Feuerklingen (First Law - Band 2)
kämpfen muss, dann wird er das tun, ohne Gnade und mit dem Zorn Gottes hinter ihm. Das ist der erste Schritt auf dem Pfad, den er gewählt hat. Auf dem Pfad, den er für uns alle gewählt hat.«
»Welcher Schritt folgt als nächster?«
»Glaubst du, meine Meister verraten mir ihre Pläne? Tun deine das? Ich bin ein Wurm. Ich bin ein Nichts. Und dennoch bin ich mehr als du.«
»Was kommt als Nächstes?«, zischte Glokta. Nichts als Schweigen.
»Antworte ihm!«, zischte Vitari. Frost riss ein Eisen aus der Kohlepfanne, dessen Spitze orangerot glühte, und bohrte es in Schickels Schulter. Ekelhaft riechender Dampf stieg auf, Fett spritzte und brutzelte, aber das Mädchen sagte nichts. Ihre trägen Augen sahen zu, wie ihr eigenes Fleisch verbrannte, ohne Gefühlsregung.
Hier wird es keine Antworten geben. Nur noch mehr Fragen. Immer noch mehr Fragen.
»Ich habe genug«, erklärte Glokta kurz angebunden, ergriff seinen Stock und richtete sich mühsam auf; er wand sich bei dem schmerzhaften und nutzlosen Bemühen, das verschwitzte Hemd von seinem Rücken zu lösen.
Vitari deutete auf Schickel, deren glänzende Augen unter den gesenkten Lidern noch immer auf Glokta gerichtet waren, mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. »Was sollen wir damit machen?«
Ein entbehrlicher Agent eines gefühllosen Meisters, gegen den eigenen Willen an einen fremden Ort geschickt, um zu kämpfen und zu töten – aus Gründen, die er kaum begreift. Klingt das irgendwie vertraut?
Glokta zog eine Grimasse, als er dem stinkenden Raum den Rücken zuwandte.
»Verbrennen Sie es«, sagte er.
Glokta stand in der kühlen Abendluft auf seinem Söller und sah finster auf die Unterstadt hinab.
Hier oben auf dem Felsen war es windig, eine kalte Brise wehte von der dunklen See heran, pfiff um Gloktas Gesicht, um seine auf den Zinnen ruhenden Finger und schlug die Schöße seines Mantels gegen seine Beine.
So viel Winter, wie wir in diesem verdammten Glutofen überhaupt je haben werden.
Die Flammen der Fackeln neben der Tür blakten und flackerten in ihren eisernen Körben, zwei Lichter in der heraufziehenden Dunkelheit. Draußen waren mehr Lichter, viel mehr. Lampen brannten an der Takelung der Unionsschiffe unten am Hafen, und ihr Widerschein blitzte und brach sich auf dem Wasser. Lichter glitzerten in den Fenstern der dunklen Paläste unterhalb der Zitadelle und hoch oben auf den zierlichen Türmchen des Großen Tempels. Unten in den Elendsvierteln brannten Tausende von Fackeln. Flüsse aus winzigen Lichtpunkten, die aus den Gebäuden strömten, auf die Straßen, hin zu den Toren der Oberstadt.
Flüchtlinge verlassen ihre Häuser, wenn man sie so nennen kann. Fliehen in die Sicherheit, wenn es denn eine ist. Wie lange werden wir ihnen hier Sicherheit bieten können, frage ich mich, wenn die Landmauer gefallen ist?
Er kannte die Antwort bereits.
Nicht lange.
»Herr Superior!«
»Ach, Meister Cosca. Ich freue mich sehr, dass Sie mir Gesellschaft leisten können.«
»Aber natürlich! Es geht doch nichts über einen Spaziergang in der Abendluft nach einem kleinen Scharmützel.« Der Söldner marschierte zu ihm herüber. Selbst in dem schlechten Licht nahm Glokta die Veränderung in ihm wahr. Er ging mit federndem Schritt, seine Augen blitzten, das Haar war sauber gekämmt und der Schnurrbart steif gewachst.
Ganz plötzlich ist er ein oder zwei Zoll größer und gut zehn Jahre jünger.
Er stolzierte zu den Zinnen, schloss die Augen und zog tief die Luft durch seine knochige Nase ein.
»Für jemanden, der gerade eine Schlacht geschlagen hat, sehen Sie bemerkenswert gut aus.«
Der Styrer grinste ihn an. »Ich war ja nicht so sehr selbst im Kampf, sondern vielmehr dahinter. Es war schon immer meine Ansicht, dass man ganz vorn an der Front nicht besonders gut kämpfen kann. Niemand hört einen dort bei dem ganzen Lärm. Außerdem sind die Aussichten, getötet zu werden, dort doch ziemlich hoch.«
»Zweifelsohne. Wie ist es für uns ausgegangen?«
»Die Gurkhisen sind immer noch außerhalb der Mauern, daher würde ich sagen, was die Schlacht angeht, lief es ganz gut. Die Toten würden mir vermutlich nicht zustimmen, aber wer kümmert sich schon einen Dreck um deren Meinung?« Er kratzte sich zufrieden am Hals. »Wir haben uns heute ganz wacker geschlagen. Aber morgen oder übermorgen – wer weiß, wie es da aussehen wird? Immer noch keine Aussicht auf Verstärkung?« Glokta schüttelte den Kopf, und der Styrer zog scharf die Luft ein.
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