sich mit Tränen.
»Er ist nur ein einziges Mal auf der Ranch gewesen, seit du aus England zurück bist«, beklagte sich Penny. »Nach einem Blick auf dich sah er Gloria in dir und konnte es kaum ertragen, sich zu setzen und länger als zwei Minuten zu bleiben.«
»Daran war nicht meine Mutter in mir schuld«, erwiderte Elyssa trocken. »Er hat rot gesehen vor Wut, weil ich nicht zustimmte, ihm die Ladder S zu verkaufen.«
Penny sagte nichts darauf.
»Ist Bill hier gewesen, als ich draußen auf den Weiden war?« wollte Elyssa wissen.
»Nein.«
»Seltsam.« »Findest du? Was soll er denn hier? Es gibt ja für ihn bei uns nichts zu holen.«
Die Bitterkeit in Pennys Stimme zerrte an Elyssas ohnehin schon stark strapazierten Nerven.
»Bill hatte kein Recht drauf, mir mein Heim abzuschwatzen, nicht einmal er«, äußerte Elyssa fest.
Pennys Antwort bestand abermals aus einem Kopfschütteln. Es war nicht so sehr Widerspruch, sondern eher eine Geste der Hilflosigkeit.
»Bist du sicher, daß Bill nicht hier gewesen ist, während meines Ausritts?« erkundigte sich Elyssa nochmals.
Pennys Hände krampften sich für die Zeitspanne von zwei Atemzügen in den Stoff ihrer Schürze, dann entspannten sie sich wieder.
»Ganz sicher«, erwiderte sie tonlos. »Warum fragst du?«
»Fast jedesmal, wenn ich an Wind Gap vorbeikomme, sehe ich frische Spuren, die zwischen Ladder S und dem Bar-B-Land hin-und herführen.«
»Du täuschst dich.«
Die belegte Stimme und das leichte Zittern von Pennys Händen sagten Elyssa, daß das Thema schmerzlich für die ältere Frau war. Elyssa wollte es eigentlich weiterverfolgen, dann gab sie seufzend auf. Es
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