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Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen

Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen

Titel: Feuermal: Der zweite Fall für Jan Swensen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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informiert der Einsatzleiter. »Wir sollten kein
Risiko eingehen. Schätze, es gibt nicht nur einen Eingang.«
    Der
breitschultrige Mann verschwindet mit langen Schritten um die nächste Hausecke.
Swensen blickt die Hausfront hinauf. In unzähligen Wohnungsfenstern brennen
Lichter. Er zählt über fünfzig. Auch im vierzehnten Stock sind von den sieben
Fenstern fünf erleuchtet.
    Leise
und unauffällig da hoch, denkt er, sonst könnte es brenzlig werden.
    Sein
Blick schweift über das Umfeld. Um das Hochhaus herum liegt eine Siedlung von
dreistöckigen Mietshäusern. Die Straßen davor sind wie ausgestorben. Nur ein
älterer Hundebesitzer trottet mit seinem Langhaardackel schnurstracks auf die
Parkanlage zu. Der Kommissar geht ihm zügig entgegen. Der Mann bleibt ängstlich
stehen.
    »Hier
wird gleich ein Polizeieinsatz stattfinden«, sagt Swensen mit ruhiger Stimme.
»Sie dürfen da jetzt nicht im Park spazieren gehen.«
    »Ich
wollte sowieso gerade umkehren!«, stößt der Mann hervor, macht auf der Stelle
kehrt und eilt auf wackligen Beinen davon. Swensen merkt, dass er ihm einen
gehörigen Schrecken eingejagt haben muss.
    Besser,
als wenn der einen Herzkasper kriegt, denkt er und geht wieder an seine alte
Position zurück. Im Schatten der Getrenntmüllbehälter sieht er den
Einsatzleiter stehen und eine Zigarette rauchen.
    »Neben
dem Hauptausgang gibt es drei weitere Notausgänge«, berichtet er Swensen, als
der bei ihm ankommt. »Wir gehen über das Treppenhaus nach oben und sichern die
Notausgänge, den Fahrstuhl im Erdgeschoss und im obersten Stockwerk.«
    Der
Einsatzleiter nimmt noch einen tiefen Zug, wirft die Zigarette zu Boden und
tritt sie mit dem Stiefel aus. Ohne ein weiteres Wort marschiert er den Sandweg
wieder hinab. Der Kommissar muss sich richtig ins Zeug legen, um ihm zu folgen.
Mielke steht etwas abseits am Mannschaftswagen. Während Swensen ihn
unterrichtet, versammelt der Einsatzleiter seine Truppe im Halbkreis und gibt
im Stakkato-Befehlston den weiteren Ablauf preis. Er lässt einen eisernen
Rammbock aus dem Mannschaftswagen holen, schaut auf die Uhr und ruft den
Kommissaren zu: »Es ist jetzt 19.54 Uhr! Punkt acht gehen wir rein! Sie bleiben
unter allen Umständen hinter uns!«
    Swensen
hebt den Arm zur Bestätigung. Mielke kaut auf der Unterlippe und führt seine
Hand fast unwillkürlich unter sein Herz, dorthin, wo die Pistole sitzt. Swensen
hatte sein Schulterholster vor der Abfahrt angelegt, wenn auch widerwillig. Er
meidet das Tragen seiner Waffe, soweit er es umgehen kann. Im normalen
Dienstablauf fällt das nicht allzu schwer. Meistens schleppt er sie in einer
Tasche von der Polizeiinspektion nach Hause und wieder zurück.
    »Abmarsch!«,
unterbricht die grelle Stimme des Einsatzleiters den leicht dröhnenden Grundton
der Stadt.
    Im
Laufschritt stürmt die Truppe los. Auf dem Sandweg entsteht ein rhythmisches
Knirschen. Swensen und Mielke bleiben fünf Meter hinter dem letzten Mann
zurück. An den Mülltonnen schwenken drei Männer ab und verschwinden hinter dem
Gebäude. Ein Mann sichert den Haupteingang, zwei den Fahrstuhl. Der
Einsatzleiter und die anderen sechs verschwinden im Treppenhaus, huschen
geräuschlos über die Steintreppe nach oben. Swensen folgt ihnen und bemerkt,
dass er automatisch versucht, die Luft anzuhalten. Vor der ersten Stufe bleibt
er stehen und zieht seine Sig-Sauer P220 aus dem Holster. Mielke macht es
ihm nach. Ihre Blicke treffen sich kurz.
    Kühlen
Kopf bewahren, denkt Swensen und ärgert sich im nächsten Moment über sein
Sprücheklischee. Wahrscheinlich will ich mit diesen Bauernweisheiten nur meine
Angst wegdrücken.
    Seine
Hand umklammert den Holzgriff der Neunmillimeter-Waffe. Sie bleibt ein
Fremdkörper. Eine Situation wie diese ist ihm selbst nach so langer Dienstzeit
zuwider.
    Jetzt
ist etwas in Gang gebracht worden, was nicht mehr zu kontrollieren, geschweige
denn zu stoppen ist.
    Ihm
fällt unwillkürlich die Geschichte der angetrunkenen Kirmesbesucher ein, die
sich nachts heimlich auf ein Kinderkettenkarussell geschlichen und auf den
Sitzen Platz genommen hatten. Einem war es gelungen, von seinem Sitz aus das
Karussell zu starten. Mit der Drehung drückte die Fliehkraft daraufhin die
Ketten schräg nach außen. Keiner der Männer konnte mehr die Bremse erreichen.
Sie mussten stundenlang im Kreis fahren, bevor sie am nächsten Morgen völlig
entkräftet entdeckt worden waren.
    Auch
ein Polizeieinsatz kann zentrifugale Kräfte freisetzen, denkt

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