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Feuermale

Feuermale

Titel: Feuermale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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harte Zeiten geholfen. Daran zu denken, wie Sie sie gestern nacht gesehen haben –«
    »Warum?« fragte sie. »Warum hat er ausgerechnet sie ausgesucht? Ich versteh nicht, wieso das passiert ist.«
    »Wahrscheinlich hatte es mit ihrem Job in diesem Buchladen für Erwachsene zu tun«, bot Rob an.
    Rob kannte den Fall genauso gut wie sie. Er hatte bei einigen Treffen mit Melanie dabei gesessen, hatte mit Kate die Bänder dieser Treffen durchgearbeitet und eine Hilfsgruppe für Melanie vorgeschlagen.
    Bänder.
    »O Gott«, flüsterte Kate und ihre Kräfte verließen sie schlagartig. »Das Band. O mein Gott.«
    Sie krümmte sich, legte den Kopf in die Hände.
    »Welches Band?« fragte Rob.
    Die Schreie vor Schmerz, Angst, Qual und Pein. Die Schreie einer Frau, die sie gekannt hatte, einer Frau, die ihr vertraut hatte und bei ihr Unterstützung und Schutz innerhalb des Justizsystems gesucht hatte.
    »Kate?«
    »Entschuldigt mich«, murmelte sie und erhob sich
    schwankend. »Ich muß mich übergeben.«
    Das Schwindelgefühl ließ sie hin und her taumeln, und sie packte unterwegs jeden soliden Gegenstand, um sich daran festzuhalten. Die Damentoilette schien meilenweit entfernt. Die Gesichter, die ihr unterwegs begegneten, waren verschwommen und verzerrt, die Stimmen gedämpft, verfälscht und undeutlich.
    Eine ihrer Klientinnen war tot. Eine wurde vermißt. Sie war die einzige Verbindung zwischen den beiden.
    Sie kauerte neben der Toilette, hielt sich mit einer Hand das Haar zurück und verlor das bißchen, was sie gegessen hatte. Ihr Magen versuchte nicht nur, das Essen abzustoßen, sondern auch die Bilder und Vorstellungen, die man ihr gerade in Ted Sabins Büro mit Gewalt eingetrichtert hatte, und die Gedanken, die jetzt wie Gift in ihr Gehirn sickerten. Ihre Klientin, ihre Verantwortung. Sie war die einzige Verbindung…
    Als die Krämpfe aufhörten, sank sie auf den Boden der Kabine. Sie fühlte sich schwach und klebrig feucht, ihr war egal, wo sie war, sie spürte die Kälte des Bodens nicht, die durch ihre Hose drang. Das Zittern, das ihren Körper schüttelte, kam nicht von der Kälte, sondern vom Schock und einem schweren schwarzen Gefühl der Vorahnung, das wie eine Gewitterwolke über ihrer Seele aufzog.
    Eine ihrer Klientinnen war tot. Gefoltert, ermordet, verbrannt. Eine wurde vermißt, unter Hinterlassung einer hastig weggewischten Blutspur.
    Sie war die einzige Verbindung zwischen beiden.
    Sie mußte sich logisch verhalten, klar denken. Es war Zufall, ganz sicher. Wie könnte es etwas anderes sein?
    Rob hatte recht. Smokey Joe hatte Melanie wegen ihrer Verbindung zu dem Erwachsenenbuchladen gewählt, der zufällig im selben Stadtteil war, der häufig von Huren wie die ersten beiden Opfer besucht wurde. Und Angie hatte bereits eine Verbindung zu dem Killer gehabt, als man Kate den Fall zuteilte.
    Immer noch schwebte diese schwarze Wolke über ihr, drückte auf sie herunter. Eine seltsame instinktive Reaktion, die sie nicht abschütteln konnte.
    Zuviel Streß. Zu wenig Schlaf. Zuviel Pech. Sie lehnte den Kopf gegen die Wand und versuchte, ihre Gedanken an den Bildern der Tatorte von gestern nacht vorbeizulotsen.
    Tu etwas.
    Diese Direktive hatte sie bis jetzt durch jede Krise gebracht. Sitz nicht einfach rum. Tu was. Handeln konterte Hilflosigkeit, egal was dabei herauskam. Sie mußte sich bewegen, gehen, denken, etwas tun.
    Das erste, was sie tun wollte, war Quinn anrufen, ein instinktiver Drang, dem sie sofort trotzte. Nur weil sie eine Nacht zusammen verbracht hatten, hieß das noch lange nicht, daß sie sich an ihn lehnen konnte. In diesen paar Stunden hatte es keine Garantie für eine Zukunft gegeben.
    Sie wußte nicht einmal, ob sie überhaupt auf eine Zukunft mit ihm hoffen wollte. Sie hatten zuviel Vergangenheit.
    Auf jeden Fall war jetzt nicht der Zeitpunkt, daran zu denken. Jetzt wo sie wußte, daß Angie nicht das Opfer im Wagen gewesen war, gab es noch ein bißchen Hoffnung, daß das Mädchen noch lebte. Es mußte etwas geben, das sie tun konnte, um zu helfen, sie zu finden.
    Sie hievte sich vom Boden hoch, drückte die Spülung und verließ die Kabine. Eine Frau in einem zickigen, rotzgrünen Kostüm stand an einem der Waschbecken und restaurierte ihr bereits perfektes Makeup. Tuben und Tiegel hatte sie auf dem Waschtisch ausgebreitet. Kate schenkte ihr ein schwaches Lächeln und stellte sich zwei Waschbecken weiter, um sich Gesicht und Hände zu waschen.
    Sie formte ihre Hände zu einer Schale

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