Feuerherz
Ilian. »Aber leider kann ich dir das nicht versprechen, Jäger.« Er sah mir tief in die Augen. »Allerdings schwöre ich, dass ihr niemand mehr wehtun wird.«
Thomas sah mit einem wütenden Gesichtsausdruck zwischen mir und Ilian hin und her. Letzterer kam näher und drückte mir einen Kuss auf die Wange.
»Bis Morgen, Geburtstagskind!«
Thomas und ich waren platt. Ilian lächelte triumphierend und verschwand durch die Tür.
»Was war das?«, fragte mein Bruder, doch ich konnte kein Wort sagen, weil in meinem Körper alles freudig kribbelte. »Und was ist in dem Geschenk?«
Ach ja, da war ja was. Ich öffnete vorsichtig die Stelle, an der das Papier mit einem kleinen Klebestreifen geklebt war. Ein Anhänger kam zum Vorschein. Es sah aus wie eine kleine, blaue Phiole, um die sich ein silbriger Drache wand.
»Ach du heilige Kacke«, raunte mein Bruder und betrachtete das Schmuckstück voller Ehrfurcht.
»Was ist es?«
»Lissy, du hast ja keine Ahnung!« Er sah sich um und nahm es mir dann vorsichtig aus den Händen. »Alleine der Anhänger ist ein Vermögen wert, aber für den Inhalt der Phiole könntest du dir ein großes Haus mit Garten, Pool und einer Garage für deine drei Luxusschlitten kaufen und dann würdest du immer noch mehr als genug Geld haben, um von den monatlichen Zinsen zu leben.«
»Häh?«
Er schraubte vorsichtig den Verschluss der Phiole auf. »Blaues Saphirglas, was nach Diamanten das zweithärteste Mineral ist und ein Drache aus Titanium. Man könnte den Anhänger getrost hinwerfen und dem kostbaren Inhalt würde nichts geschehen.«
»Ja, aber was ist denn da drin?« Drogen?
»Gemahlene Drachenknochen.«
»Bääääääääääääh!« Was schenkte mir Ilian denn da für einen makabren Scheiß?!
»Nicht bäääh, Lissy!«, ermahnte mich mein Bruder. »Du weißt ja, dass Drachen schnell heilen. Der Grund dafür liegt in ihrer Knochensubstanz. Eine kleine Prise reicht, um selbst die schlimmsten Knochenbrüche oder Verletzungen zu heilen. Aber selbst bei bakteriellen oder viralen Erkrankungen, ja sogar bei Krebs soll es helfen. Letzteres konnte nie bewiesen werden, da die Drachen selbst keinen Krebs bekommen können. Aber Erkältungen haben sie im Gegensatz zu uns Menschen binnen weniger Stunden überstanden.«
»Hätte es Mama retten können?«, fragte ich.
»Wenn der Orden so etwas Wertvolles dagehabt hätte, hätten sie es ihr zum Test gegeben. Mama war sehr beliebt.« Thomas nahm meinen rechten Zeigefinger und führte ihn an die Öffnung der Phiole. Vorsichtig kippte er mir ein wenig des weißen Pulvers auf die Kuppe. »Schnell, ablutschen!«
Ich tat, was er sagte, und schon wenige Sekunden später spürte ich ein Kribbeln in meinem Gesicht.
»Vielleicht ist morgen schon alles wieder verheilt.« Er verschloss die Phiole und gab sie mir zurück. »Verliere es bloß nie und geh sparsam damit um. Am besten, du versteckst es irgendwo, wo es sicher ist.« Thomas wirkte einen Moment nachdenklich. »Das war ein wahrhaft königliches Geschenk. Du musst ihm viel bedeuten, Lissy.«
Ich zuckte mit den Schultern.
»Das macht mir Sorgen.«
***
»Krass!«, staunte Conny. »Ich meine, es sah ja schon gestern Abend viel besser aus, aber heute – nur noch ein Schatten.«
»Du heilst echt schnell«, stimmte Mischa ihr zu.
»Das ist unmöglich?!« Leon war schon skeptischer. Unser Welpe sah mich mit seinem Ich-werde-mal-Doktor-Blick an.
»Kann ja nicht unmöglich sein, wenn es passiert ist«, tat ich die Sache ab und sah mich auf dem Schulhof um. Ich hatte Spanisch als Erstes und hatte gehofft, Ilian noch vor der Klasse zu erwischen. Anscheinend war ich dafür aber zu spät gewesen. Meine Freunde verabschiedeten sich, um in den Unterricht zu gehen, und auch ich nahm meine Klamotten und ging zu dem kleinen Nebengebäude in der Nähe des Parks. Ein wenig hatte ich ja gehofft, Ilian auf der Mauer anzutreffen, aber der Platz war von anderen Schülern besetzt. Ich blieb stehen und atmete noch einmal tief durch. Meine Gedanken schweiften zur vergangenen Nacht. Es war lange her gewesen, dass ich das letzte Mal wegen etwas geweint hatte. Doch dieses Mal hatten ein paar Tränen ihren Weg nach draußen gefunden. Ich war verzweifelt. Während ich vor ein paar Tagen geglaubt hatte, unsterblich in Ilian verliebt zu sein, dann war das erst der Anfang gewesen. Ich hatte ihn als den stillen, süßen Mitschüler gemocht. Als Facebook Freund war er ein Abenteuer. Doch jetzt … Ilian Balaur, Drache,
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