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Feuerklingen (First Law - Band 2)

Feuerklingen (First Law - Band 2)

Titel: Feuerklingen (First Law - Band 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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sich ein winzig kleines Lächeln bei der Vorstellung, wie die Lieblingspraktikalin des Erzlektors ausrutschte, wie sie von der Mauer kippte und ihre Hände ins Leere griffen.
Vielleicht würde sie noch einen verzweifelten Schrei ausstoßen, wenn sie in den Tod stürzte?
    Aber sie fiel nicht.
Blöde Kuh. Die denkt wahrscheinlich schon wieder über ihren nächsten Bericht an den Erzlektor nach. »Der Krüppel tappt immer noch völlig im Dunkeln. Er hat nicht mal die kleinste Spur von Davoust oder irgendeinem Verräter, obwohl er schon die halbe Stadt befragt hat. Der Einzige, den er bisher verhaftet hat, ist ein Mitglied seiner eigenen Inquisition …«
    Glokta beschattete die Augen mit der Hand und zwinkerte der gleißenden Sonne entgegen. Der schmale Felshals, der Dagoska mit dem Festland verband, erstreckte sich nun direkt vor ihm. An seiner schmalsten Stelle trennten nur ein paar hundert Schritte Land die glitzernden Buchten, die zu beiden Seiten lagen. Die Straße, die vom Tor der Stadt hinwegführte, wirkte wie ein brauner Strich im gelben Sand und zog sich südwärts zu den dürren Hügeln des Festlands. Einige erbärmlich aussehende Seevögel kreischten und kreisten über dem Damm, aber andere Lebenszeichen waren nicht zu entdecken.
    »Dürfte ich mir Ihr Fernrohr ausleihen, Herr General?«
    Vissbruck zog das Glas mit brummigem Gesicht auseinander und drückte es Glokta in die ausgestreckte Hand.
Ganz offensichtlich hat er das Gefühl, dass er wichtigere Dinge zu tun hätte, als mich über die Verteidigungsanlagen zu führen.
Der General atmete schwer und hatte in seiner makellosen Uniform stocksteif Haltung angenommen; das runde Gesicht glänzte vor Schweiß.
Er tut sein Bestes, seine Rolle aufrechtzuerhalten. Allerdings ist seine Haltung ungefähr das Einzige, was dieser Dummkopf wirklich beherrscht. Aber wie sagt der Erzlektor so schön? ›Wir müssen mit den Waffen arbeiten, die uns zur Verfügung stehen.‹
Glokta hob das Messingrohr ans Auge.
    Die Gurkhisen hatten eine Palisade errichtet. Ein hoher Zaun aus Holzpfählen zog sich an den Hügeln entlang und schnitt Dagoska vom Festland ab. Auf seiner anderen Seite standen einige Zelte, ein dünner Rauchfaden stieg hier und da von einem Küchenfeuer auf. Glokta konnte winzige Figuren ausmachen, die sich bewegten, und die Sonne spiegelte sich auf poliertem Metall.
Waffen und Rüstungen, und zwar reichlich.
    »Früher kamen Karawanen vom Festland«, brummte Vissbruck. »Letztes Jahr waren es noch Hunderte jeden Tag. Dann tauchten die Soldaten des Imperators auf, und allmählich kamen immer weniger Händler. Vor ein paar Monaten haben sie dann den Zaun geschlossen. Seitdem ist hier nicht mal mehr ein einziger Esel aufgetaucht. Jetzt müssen alle Güter per Schiff angeliefert werden.«
    Glokta ließ den Blick den Zaun entlanggleiten, von einer Bucht zur anderen, und betrachtete auch die Lager dahinter.
Lassen sie hier nur die Muskeln spielen und wollen ihre Stärke zur Schau stellen? Oder meinen sie es todernst? Die Gurkhisen lieben eine gute Schau, aber sie sind auch einem ordentlichen Kampf nicht abgeneigt – so haben sie ja mehr oder weniger den ganzen Süden erobert.
Er setzte das Fernrohr wieder ab. »Wie viele Gurkhisen sind es, was glauben Sie?«
    Vissbruck zuckte die Achseln. »Das kann man unmöglich sagen. Mindestens fünftausend, denke ich, aber hinter den Hügeln dürften noch viel mehr lauern. Das können wir leider nicht herausfinden.«
    Fünftausend. Mindestens. Wenn das nur eine Schau ist, dann ist sie ziemlich gut.
»Wie viele Leute haben wir?«
    Vissbruck hielt kurz inne. »Ich befehlige etwa sechshundert Unionssoldaten.«
    Etwa sechshundert? Etwa? Du trottelgesichtiger Vollidiot! Als ich Soldat war, wusste ich nicht nur den Namen jedes Mannes in meinem Regiment, sondern auch, wozu er besonders geeignet war.
»Sechshundert? Das ist alles?«
    »Es sind noch Söldner in der Stadt, aber man kann ihnen nicht vertrauen, und sie sorgen oft selbst für Ärger. Meiner Meinung nach sind sie mehr als nutzlos.«
    Ich habe nach einer Zahl gefragt, nicht nach einer Meinung.
»Wie viele Söldner?«
    »Vielleicht ein paar Tausend, vielleicht aber auch mehr.«
    »Wer führt sie an?«
    »Ein Kerl aus Styrien. Er nennt sich Cosca.«
    »Nicomo Cosca?« Vitari sah von der Brustwehr auf sie hinab und hatte eine Augenbraue fragend hochgezogen.
    »Sie kennen ihn?«
    »Das kann man so sagen. Ich dachte, er sei tot, aber offenbar gibt es keine Gerechtigkeit mehr auf

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