Feuerherz
anscheinend noch nicht aufgefallen, aber er kannte auch Thomas noch nicht so gut und die Tatsache, dass seine Geschwister weggeschafft wurden, konnte man mit vielen anderen, logischen Gründen erklären. Zum Beispiel mit dem Angriff auf uns am Rhein. Als Ilian jedoch meinen Gesichtsausdruck sah, stutzte er. Ich gab ihm zu verstehen, dass wir später reden würden.
»Wir sollten packen«, schlug Thomas vor. »Am besten wir starten gleich morgen Abend.« Er hatte es eilig. Noch ein Hinweis darauf, dass die ganze Geschichte gar nicht so zufällig war.
»Na dann, Thema erledigt«, meinte mein Vater und sah zu Carmen. »Da haben wir hier bald mehr Ruhe, als uns lieb ist.«
Ich nahm Ilians Hand und zog ihn mit der Ausrede, dass wir packen gingen, aus dem Zimmer.
»Irgendetwas haben die vor«, sagte ich, als wir die Treppe hochgingen. Ilian wartete, bis wir in meinem Zimmer waren.
»Wie meinst du das?«, wollte er wissen.
»Es war Thomas total recht, dass wir wegfahren, und deine Mutter hat zwar zunächst gezögert, sicher weil sie dich gerne persönlich beschützen wollte, aber deine anderen Geschwister werden auch in Sicherheit gebracht.« Ich wusste nicht, ob ich mich verständlich ausgedrückt hatte, da mein Kopf bereits weiterratterte und sich nicht mit dem Wiederholen von bereits Durchdachtem abgeben wollte. Zum Glück war Ilian nicht auf den Kopf gefallen.
»Hm, du hast Recht. Es ist schon irgendwie merkwürdig.«
»Der Orden wird bestimmt angreifen, Ilian. Wir müssen Arva warnen!«
Ilian nickte und griff mit zittrigen Händen nach seinem Handy. Er telefonierte nur kurz mit seiner besten Freundin und sprach die ganze Zeit in der fremden Sprache, doch er wirkte glücklich, als er auflegte.
»Sie und Milda fahren ein paar Tage weg. Sie wird Audrina sagen, dass sie Zeit braucht, um mit Milda Schluss zu machen.«
»Ihr geht also davon aus, dass der Orden Audrina und die anderen töten wird?«, fragte ich und schluckte. »Weil Arva diese Lüge auftischt?«
»Lissy«, lenkte Ilian sanft ein und zog mich in seine Arme. »Ich weiß, dass dir das alles zuwider ist. Aber bitte denk dran, dass dies weder deine, noch meine Schuld ist. Nicht mal dein Bruder kann etwas für die Befehle, die er von ganz oben bekommt. Zumindest wird er nicht dabei sein.«
»Der Orden wird also angreifen?«
»Davon gehe ich aus. Die Brutmutter hat schon viel zu viel Zeit zum Nachdenken bekommen.«
Ich schluckte erneut. »Das gefällt mir nicht.« Ich stieß Ilian von mir weg. »Was ist mit den anderen Kindern in deinem Nest? Werden sie zu Waisen gemacht, nur weil die Brutmutter und ihre Tochter falsche Entscheidungen getroffen haben?«
In Ilians braunen Augen trat einen Moment lang Panik. »Ich glaube nicht, dass Mama das zulassen wird«, sagte er schließlich, schloss einen Moment die Lider und atmete tief durch. »Nein, Mama wird niemals über Leichen gehen wollen.«
»Sie kann auch nichts machen, wenn der Orden das entscheidet!«, erinnerte ich ihn und er begann sich die Haare zu raufen.
»Wir sollten packen«, meinte er plötzlich ganz abwesend. »Ich hole Sachen für Roran.«
***
Neun Stunden später saß ich im Auto mit Thomas, Kassandra und Ilian. Wir fuhren André, der mit Conny, Mischa und Leon im Auto vor uns die Autobahn Richtung Süden entlangdüste, hinterher. Der Kofferraum war gerappelt voll mit unseren Sachen. Gut fünfzig Prozent davon gehörte dem fünften Fahrgast in unserem Auto, Roran. Er lag friedlich schlummernd in seiner Babyschale neben Ilian, der sich heldenhaft auf den mittleren Sitz der Rückbank gequetscht hatte. Thomas und Kassandra waren guter Laune und sangen mit dem Radio mit. Sicherlich freuten sie sich, dass alles vorbei sein würde, wenn wir zurückkamen. Ich, für meinen Teil, wollte schreien. Ganz laut! Um das nicht zu tun, beschäftigte ich mich damit, Conny per Facebook auf den neusten Stand zu bringen. Sie hingegen berichtete mir, wie Mischa und Leon den guten André über Drachen ausfragten. Ilian saß neben mir und hielt sein Tagebuch in der Hand. Er schrieb zwar nicht, schien aber in Gedanken zu sein. Vielleicht überlegte er, was er schreiben sollte? Ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter und genoss den Duft seines Deos. Teufel-Lissy ließ bereits ihre Hand an der Innenseite seines Oberschenkels nach oben wandern. Gott, was alleine der Geruch dieses Kerls mit mir anrichtete.
»Lissy?«, flüsterte er in meine Haare.
»Hmh?«
»Ich würde dich gerne etwas aufmuntern.«
Ich hob
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