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Feuerklingen (First Law - Band 2)

Feuerklingen (First Law - Band 2)

Titel: Feuerklingen (First Law - Band 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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hinunterschritt.
    »Sie mögen das warme Wetter nicht besonders, oder?«
    Der Praktikal schüttelte den ungeschlachten Kopf und schenkte dem Winternieseln ein halbes Grinsen. Severard kam ihm nach und sah mit zusammengekniffenen Augen zu den grauen Wolken hoch. Er blieb kurz am Ende der Planke stehen, dann trat er auf den gepflasterten Kai.
    »Schön, wieder da zu sein«, sagte er.
    Wenn ich eure Begeisterung doch nur teilen könnte, aber irgendwie kann ich mich nicht recht entspannen.
»Seine Eminenz hat nach mir geschickt, und angesichts der Art und Weise, wie wir die Dinge in Dagoska zurückgelassen haben, ist es wohl mehr als wahrscheinlich, dass dieses Treffen … nicht besonders gut verlaufen wird.«
Eine außerordentliche Untertreibung.
»Sie sollten sich besser ein paar Tage lang unsichtbar machen.«
    »Unsichtbar? Ich habe die Absicht, die ganze nächste Woche keinen einzigen Schritt vors Hurenhaus zu tun.«
    »Sehr weise. Und Severard. Falls wir uns nicht wiedersehen sollten … Viel Glück.«
    Die Augen des Praktikals glitzerten. »Immer.« Glokta sah ihm nach, wie er durch den Regen auf die Rotlichtviertel der Stadt zuhielt.
Ein ganz normaler Tag für Praktikal Severard. Der denkt nie weiter als eine Stunde im Voraus. Welch eine Gabe.
    »Ich hasse Ihr verdammtes graues Land und sein verdammtes Wetter«, knurrte Vitari mit ihrem singenden Akzent. »Ich muss zu Sult.«
    »Ist es denn die Möglichkeit, ich auch!«, rief Glokta mit übertriebener Begeisterung aus. »Was für ein wundervoller Zufall!« Er bot ihr seinen abgewinkelten Arm. »Wir können als Paar gehen und Seine Eminenz zusammen aufsuchen!«
    Sie sah ihn eisig an. »Von mir aus.«
    Aber ihr beide werdet noch eine weitere Stunde auf meinen Kopf warten müssen.
»Allerdings muss ich zuerst noch eine Kleinigkeit erledigen.«
     
    Die Spitze seines Stocks klapperte gegen die Tür. Nichts rührte sich.
Verdammt.
Gloktas Rücken schmerzte höllisch, und er musste sich unbedingt setzen. Wieder schlug er mit dem Stock gegen das Holz, dieses Mal lauter. Die Angeln kreischten, die Tür öffnete sich einen Spalt.
Nicht abgeschlossen.
Er runzelte die Stirn und schob sie vollends auf. Der Türrahmen war an der Innenseite abgesplittert, das Schloss zerstört.
Aufgebrochen.
Er humpelte über die Schwelle in den Flur. Leer und eiskalt. Kein Möbelstück zu sehen.
Als sei sie ausgezogen. Aber warum?
Gloktas Augenlid zuckte. Während der ganzen Wochen unten im Süden hatte er kaum an Ardee gedacht.
Andere Dinge waren so viel drängender. Mein einziger Freund hat mich um diese eine Sache gebeten. Wenn ihr etwas zugestoßen ist …
    Glokta deutete auf die Treppe, und Vitari nickte und schlich geräuschlos die Stufen empor, bückte sich und zog ein schimmerndes Messer aus ihrem Stiefel. Er deutete den Flur hinunter, und Frost begab sich, stets im Schatten der Wand entlangschleichend, ins Innere des Hauses. Die Wohnzimmertür stand halb offen, und Glokta schlurfte darauf zu und stieß sie auf.
    Ardee saß am Fenster und wandte ihm den Rücken zu: weißes Kleid, dunkles Haar, ganz so, wie er sie in Erinnerung hatte. Ihr Kopf bewegte sich leicht, als die Türangeln quietschten.
Sie lebt also.
Aber der Raum hatte sich seltsam verändert. Abgesehen von dem einen Stuhl, auf dem sie saß, war er völlig leer. Nackte, weiß getünchte Wände, nackte Holzdielen, vorhanglose Fenster.
    »Es ist verdammt noch mal nichts mehr übrig!«, bellte sie mit rauer und kehliger Stimme.
    Das ist nicht zu übersehen.
Glokta trat mit besorgter Miene ins Zimmer.
    »Es ist nichts mehr da, habe ich gesagt!« Jetzt erhob sie sich, wandte ihm aber immer noch den Rücken zu. »Oder haben Sie sich überlegt, dass Sie jetzt vielleicht doch noch den Stuhl mitnehmen wollen?« Damit fuhr sie herum, packte die Lehne, riss den Stuhl hoch über den Kopf und schleuderte ihn mit einem Schrei in seine Richtung. Er krachte neben der Tür gegen die Wand, und Holzsplitter und Putzstücke flogen durch die Luft. Ein Bein schoss an Gloktas Gesicht vorüber und rutschte klappernd in eine Ecke, der Rest fiel zersplittert zu Boden.
    »Das ist sehr nett«, sagte Glokta ruhig, »aber ich stehe lieber.«
    »Sie!« Er sah, wie sich ihre Augen unter dem wirren Haar vor Überraschung weiteten. Ihr Gesicht hatte etwas Hageres und Blasses, an das er sich nicht erinnerte. Ihr Kleid war zerdrückt und viel zu dünn für den kühlen Raum. Sie versuchte es mit zitternden Händen zu glätten und zupfte erfolglos an ihrem

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