Feuerherz
Jogginganzugs.
»Alles okay?«, wollte er wissen und Sorge durchzog sein wunderschönes Gesicht. »Haben sie dir etwas getan?«
Ich schüttelte meinen Kopf.
»Sie haben mir gesagt, dass sie dich an mich verfüttern wollten.«
»Nein, sie haben mich nicht bekommen. Die Jäger haben auf mich aufgepasst.«
Ilian schien zu überlegen. »Das ist gut«, sagte er schließlich.
Conny steckte ihren Kopf ins Wohnzimmer. »Arva ist in Sicherheit«, flüsterte sie unnötigerweise, als wäre Ilian ein scheues Tier, welches man mit lauten Geräuschen verschrecken konnte, oder so etwas. Sie zeigte kurz auf ihr Handy und verschwand dann wieder in die Küche.
»Arva?«, wollte Ilian wissen.
»Sie hat die Wache abgelenkt«, erklärte ich und ersparte ihm die volle Wahrheit. Er nickte gedankenverloren. Die Wunden auf seiner Haut waren nur noch eine blasse Ahnung, doch irgendetwas in seinem Gesicht, ja in seiner ganzen Erscheinung wirkte zutiefst geknickt. Als hätte man ihm das Lachen aus der Seele gebrannt und nur eine stumme Imitation davon zurückgelassen. Es zerriss mich innerlich, ihn so zu sehen. Ja, ich würde sogar behaupten, dass es wehtat. Nicht nur in der Seele, sondern sogar physisch. Nino und Pippa stürmten das Zimmer und ihren Bruder. Er konnte gerade noch Roran in meine rettenden Arme schieben. Rabiya folgte ihnen und wirkte geschafft.
»Lasst Ilian noch etwas Luft«, flehte sie vergebens. Pippa hatte Ilian fast im Schwitzkasten, so drückte sie ihn. Dean betrat das Wohnzimmer, gefolgt von meinem Bruder. Na ja, jetzt war die Ruhe wohl komplett vorbei. Wehmütig sah ich zu Ilian. Ich wollte ihn für mich alleine haben. Ganz alleine. Nur fünf Minuten.
»Wir haben Elyra unsere Forderungen bezüglich ihrer Absetzung noch einmal zukommen lassen«, sagte Thomas geschäftig und musterte Ilian einen Moment lang, bevor er sich wieder Rabiya widmete. »Sie sollten sich bereithalten, sich vor dem Nest zu behaupten.«
Ilians Mom nickte und pflückte die Kleinen von Ilian herunter. Ich klammerte mich mit Roran im Arm an ihn, damit ihn mir niemand wegnehmen konnte. Papa und Carmen kamen von der einen Seite und Conny und André von der anderen herein. So, jetzt war es offiziell überfüllt hier.
»Der Grill ist bereit«, sagte Papa.
»Ich kann das alles immer noch nicht so recht glauben«, meinte Conny.
»Ich auch nicht, Conny. Wenn Rabiya sich nicht vor meinen Augen verwandelt hätte – ich hätte es nicht geglaubt«, erklärte mein Vater.
»Das hätte ich auch gerne gesehen«, staunte Conny.
»Ein anderes Mal, ja?«, seufzte Ilians Mutter müde und erschöpft. »Können wir das Fleisch auf den Grill legen, Andreas?«
Papa nickte.
»Ilian ist am Verhungern.«
Damit verschwanden so gut wie alle. Nur Conny blieb stehen.
»Süße, ich gehe dann erst mal nach Hause, bevor meine Familie eine Vermisstenmeldung herausgibt.«
Ich stand auf, gab Ilian den kleinen Roran und umarmte meine beste Freundin. »Danke, dass du heute für mich da warst.«
»Immer, Lissy. Immer«, flüsterte sie mir ins Ohr. Sie sah mich kurz an und zwinkerte. »André ist heiß, oder?«
Ich nickte lächelnd.
***
Es war dunkel und wir saßen alle im Garten. Eine Kerze mit ätherischen Ölen hielt uns die Mücken vom Leib. Die kleinen Balaurs schliefen alle friedlich, was das schweigende Babyphone bewies. Nicht mal Carmens Hündin Prinzessin war zu hören. Nachdem sie von unserem Drachenbesuch nicht ganz so begeistert gewesen war, hatte sie meine Stiefmutter zu einer Freundin gebracht. Ohne sie war es merkwürdig still.
Der Orden hatte es für klug gehalten, dass die Familie Balaur sich, jetzt wo wir dem Nest Ilian wieder abgenommen hatten und wir mit einem Rückschlag rechnen mussten, in Sicherheit brachte und ihr Haus verließ. Rabiya sollte bei uns bleiben, doch die Kleinen wollte sie nicht hergeben. Ilian wollte ebenfalls bei mir und im Schutz des Ordens bleiben. Der andere Teil der Familie, der nicht bei uns nächtigte, war in eine mir unbekannte Notunterkunft gefahren. Ilian und ich saßen etwas abseits auf der Hollywoodschaukel zusammen in eine große Decke gewickelt. Ich hatte meine Beine angezogen, weshalb Ilian uns mit seinen sanft hin und her schwingen ließ.
»Drachen und Jäger an einem Tisch«, murmelte er neben mir und ich folgte seinem Blick zu meinem Bruder und Kassandra, die zusammen mit Dean und seiner Frau ein Bier tranken. Rabiya kniete mit Carmen vor einem von Gartenlampen beleuchteten Beet, wo sie sich wohl über
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