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Feuermale

Feuermale

Titel: Feuermale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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Wäschetrockner aufgefrischt und noch warm angezogen. Sie redete sich ein, es wäre seine Wärme. Ein armseliger Ersatz für seine Umarmung.
    Trotzdem gab es ihr das unbestimmte Gefühl, ihm näher zu sein. Und nach einer Nacht in seinen Armen war dieses Bedürfnis stark.
    Himmel, einen unpassenderen Zeitpunkt für die Wiederentdeckung einer Liebe hätte sie sich gar nicht aussuchen können. Aber wenn man ihre Berufe und ihr Leben betrachtete, was hatten sie da für eine Wahl? Sie waren sich beide nur allzu bewußt, daß das Leben keine Garantien bot. Allzu bewußt, daß sie bereits zuviel Zeit vergeudet hatten, die sie nie zurückholen könnten, und das aus Angst und Stolz und Schmerz.
    Kate stellte sich vor, sie könnte sie beide aus der Höhe einer anderen Dimension betrachten, während diese Zeit verstrichen war. Sie hatte ihre Zeit damit verbracht, sich kurzsichtig auf die Details des Aufbaus eines ›normalen‹
    Lebens für sich zu konzentrieren, mit einem Job und Hobbies und Menschen, mit denen sie gesellschaftlich bei erforderlichen Anlässen oder in den Ferien verkehrte.
    Nichts Tieferes. So tun als ob und sich einreden, daß die Taubheit ihrer Seele ihr nichts ausmachte. Weil es immer noch der Alternative vorzuziehen war. Quinns Zeit, die in den Job, den Job, den Job gegossen wurde. Wie er sich noch mehr Verantwortung aufhalste, um die Leere zu füllen, und unter dieser Last fast zusammenbrach. Wie er sich seinen Kopf mit Fällen und Fakten vollstopfte, bis er sich nicht mehr erinnern konnte, was echt war. Wie er den Brunnen seiner Kraft ausschöpfte, der einst fast unerschöpflich schien. Wie er das Vertrauen in seine Fähigkeiten und sein Urteilsvermögen so abgewetzt hatte, daß es genau so dünn wie seine Magenwände war.
    Wie sie sich beide das einzige versagten, was sie nach allem, was passiert war, zu ihrer Heilung gebraucht hätten: einander.
    Traurig, was Leute sich selbst antun und sich gegenseitig, dachte Kate. Ihr Blick überflog die Seiten der Opferkunde, die sie auf dem Couchtisch ausgebreitet hatte. Vier weitere Leben verpfuscht und ruiniert, bevor ihnen der Feuerbestatter überhaupt begegnet war. Mit Angie fünf. Ruiniert, weil sie Liebe brauchten und nichts fanden, außer einer verdrehten billigen Kopie. Weil sie Dinge außerhalb ihrer Reichweite ersehnten. Weil es einfacher schien, sich mit weniger zufrieden zu geben, als für mehr zu arbeiten. Weil sie glaubten, sie hätten nichts Besseres verdient. Weil die Menschen in ihrer Umgebung, die es verdient hätten, auch nicht daran glaubten, daß sie etwas Besseres verdient hätten. Weil sie Frauen waren, und Frauen sind automatisch Ziele in der amerikanischen Gesellschaft.
    All diese Gründe machen ein Opfer.
    Jeder war ein Opfer von irgend etwas. Die Menschen unterschieden sich nur in dem, was sie dagegen unternahmen – sich fügen oder sich darüber erheben und sich weiter bewegen. Die Frauen, deren Fotos vor ihr lagen, würden diese Wahl nie wieder haben.
    Kate beugte sich über den Couchtisch und überflog die Berichte. Sie hatte im Büro angerufen und gesagt, sie bräuchte ein wenig Zeit für sich. Man sagte ihr, Rob wäre auch nicht da, und die Bürogerüchteküche ging davon aus, sie hätten sich gegenseitig verprügelt und wollten nicht, daß jemand die blauen Flecken sah. Kate sagte, es wäre wahrscheinlicher, daß Rob noch an der schriftlichen Beschwerde für ihre Personalakte arbeitete.
    Endlich war sie ihn einen Tag lang los. Das wäre schön gewesen, wenn das nicht die Fotos verbrannter und verstümmelter Frauen wären, die sie ansehen mußte, und nicht all die Emotionen und deprimierenden Realitäten, die diese Fotos heraufbeschworen.
    Jeder war das Opfer von irgend etwas.
    Diese Gruppe präsentierte eine deprimierende Inventur.
    Prostitution, Drogen, Alkohol, Tätlicher Angriff, Vergewaltigung, Inzest – wenn das, was man Kovác über Jillian Bondurant erzählt hatte, stimmte. Opfer von Verbrechen, Opfer ihrer Erziehung.
    Aus der Ferne betrachtet hätte Jillian Bondurant die Anomalie sein müssen, weil sie keine Prostituierte war und auch nicht in einem mit Sex verbundenen Beruf arbeitete. Wenn man sie jedoch vom Standpunkt ihres psychologischen Profils betrachtete, war sie gar nicht so weit entfernt von Lila White oder Fawn Pierce. Verwirrte und gegensätzliche Gefühle über Sex und über Männer.
    Niedere Selbstachtung. Emotional bedürftig. Nach außen hin hatte sie scheinbar kein so hartes Leben wie eine Straßenhure

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