Feuermale
war, würde es Sabin wissen.
»Ich möchte, daß Sie für diesen Fall verfügbar bleiben, Kate –«
»Wissen wir –« begann sie und ihr Puls beschleunigte, während sie sich mühte, die Frage zu formulieren, als ob die Antwort davon abhängig wäre. »Das Opfer im Auto – haben Sie gehört, wer es war?«
Rob warf ihr einen bösen Blick zu. »Oh, hat Sie denn keiner Ihrer Polizeikumpel aus dem Leichenschauhaus angerufen?«
»Ich bin sicher, sie sind heute ziemlich beschäftigt.«
»Der Führerschein des Opfers wurde während der Autopsie gefunden.«
Er holte Luft, um die Neuigkeit schnell und hart loszuwerden, dann überlegte er es sich scheinbar anders. Kate spürte, wie ihre Nerven sich bei diesem Zögern verkrampften. »Vielleicht sollten Sie sich setzen, Kate«, sagte er übertrieben rücksichtsvoll.
»Nein.«
Gänsehaut jagte bereits ihren Körper auf und ab. Ihre Finger verkrampften sich in der Stuhllehne. »Warum?«
Rob sah jetzt nicht mehr selbstzufrieden oder wütend aus. Sein Gesichtsausdruck war bedacht nichtssagend.
»Das Opfer war Melanie Hessler. Ihre Klientin.«
KAPITEL 27
»Tut mir leid«, sagte Rob.
Seine Stimme klang weit weg. Kate fühlte, wie alles Blut aus ihrem Kopf strömte. Ihre Beine versagten ihr den Dienst. Sie fiel auf ein Knie, hielt sich aber noch an der Stuhllehne fest und stand genauso schnell wieder auf.
Emotionen wirbelten durch sie wie ein Zyklon – Schock, Entsetzen, Scham, Verwirrung. Sabin kam hinter dem Schreibtisch hervor, um ihren Arm zu nehmen, während Rob dastand und sie anstarrte, plattfüßig und verlegen aus eineinhalb Metern Entfernung.
»Sind Sie in Ordnung?« fragte Sabin.
Kate sank auf einen Stuhl, und dieses eine Mal war es ihr egal, als er seine Hand auf ihr Knie legte. Er kniete sich neben sie, sah sie besorgt an.
»Kate?«
»Ähm – nein«, sagte sie. Ihr war schwindlig, wacklig und übel, und mit einem Mal schien alles etwas unwirklich. »Ich – äh – ich verstehe nicht.«
»Tut mir leid, Kate«, sagte Rob wieder und trat vor. Er sah aus, als wäre ihm gerade der Gedanke gekommen, daß er doch etwas tun sollte, nachdem es zu spät war. »Ich weiß, wie sehr Sie sich als ihre Beschützerin gefühlt haben.«
»Ich habe gerade versucht, sie anzurufen«, sagte Kate mit schwacher Stimme. »Ich hätte sie schon Montag anrufen sollen, aber dann war da auf einmal Angie, und alles ist mir irgendwie entglitten.«
Eine Collage von Bildern von Melanie Hessler schwirrte durch ihren Kopf. Eine normale, fast schüchterne Frau, schmächtig, mit schlechter Heimdauerwelle. Ihre Arbeit in einem Buchladen für Erwachsene war ihr peinlich, aber sie brauchte den Job, bis sie genug zusammengekratzt hatte, um wieder zur Schule gehen zu können. Nach einer Scheidung war sie ohne Bares und ohne Ausbildung zurückgeblieben. Der Überfall vor einigen Monaten hatte sie zerbrechlich zurückgelassen – emotional geschädigt, psychologisch, körperlich. Sie war seither chronisch ängstlich, nervös, wartete darauf, daß ihre Angreifer wiederkamen eine weit verbreitete Angst bei Vergewaltigungsopfern. Nur waren es nicht die Männer, die sie vergewaltigt hatten, die Melanie hätte fürchten müssen.
»O mein Gott«, sagte Kate und legte den Kopf in die Hände.
Sie schloß die Augen und sah die Leiche, verkohlt und grausig, entstellt, verdreht, geschrumpft, stinkend, geschändet, verstümmelt. Kate hatte Melanies Hand gehalten und sie getröstet, während sie ihr die schrecklichen Einzelheiten ihrer Vergewaltigung erzählt hatte, das tiefe Gefühl von Scham und Erniedrigung, das sie empfunden hatte, die Verwirrung, daß ausgerechnet ihr so etwas Schreckliches passiert war.
Melanie Hessler, die solche Angst davor gehabt hatte, man werde ihr wieder wehtun. Gefoltert, brutal geschändet, bis zur Unkenntlichkeit verbrannt.
Und im Hintergrund konnte Kate die Stimme des Geschäftsführers hören: »Ich hab die ganze Woche noch keinen Pieps von ihr gehört.«
Wann hatte das Schwein sie geschnappt? Wie lange
hatte er sie am Leben gehalten? Wie lange hatte sie um den Tod gebettelt und sich die ganze Zeit gefragt, welcher Gott sie so leiden lassen konnte?
»Verflucht.«
Kate ließ den Zorn aufwallen, versuchte, Kraft daraus zu schöpfen. »Verflucht nochmal.«
Robs Stimme drang durch den Irrgarten ihrer Gedanken.
»Kate, Sie wissen, es würde Ihnen helfen, über das zu reden, was Sie jetzt empfinden. Lassen Sie’s raus. Sie kannten Melanie. Sie haben ihr durch so
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