Feuerklingen (First Law - Band 2)
unüberlegten Aktion überreden konnte! Er war schon immer ein Volltrottel!«
»Lord Smund hat mit seinem Leben bezahlt«, knurrte West.
»Schade, dass er das nicht bereits einen Tag zuvor getan hat, dann würden wir nicht in dieser Klemme stecken!« Die prinzliche Oberlippe zitterte ein wenig. »Was meinen Sie, was sagt man wohl über all das bei uns zu Hause, West? Was sagt man denn jetzt wohl über mich?«
»Ich habe keine Ahnung, Euer Hoheit.« Es konnte kaum schlimmer sein als das, was man sich vorher schon über ihn erzählt hatte. West versuchte seinen Zorn zu zügeln und sich in Ladislas Lage zu versetzen. Er war so völlig unvorbereitet auf die Härte dieser Wanderung, konnte auf nichts zurückgreifen, das ihm dabei half, und war völlig abhängig von anderen. Er hatte nie eine wichtigere Entscheidung fällen müssen, als welchen Hut er tragen sollte, und jetzt musste er damit zurechtkommen, dass er den Tod von Tausenden verschuldet hatte. Kein Wunder, dass er nicht wusste, wie er damit umgehen sollte.
»Wenn sie doch nur nicht geflohen wären.« Ladisla ballte die Faust und schlug bockig gegen die Baumwurzel neben sich. »Wieso blieben sie nicht standhaft und kämpften, die feigen Hunde? Wieso haben sie nicht gekämpft?«
West schloss die Augen, tat sein Bestes, um die Kälte zu ignorieren, den Hunger, den Schmerz, und um die Wut in seiner Brust niederzukämpfen. So war es immer. Gerade, wenn man für Ladisla ein wenig Mitgefühl empfand, machte er irgendeine verabscheuungswürdige Bemerkung, die Wests Abneigung gegen ihn wieder in aller Heftigkeit aufflackern ließ. »Ich kann es Ihnen beim besten Willen nicht sagen, Euer Hoheit«, stieß er durch die zusammengebissenen Zähne hervor.
»So«, knurrte Dreibaum, »das war’s jetzt erst mal! Auf die Beine, und ich will kein Gejammer hören!«
»Wir müssen doch jetzt nicht schon wieder weiter, oder, Herr Oberst?«
»Ich fürchte doch.«
Der Prinz stöhnte und rappelte sich mit gequältem Gesichtsausdruck auf. »Ich habe keine Ahnung, wie diese Kerle das alles durchhalten, West.«
»Immer ein Schritt nach dem anderen, Euer Hoheit.«
»Natürlich«, machte Ladisla, der den beiden Sträflingen hinterherwankte, die bereits zwischen den Bäumen weitergingen. »Ein Schritt nach dem anderen.«
West bewegte seine schmerzenden Knöchel hin und her und wollte gerade aufstehen und ihnen folgen, als er merkte, wie ein Schatten sich über ihn legte. Der Schwarze Dow stand vor ihm und versperrte ihm den Weg mit seiner schweren Schulter; das abfällig verzogene Gesicht war kaum zwei Handbreit entfernt. Er wies mit einem Kopfnicken zum Rücken des Prinzen, der sich langsam von ihnen entfernte. »Willst du, dass ich ihn umbringe?«, knurrte er ihm auf Nordisch zu.
»Wenn du einem von ihnen auch nur ein Haar krümmst!« West hatte die Worte herausgeschleudert, ohne dass er wusste, wie er den Satz beenden sollte. »Dann …«
»Ja?«
»Bringe ich dich um.« Was sonst hätte er sagen können? Er fühlte sich wie ein Kind, das auf dem Schulhof sinnlose Drohungen ausstößt. Auf einem ausgesprochen kalten und gefährlichen Schulhof, und gegenüber einem Jungen, der doppelt so groß war wie er.
Dow aber grinste nur. »Für so einen mickrigen Kerl hast du ganz schön viel Wut in dir. Und plötzlich reden wir über jede Menge Tod, was? Bist du sicher, dass du dafür genug Mumm in den Knochen hast?«
West versuchte so groß zu wirken wie möglich, was nicht so ganz einfach war, da er an einem Abhang stand und noch dazu vor Erschöpfung etwas in sich zusammengesunken war. Man darf keine Angst zeigen, wenn man eine gefährliche Lage entschärfen will, ganz gleich, wie viel man auch verspürt. »Wieso findest du es nicht heraus?« Seine Stimme klang entsetzlich schwach, selbst in seinen eigenen Ohren.
»Vielleicht tue ich das.«
»Sag mir, wenn es so weit ist, denn das würde ich mir ja nicht gern entgehen lassen.«
»Oh, mach dir darüber keine Sorgen«, flüsterte Dow, der den Kopf wandte und auf den Boden spuckte. »Du weißt, wann es so weit ist, wenn du mit durchgeschnittener Kehle aufwachst.« Damit schlenderte er den schlammigen Hügel empor, langsam, um deutlich zu zeigen, dass er keine Angst hatte. West wünschte sich, er hätte von sich selbst dasselbe sagen können. Sein Herz klopfte heftig, als er sich zwang, den anderen zu folgen. Er schleppte sich an Ladisla vorbei, schloss zu Cathil auf und ging neben ihr her.
»Alles in Ordnung?«, fragte er.
»Hab
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