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Feuerkind

Feuerkind

Titel: Feuerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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denken.
    Auf dem Gelände der Firma gab es vier Parkplätze. Rainbirds Privatwagen, ein neuer gelber Cadillac-Diesel, trug einen A— Aufkleber. A war der Parkplatz für die VIPs und lag unter dem weiter nach Süden gelegenen Gebäude. Von dort aus konnte man durch einen unterirdischen Tunnel und ein Fahrstuhlsystem den Computer-Raum, die Räume für Lagebesprechungen, die große Bibliothek, die Räume für Nachrichtenübermittlung und, natürlich, den Besuchertrakt erreichen – eine nichtssagende Bezeichnung für die Labors und die in ihrer Nähe gelegenen Wohnquartiere, in denen man Charlie McGee und ihren Vater festhielt.
    Der B-Parkplatz war für die Leute von der zweiten Ebene; er lag weiter weg. Der C-Parkplatz war den Sekretärinnen, Monteuren, Elektrikern und ähnlichen Leuten vorbehalten; er lag noch weiter entfernt. Der D-Parkplatz schließlich war für die ungelernten Angestellten – die Statisten, wie Rainbird sie nannte. Er lag fast eine halbe Meile von allen Gebäuden entfernt, und auf ihm stand immer eine traurige und bunt gemischte Kollektion von Schrott aus Detroit, die alle Anwärter auf den wöchentlichen Auto-Crash in Jackson Plains waren.
    Die bürokratische Hackordnung, dachte Rainbird, schloß sein Wrack von einem Thunderbird ab und hob den Kopf, um nach den Gewitterwolken zu sehen. Der Sturm braute sich zusammen. Etwa um vier Uhr würde es losgehen, schätzte Rainbird.
    Er machte sich auf den Weg zu der idyllisch in einem kleinen Zuckerkiefernbestand gelegenen Hütte, in der die Eingangskontrolle für die kleinen Angestellten der Klassen V und VI durchgeführt wurde. Seine weiße Kleidung flatterte beim Gehen. Auf einem der etwa ein Dutzend motorgetriebenen Rasenmäher der Abteilung für Grundstückspflege tuckerte ein Gärtner an ihm vorbei. Über dem Sitz war ein grellbuntes Sonnendach angebracht. Der Gärtner nahm von Rainbird keine Notiz; auch das gehörte zur bürokratischen Hackordnung.
    Wenn man der Klasse IV angehörte, wurde jemand, der zur Klasse V zählte, praktisch unsichtbar. Nicht einmal Rainbirds zerstörtes Gesicht erregte viel Aufsehen. Wie jede andere Regierungsbehörde, beschäftigte die Firma genügend Veteranen, um ihr Soll an Patriotismus zu erfüllen und damit gut auszusehen. Max Factor konnte der US-Regierung wenig über gute Kosmetik beibringen. Und es war klar, daß ein Veteran mit irgendeiner sichtbaren Behinderung – einer Armprothese, einem Rollstuhl mit Elektromotor, einem zerhackten Gesicht -drei, die »normal« aussahen, aufwog. Rainbird kannte Leute, deren Verstand während der vietnamesischen Landpartie genausoviel Schaden zugefügt worden war wie seinem Gesicht, Männer, die froh gewesen wären, überhaupt irgendwo einen Job zu finden. Aber sie waren nicht optisch verschandelt. Nicht, daß sie Rainbird leid taten. Er fand die ganze Sache sogar eher komisch.
    Auch von den Leuten, mit denen er jetzt zusammenarbeitete, erkannte ihn keiner als früheren Agenten der Firma; darauf wäre er jede Wette eingegangen. Bis vor siebzehn Wochen war er für sie nur ein Schatten hinter der getönten Windschutzscheibe seines gelben Cadillac gewesen, einfach noch jemand mit einer A-Klassifizierung.
    »Glauben Sie nicht, daß Sie das Ganze ein wenig übertreiben?« hatte Cap gefragt. »Das Mädchen hat weder Verbindung mit den Gärtnern noch mit den Angestellten aus dem Schreibzimmer. Sie sind mit ihr ganz allein auf der Bühne.«
    Rainbird schüttelte den Kopf. »Man braucht nur einen einzigen Fehler zu machen. Es muß nur jemand beiläufig erwähnen, daß der freundliche Wärter mit dem kaputten Gesicht seinen Wagen auf dem Parkplatz der VIPs abstellt und sich im Waschraum für die leitenden Angestellten seine weißen Klamotten anzieht. Ich versuche, ihr Vertrauen zu gewinnen, ein Vertrauen, das sich auf der Tatsache aufbaut, daß wir beide Außenseiter sind – Freaks, wenn Sie so wollen –, die im tiefsten Inneren der amerikanischen Filiale des KGB begraben sind.«
    Das gefiel Cap überhaupt nicht. Er mochte es nicht, wenn jemand über die Methoden der Firma billige Witze riß, besonders in diesem Fall, in dem die Methoden zugegebenermaßen extrem gewesen waren.
    »Auf jeden Fall haben Sie einen höllischen Job«, hatte Cap gesagt.
    Und darauf gab es keine befriedigende Antwort, denn es war gar kein höllischer Job. Während der ganzen Zeit ihres Aufenthalts hatte die Kleine noch nicht einmal ein Streichholz angezündet. Und dasselbe konnte man von ihrem Vater sagen,

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