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Feuerkind

Feuerkind

Titel: Feuerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Andy.
    »In Ordnung«, sagte der Fahrer. »So gehört es sich.«
20
    Hastings Glen war wenig mehr als eine Ausbuchtung an der Straße. Um diese Zeit waren alle Verkehrsampeln der Stadt auf Blinklicht umgeschaltet. Der bärtige Fahrer im Schlapphut nahm die Abfahrt und fuhr durch die schlafende Stadt über Route 40 zum Slumberland-Motel, einem aus dem Holz von Mammutbäumen errichteten Gebäude, hinter dem ein abgeerntetes Kornfeld lag, und an dessen Fassade man auf einem rosaroten Neonschild die verstümmelten Worte lesen konnte: ZIM ER FR I. Charlie schlief inzwischen ganz fest, war nach links gerutscht und lag jetzt mit dem Kopf auf dem jeansumhüllten Schenkel des Fahrers. Andy wollte sie anders hinlegen, aber der Fahrer schüttelte den Kopf.
    »Sie liegt so gut, Mann. Lassen Sie sie schlafen.«
    »Können Sie uns etwas weiter hinten absetzen?« bat Andy. Das Denken fiel ihm immer noch schwer, aber diese Vorsichtsmaßnahme traf er intuitiv.
    »Der Nachtportier soll nicht wissen, daß Sie kein Auto haben?« Der Fahrer lächelte. »Aber klar, Mann. Obwohl es denen hier auch egal wäre, wenn Sie auf einem Einrad hergefahren kommen.« Die Reifen des Wagens wühlten den Kies auf. »Sind Sie sicher, daß Sie keinen Fünfer brauchen?«
    »Ich könnte ihn schon brauchen«, sagte Andy zögernd. »Aber dann schreiben Sie mir doch Ihre Adresse auf. Ich schicke ihn zurück.«
    Wieder erschien ein Grinsen im Gesicht des Fahrers. »Meine Adresse lautet ›unterwegs‹, sagte er und zog die Brieftasche. »Vielleicht sehen Sie mein freundlich lächelndes Gesicht irgendwann mal wieder. Wer weiß. Nehmen Sie schon, Mann.« Er gab Andy die Fünfdollarnote, und plötzlich weinte Andy – nicht sehr, aber er weinte.
    »Nicht doch, Mann«, sagte der Fahrer freundlich. Er strich
    Andy über den Kopf. »Das Leben ist kurz, und der Schmerz ist lang, und wir sind alle auf diese Welt gekommen, um einander zu helfen. Das ist Jim Paulsons komische Philosophie. Paß auf die kleine Fremde auf.«
    »Bestimmt«, sagte Andy und wischte sich die Augen. Er steckte den Schein in die Tasche seiner Cordjacke. »Charlie? Kleines? Wach auf. Nur noch ein paar Minuten.«
21
    Drei Minuten später lehnte Charlie sich schläfrig gegen ihn, als er Jim Paulson nachschaute, der bis zu einem geschlossenen Restaurant weiterfuhr, wendete und dann an ihnen vorbei Kurs auf die Interstate nahm. Andy hob die Hand, und Paulson grüßte zurück. Der alte Ford mit den Szenen aus Tausendund-einernacht, mit Tänzerinnen und Großwesiren und einem geheimnisvollen fliegenden Teppich. Kalifornien soll dich gut behandeln, Junge, dachte Andy, und dann machte er sich mit Charlie auf den Weg zum Slumberland-Motel.
    »Warte hier draußen und laß dich nicht blicken«, sagte Andy. »Okay?«
    »Okay, Daddy.« Es kam sehr schläfrig.
    Er ließ sie neben einer Konifere stehen, ging zum Büro und drückte die Nachtglocke. Nach zwei Minuten erschien ein in einen Morgenmantel gehüllter Mann in mittleren Jahren, der eifrig seine Brillengläser polierte. Er öffnete die Tür und ließ Andy wortlos ein.
    »Könnte ich vielleicht das Apartment am Ende des linken Flügels bekommen?« fragte Andy. »Da steht mein Wagen.«
    »Wenn Sie wollten, könnten Sie um diese Jahreszeit den ganzen Westflügel haben«, sagte der Nachtportier und entblößte sein gelbes Gebiß. Er reichte Andy ein Formular und einen Reklamekugelschreiber. Draußen fuhr ein Wagen vorbei. Er war nicht zu hören. Seine Scheinwerfer leuchteten hell auf, dann waren sie nicht mehr zu sehen.
    Andy unterschrieb das Formular mit Bruce Rozelle. Bruce fuhr einen 1978er Vega mit dem New Yorker Kennzeichen LMS 240. Dann schaute er kurz auf die Rubrik ORGANISATION/FIRMA und trug einer plötzlichen Eingebung folgend den Namen einer Automatenvertriebsfirma ein: United Vending Company of America. Unter der Rubrik Zahlungsart trug er BAR ein.
    Wieder fuhr ein Wagen vorbei.
    Der Portier zeichnete gegen und steckte das Formular weg. »Macht siebzehn Dollar und fünfzig Cents.«
    »Nehmen Sie Kleingeld?« fragte Andy. »Ich kam nicht mehr zur Bank und schleppe ein Kilo Silber mit mir herum. Wie ich diese Sammelfahrten auf dem Lande hasse.«
    »Geben Sie ruhig her. Gibt sich genauso schnell aus.«
    »Danke.« Andy griff in die Jackentasche, schob den Fünf dollarschein zur Seite und holte eine Handvoll Silbergeld heraus. Er zählte vierzehn Dollar ab und griff noch einmal in die Tasche. Dann hatte er den Betrag zusammen. Der Portier hatte die

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