Feuerklingen (First Law - Band 2)
noch.«
Derjenige, den sie am Hals getroffen hatte, war auf den Pfeilschaft gefallen und hatte ihn kurz unter der Spitze abgebrochen. Nutzlos. »Wie erschafft ein Mensch diese Viecher?«
»Meinst du, ich wüsste das? Sie kamen früher übers Meer, jeden Sommer, wenn das Eis schmolz, und wir hatten alle Hände voll zu tun, gegen sie zu kämpfen. Jede Menge.« Sie bohrte den letzten Pfeil heraus, blutig zwar, aber heil. »Als ich noch jung war, kamen immer mehr, und sie kamen immer öfter. Mein Vater schickte mich nach Süden, über die Berge, um Hilfe beim Kampf gegen sie zu holen …« Er verstummte. »Na ja. Eine lange Geschichte. In den Hohen Höhen wimmelt es inzwischen vor Plattköpfen.«
»Ist ja eigentlich auch egal«, knurrte sie, während sie aufstand und die beiden unversehrten Pfeile sorgsam wieder in ihren Köcher schob, »solange sie sterben.«
»Oh, sie sterben. Das Problem ist nur, es kommen dann immer noch mehr, die man töten muss.« Er sah mit finsterem Gesicht auf die drei toten Geschöpfe und bedachte sie mit einem harten Blick. »Da ist jetzt nichts mehr geblieben, nördlich der Berge. Nichts und niemand.«
Ferro schien das nicht zu berühren. »Wir müssen weiter.«
»Alle wieder zu Schlamm geworden«, knurrte er, als hätte sie nichts gesagt, und seine Miene wurde immer versteinerter.
Sie stellte sich direkt vor ihn hin. »Hast du mich gehört? Wir müssen weiter, hab ich gesagt.«
»Hm?« Er blinzelte sie kurz an, dann verzog er das Gesicht. Die Muskeln seiner Kinnbacken spannten sich unter seiner Haut, die Narben dehnten und bewegten sich, der Kopf war geneigt, sodass die Augen in den harten Schatten des Lichts über ihnen verschwanden. »In Ordnung. Wir gehen weiter.«
Ferro sah ihn finster an, während ein dünner Blutfaden aus seinem Haar sickerte und über seine fettige, stopplige Wange rann. Jetzt sah er nicht länger aus wie jemand, dem sie vertrauen wollte.
»Du willst mir gegenüber jetzt aber nicht irgendwie komisch werden, oder, Rosig? Ich brauch dich hier mit einem kühlen Kopf.«
»Ich bin ganz kühl«, flüsterte er.
Logen war heiß. Seine Haut prickelte unter seinen dreckigen Kleidern. Er fühlte sich seltsam, schwindlig, sein Kopf war erfüllt vom Gestank der Schanka. Der Geruch war so durchdringend, dass er glaubte, kaum noch Luft zu bekommen. Der Korridor schien sich unter seinen Füßen zu bewegen und vor seinen Augen zu tanzen. Er verkrampfte sich und beugte sich nach vorn; Schweiß lief ihm über das Gesicht und tropfte auf den sich neigenden Steinboden.
Ferro flüsterte ihm etwas zu, aber er konnte den Worten keinen Sinn entlocken – sie hallten von den Wänden wider und umschwirrten sein Gesicht, gingen ihm jedoch nicht ein. Er nickte und machte mit der Hand eine zustimmende Bewegung, dann mühte er sich, ihr zu folgen. Der Korridor wurde immer heißer und heißer, der verschwommene Stein hatte ein orangefarbenes Glühen angenommen. Er prallte gegen Ferros Rücken und wäre beinahe gestürzt, kroch dann auf seinen wunden Knien vorwärts und zog scharf die Luft ein.
Vor ihnen lag ein großes Gewölbe. Vier schlanke Säulen strebten in der Mitte in die Höhe, hoch empor bis in die ungewisse Dunkelheit weit oben. Unter ihnen brannten Feuer. Viele Feuer, die weiße Flecken in Logens brennende Augen prägten. Kohlen knackten und knisterten und spuckten Rauch aus. Funken stieben in heißem Regen, Dampf quoll in zischenden Stößen empor. Klumpen geschmolzenen Eisens tropften aus Schmelztiegeln und spritzten glühend zu Boden. Geschmolzenes Metall lief durch Rinnen im Fußboden, leuchtende Linien aus Rot und Gelb und blendendem Weiß, die den schwarzen Stein durchzogen.
Die gähnende Höhle war voller Schanka, zerlumpten Gestalten, die sich in der siedend heißen Dunkelheit bewegten. Sie arbeiteten an den Feuern, an den Blasebälgen und an den Schmelzen gerade so wie Menschen – mindestens zwanzig, vielleicht aber auch noch mehr. Es herrschte ein ohrenbetäubender Lärm. Hämmer schlugen hart auf Eisen, Ambosse dröhnten, Metall klapperte. Plattköpfe quiekten und kreischten einander etwas zu. Gestelle lehnten an den entfernten Wänden, dunkle Gestelle, auf denen glänzende Waffen ruhten, und Stahl schimmerte in allen Farben des Feuers und des Zorns.
Logen blinzelte und sah starr auf das Geschehen. Sein Kopf dröhnte, sein Arm pochte, die Hitze griff nach seinem Gesicht, und er fragte sich, ob er seinen Augen trauen konnte. Vielleicht waren sie in die
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