Feuerklingen (First Law - Band 2)
jetzt tatsächlich ein wenig zum Weinen war.
»Ich hoffe, ich sehe diesen Ort nie wieder«, murmelte er wehmütig.
»Da bin ich ganz deiner Meinung«, sagte Logen. »War doch nicht so verlassen, wie wir glaubten, was? Meint Ihr, Euch fiele vielleicht ein anderer Rückweg ein?«
Bayaz runzelte die Stirn. »Das wäre in der Tat ratsam. Wir werden auf dem Fluss nach Calcis zurückkehren. Auf diesem Ufer gibt es weiter flussabwärts Wälder. Ein paar ordentliche Stämme, schön zusammengebunden, und der Aos wird uns direkt bis zum Meer tragen.«
»Oder bis in ein feuchtes Grab.« Jezal konnte sich nur zu gut an die wilde Strömung in der Schlucht des großen Flusses erinnern.
»Ich hoffe auf Besseres. Ohnehin haben wir noch viele Meilen westwärts zurückzulegen, bevor wir über die Heimreise nachdenken können.«
Langfuß nickte. »Das ist wohl wahr, und wir müssen auch noch einen Pass über eine höchst gefährliche Bergkette überwinden.«
»Wunderbar«, brummte Logen, »ich kann es kaum erwarten.«
»Ich auch nicht. Leider haben nicht all unsere Pferde überlebt.« Der Wegkundige hob die Brauen. »Wir haben zwei, um den Wagen zu ziehen, zwei zum Reiten … damit fehlen uns zwei.«
»Ich hasse die verdammten Viecher sowieso.« Logen marschierte zum Karren und kletterte Bayaz gegenüber hinein.
Es entstand eine lange Pause, in der sie die Lage überdachten. Zwei Pferde, drei Reiter. Kein besonders glückliches Verhältnis. Langfuß sprach als Erster. »Ich muss natürlich das Gelände erkunden, wenn wir uns den Bergen nähern. Das Kundschaften ist schließlich ein entscheidender Teil jeder erfolgreichen Reise. Und unglücklicherweise benötige ich dafür eines der Pferde …«
»Ich sollte wohl auch reiten«, murmelte Jezal und rührte sich unbehaglich, »wegen meinem Bein und so …«
Ferro sah zum Karren, und Jezal bemerkte, dass sich ihre und Logens Augen für einen kurzen und äußerst feindseligen Blick trafen.
»Ich laufe«, bellte sie.
DIE RÜCKKEHR DES GROSSEN HELDEN
Es regnete, als Superior Glokta humpelnd nach Adua zurückkehrte. Fieser, dünner, hässlicher Regen, den ein harter Wind von See vor sich hin peitschte und der das heimtückische Holz der Schiffsplanke, die quietschenden Holzbauten der Anleger und die glatten Steine des Kais so schlüpfrig machte wie Lügner. Er fuhr sich über das entzündete Zahnfleisch, rieb sich den schmerzenden Schenkel und sah mit starrem Blick an der grauen Uferlinie entlang. Zwei missgelaunt wirkende Wachposten lehnten vor einem heruntergekommenen Lagerhaus, keine zehn Schritte entfernt. Etwas weiter abseits waren einige Hafenarbeiter in einen erbitterten Streit über einen Stapel Kisten verstrickt. Ein zitternder Bettler machte einige Schritte auf Glokta zu, überlegte es sich dann aber wohl und schlich wieder davon.
Keine begeistert applaudierende Menge? Kein Teppich aus Blütenblättern? Keine Phalanx gezogener Schwerter? Kein Becher, kredenzt von bewundernd dahinschmachtenden, holden Jungfrauen?
Es war nicht unbedingt eine große Überraschung. Als er das letzte Mal aus dem Süden heimgekehrt war, hatte es das auch nicht gegeben.
Dem Besiegten applaudiert man nur selten, egal, wie hart er kämpfte, wie groß seine Opfer und wie schlecht seine Aussichten waren. Die holden Jungfrauen werden wohl feucht angesichts billiger und wertloser Siege, aber für so etwas wie »ich tat mein Bestes« erröten sie nicht einmal. Und der Erzlektor wird es wohl auch nicht tun.
Eine besonders hinterlistige Welle spritzte an der Kaimauer hoch und überschüttete Gloktas Rücken mit einer Wolke kleiner Tropfen. Er stolperte nach vorn, kaltes Wasser rann von seinen eisigen Händen, er rutschte aus und stürzte beinahe, machte keuchend einige taumelnde Schritte und fing sich an der glitschigen Mauer des verfallenen Schuppens. Als er aufsah, starrten ihn die beiden Wachleute an.
»Ist irgendwas?«, fauchte er, und sie wandten ihm den Rücken zu, brummten etwas und klappten zum Schutz vor dem Wetter die Kragen hoch. Glokta wickelte seinen Mantel eng um sich und fühlte, wie die Rockschöße gegen seine nassen Beine schlugen.
Ein paar Monate in der Sonne, und man kann sich gar nicht mehr vorstellen, wie es ist, wenn man friert. Wie schnell doch der Mensch vergisst.
Er warf den verlassenen Hafenmauern einen finsteren Blick zu.
Wie schnell wir doch alle vergessen.
»Wieba fuhauwe.« Frost machte einen glücklichen Eindruck, als er mit Gloktas Kiste unter dem Arm die Planke
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