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Feuerklingen (First Law - Band 2)

Feuerklingen (First Law - Band 2)

Titel: Feuerklingen (First Law - Band 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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muss das Beste aus allem machen«, flüsterte er. Die Worte kamen krächzend aus seiner wunden Kehle und stiegen wie eine weiße Wolke in die kalte Luft. »Anders geht es nicht.« Er dachte an warme Sommer im Agriont. Wie an den großen Plätzen die Blüten von den Bäumen zur Erde schwebten. Wie die Vögel zwitschernd auf den Schultern der lächelnden Statuen saßen. Wie Sonnenlicht durch die belaubten Zweige der Parkbäume brach. Es half nicht. Er zog den Rotz in seiner laufenden Nase hoch, versuchte wieder einmal, sich die Hände zu wärmen, indem er sie in die Ärmel seiner Uniformjacke steckte, aber der Stoff reichte einfach nicht. Mit blassen Fingern hielt er die ausgefransten Säume fest. Würde er je wieder Wärme spüren?
    Er fühlte Pikes Hand auf der Schulter. »Irgendwas ist los«, brummte der Sträfling. Er deutete auf die Nordmänner, die in einer Gruppe zusammensaßen und eindringlich aufeinander einredeten.
    West sah müde zu ihnen herüber. Gerade hatte er einen Zustand erreicht, den er zumindest als halbwegs gemütlich bezeichnen konnte, und es fiel ihm schwer, Interesse an etwas anderem als an seinem eigenen Schmerz zu entwickeln. Langsam zwang er die müden Beine wieder in eine gerade Haltung, hörte seine kalten Knie knacken, als er aufstand, dann schüttelte er sich und versuchte, die Müdigkeit aus seinen Knochen zu verjagen. Gebeugt wie ein alter Mann schlurfte er zu den Nordmännern hinüber, die Arme wärmesuchend um den Körper geschlungen. Doch bevor er sie erreichte, war ihre Besprechung schon wieder beendet. Wieder war eine Entscheidung gefallen, ohne dass es nötig gewesen war, seine Meinung dazu zu hören.
    Dreibaum ging ihm entgegen; der rieselnde Schnee schien ihm überhaupt nichts auszumachen. »Der Hundsmann hat einige Kundschafter Bethods aufgespürt«, knurrte er und deutete zu den Bäumen hinüber. »Direkt dort unten an dem Abhang, wo der kleine Bach verläuft. Verdammt gut, dass er sie entdeckt hat. Ebenso gut hätten sie uns entdecken können, und dann wären wir höchstwahrscheinlich alle tot.«
    »Wie viele?«
    »Er glaubt, ungefähr ein Dutzend. Sie zu umgehen könnte zu gefährlich sein.«
    West sah besorgt drein und verlagerte das Gewicht von einem Fuß auf den anderen in dem Versuch, den Blutkreislauf in Schwung zu bringen. »Aber gegen sie zu kämpfen wäre doch sicher noch riskanter?«
    »Vielleicht, vielleicht auch nicht. Wenn wir sie überraschen können, dann sind unsere Aussichten gar nicht so schlecht. Sie haben Verpflegung, Waffen«, er sah an West hinab, »und Kleidung. Alles Mögliche, was wir gut gebrauchen könnten. Der Winter fängt gerade erst richtig an. Wir ziehen weiter nach Norden, also wird es nicht wärmer werden. Es ist beschlossen. Wir greifen sie an. Mit zwölfen sind sie deutlich in der Überzahl, daher brauchen wir jeden Mann. Dein Kumpel Pike sieht so aus, als wüsste er eine Axt zu schwingen, ohne sich über die Folgen zu viele Gedanken zu machen. Du sorgst am besten dafür, dass er bereit ist.« Er deutete mit dem Kopf zum Prinzen hinüber. »Die Frau sollte sich aus dem Kampf heraushalten, aber …«
    »Nicht der Prinz. Es ist zu gefährlich.«
    Dreibaums Augen verengten sich. »Du hast verdammt recht, es ist gefährlich. Deswegen sollten alle Männer das Risiko teilen.«
    West beugte sich nahe zu Dreibaum und versuchte, so überzeugend zu klingen, wie er das mit seinen gesprungenen Lippen konnte, die so geschwollen und aufgeplatzt waren wie zu lange gegrillte Würstchen. »Er würde das Risiko für alle nur vergrößern. Das wissen wir doch beide.« Der Prinz erwiderte ihre Blicke misstrauisch und versuchte zu erraten, worüber sie sprachen. »Er ist in einem Kampf ungefähr so nützlich wie ein Sack überm Kopf.«
    Der alte Nordmann schnaubte. »Da hast du vermutlich recht.« Er zog tief die Luft ein, runzelte die Stirn und überdachte das Gesagte eine Weile. »Nun gut. Gewöhnlich macht man es nicht so, aber von mir aus. Er bleibt hier, er und auch das Mädchen. Wir anderen kämpfen, und das bedeutet, du auch.«
    West nickte. Jeder Mann musste seinen Teil beitragen, auch wenn ihm diese Aussicht nicht besonders schmeckte. »Das ist in Ordnung. Wir anderen kämpfen.« Damit wandte er sich um und ging zurück zu seinen Leuten, um ihnen die Neuigkeiten mitzuteilen.
    Zu Hause in den schönen Gärten des Agriont hätte man Kronprinz Ladisla vermutlich gar nicht mehr wiedererkannt. Die Stutzer, die Höflinge, die Speichellecker, die

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