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Feuerklingen (First Law - Band 2)

Feuerklingen (First Law - Band 2)

Titel: Feuerklingen (First Law - Band 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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die umeinander flossen, körperlos in der Leere. In all dem lag nur eine einzige Sicherheit.
    Wir sind erledigt. Nicht heute Nacht, aber schon bald. Wir sind umzingelt, und das Netz wird sich nur noch weiter zuziehen. Es ist nur eine Frage der Zeit.

NARBEN
    Geschickt zog Ferro die Fäden, einen nach dem anderen, indem sie mit der schimmernden Spitze ihres Messers darunterglitt und sie vorsichtig aus Luthars Haut löste. Ihre dunklen Fingerspitzen bewegten sich schnell und sicher, die gelben Augen waren konzentriert zusammengekniffen. Logen sah ihr zu und schüttelte angesichts von so viel Fingerfertigkeit gemächlich den Kopf. Er hatte schon oft bei dieser Arbeit zugesehen, aber noch nie erlebt, dass sie so gut ausgeführt wurde. Luthar schien kaum etwas zu spüren, obwohl er in letzter Zeit sonst immer so aussah, als ob ihm irgendetwas wehtat.
    »Müssen wir einen neuen Verband anlegen?«
    »Nein. Wir lassen die Wunde atmen.« Der letzte Faden kam heraus, und Ferro warf die blutigen Stückchen weg und wippte ein wenig auf den Knien zurück, um ihr Werk zu betrachten.
    »Das ist ziemlich gut«, sagte Logen mit gedämpfter Stimme. Er hätte nie gedacht, dass die Verletzung auch nur halb so ansehnlich wieder zusammenwachsen würde. Luthars Kinn sah im Feuerschein ein wenig eingedellt aus, als ob er eine Seite des Kiefers zusammenbiss. Seine Lippe zierte eine tiefe Kerbe, und eine gegabelte Narbe zog sich von dort aus bis zur Spitze seines Kinns, mit rosa Pünktchen an den Seiten, wo die Nadel rein und raus gegangen war; dort war die Haut noch ein wenig gedehnt. Sonst war nichts mehr zu sehen, außer einer leichten Schwellung, die bald abklingen würde. »Das nenne ich verdammt gut genäht. So habe ich es noch nie gesehen. Wo hast du das Heilen gelernt?«
    »Hat mir ein Kerl namens Aruf beigebracht.«
    »Offenbar ziemlich gut, das muss ich sagen. Ist eine seltene Gabe. Da haben wir wirklich Glück gehabt, dass er das getan hat.«
    »Ich musste ihn zunächst mal ficken.«
    »Ah.« Das warf ein etwas anderes Licht auf die ganze Sache.
    Ferro zuckte die Achseln. »Hat mir nichts ausgemacht. Er war ein guter Mann, jedenfalls so einigermaßen, und er hat mir noch dazu gezeigt, wie man tötet. Ich habe wesentlich schlechtere Kerle für wesentlich weniger gefickt.« Sie warf einen finsteren Blick auf Luthars Kinn, drückte mit ihren Daumen daran herum und befühlte das Fleisch rund um die Wunde. »Für wesentlich weniger.«
    »Verstehe«, brummte Logen. Er und Luthar tauschten einen besorgten Blick. Die Unterhaltung führte in eine ganz andere Richtung, als der Nordmann es sich vorgestellt hatte. Vielleicht war das bei Ferro einfach so. Da versuchte er dauernd, ein paar Worte aus ihr rauszuquetschen, und wenn sie dann mal was erzählte, hatte er keine Ahnung, was er damit anfangen sollte.
    »Ist verheilt«, knurrte sie, nachdem sie Luthars Gesicht schweigend abgetastet hatte.
    »Danke.« Er ergriff ihre Hand, als sie aufstehen wollte. »Wirklich. Ich weiß nicht, was ich …«
    Sie machte ein Gesicht, als ob er sie geohrfeigt hätte, und zog ruckartig ihre Finger weg. »Ist in Ordnung! Aber wenn du dir den Schädel wieder einschlagen lässt, kannst du dich das nächste Mal selber nähen.« Damit stand sie auf und stolzierte davon. Sie suchte sich einen Platz abseits in den fließenden Schatten, so weit von den anderen entfernt, wie sie konnte, ohne den Schutz der alten Mauerreste zu verlassen. Dank schien sie sogar noch weniger zu mögen als jede andere Art von Unterhaltung, aber Luthar war zu glücklich, endlich die Verbände los zu sein, dass er nicht allzu lange darüber nachdachte.
    »Wie sieht es aus?«, fragte er und versuchte zu seinem Kinn herunterzuschielen, während er es mit besorgtem Gesichtsausdruck vorsichtig betastete.
    »Gut«, sagte Logen. »Du hast Glück gehabt. Vielleicht siehst du jetzt nicht mehr ganz so hübsch aus wie früher, aber doch immer noch wesentlich besser als ich.«
    »Natürlich«, sagte Luthar und leckte mit halbem Lächeln an der Kerbe in seiner Lippe. »Diese Kerle haben mir ja nicht gleich den ganzen Kopf abgeschnitten.«
    Logen grinste, kniete sich vor den kleinen Kessel und rührte darin um. Inzwischen kam er mit Luthar recht gut zurecht. Der Junge hatte eine harte Lektion erfahren, aber das zerschlagene Gesicht hatte ihm wirklich einen guten Dienst erwiesen. Die Wunde hatte ihn Respekt gelehrt, noch dazu wesentlich schneller, als das mit Reden allein möglich gewesen wäre. Es hatte

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