Feuermale
Quinn, kam ein bißchen näher und bot ihm seine Hand. »Wir werden uns hinsetzen, und dann kannst du mir die ganze Geschichte erzählen. Das ist es doch, was du willst, nicht wahr?«
Er war sich des Surrens der Kamera bewußt, mit dem der Fotograf ein Bild nach dem anderen schoß. Die Videokameras liefen ebenfalls, einige übertrugen live in ihre Sender. Alle zeichneten die Agonie dieses Mannes für ihr Publikum auf.
»Du kannst mir vertrauen, Peter. Ich hab dich von Tag eins an nach der Wahrheit gefragt. Mehr will ich nicht: die Wahrheit. Du kannst sie mir geben.«
»Ich hab sie umgebracht. Ich hab sie umgebracht«, murmelte er immer und immer wieder, und Tränen
strömten ihm übers Gesicht.
Die Hand mit der Pistole zitterte heftig. Noch ein paar Minuten, dann würden ihn seine eigenen brennenden Muskeln dazu zwingen, sie zu senken. Wenn er sich nicht vorher den Kopf wegschoß.
»Du hast nach mir geschickt, Peter«, sagte Quinn. »Du hast aus einem bestimmten Grund nach mir geschickt. Du willst mir die Wahrheit geben.«
»Oh, mein Gott. Oh, mein Gott!«
Bondurant schluchzte. Der Kampf in seinem Inneren war ungeheuer, mächtig, zerriß ihn in Stücke. Jetzt zitterte sein gesamter rechter Arm. Er spannte den Hahn.
»Peter, nein!« befahl Quinn und warf sich auf ihn.
Die Pistole explodierte. Gebrüll und Schreie hallten mit dem Schuß. Den Bruchteil einer Sekunde zu spät packte Quinn Bondurants Handgelenk und drückte es nach oben.
Ein weiterer Schuß dröhnte. Kovác rannte von hinten auf Peter zu, dicht gefolgt von den Uniformen, und zog ihm die Pistole aus der Hand.
Bondurant brach schluchzend gegen Quinn zusammen, schluchzend, blutend, aber lebend. Quinn legte ihn behutsam auf die Marmortreppe. Der erste Schuß war schräg über seiner Schläfe losgegangen und hatte eine sechs Zentimeter lange Furche von Fleisch und Haaren herausgepflügt, auf dem Weg zum ersten Stock des Gebäudes. Pulverreste schwärzten die Haut. Er ließ den Kopf zwischen die Knie fallen und kotzte.
Der Geräuschpegel in der Halle war ohrenbetäubend.
Fotografen rannten nach vorne, um einen besseren Schußwinkel zu erhaschen. Edwyn drängte sich an zweien vorbei, um zu seinem Boß zu kommen.
»Sag nichts, Peter.«
Kovác warf dem Anwalt einen angewiderten Blick zu.
»Wissen Sie, ich glaube, dafür ist es ein bißchen zu spät.«
Ted Sabin übernahm das Podium und rief die Versammlung zur Ordnung. Die Bürgermeisterin weinte. Dick Greer keifte seine Captains an. Die Polizisten verrichteten ihre Arbeit, übernahmen die Pistole, räumten den Weg frei für die Sanitäter.
Quinn kauerte neben Peter, die Hand immer noch am Handgelenk des Mannes, und spürte wie sein Puls außer Kontrolle raste. Quinns eigenes Herz pochte heftig. Ein Bruchteil eines Zentimeters, eine ruhigere Hand, und Peter Bondurant hätte sich vor dem halben Land den Kopf weggeschossen. Ein Ereignis, das man in den allabendlichen Nachrichten senden konnte, mit der Warnung:
»Achtung – was Sie jetzt sehen werden, könnte Sie beunruhigen…«
»Sie haben das Recht zu schweigen, Peter«, begann er leise. »Alles, was Sie sagen, kann und wird vor Gericht gegen Sie verwendet werden.«
»Müssen Sie das jetzt machen«, flüsterte Noble ihm hektisch zu. »Die Presse schaut zu.«
»Sie hat auch zugeschaut, als er mit einer geladenen Waffe auf die Bühne kam«, sagte Quinn und zerrte an der Tasche, in der Peter die Waffe hereingeschmuggelt hatte.
Bondurant, der hemmungslos schluchzte, versuchte, sie einen Augenblick lang festzuhalten, dann ließ er los. Sein Körper klappte zu einem knochigen Haufen zusammen.
»Ich glaube, die Leute haben schon zu viele Regeln schleifen lassen, was Peter angeht.«
Er reichte Vince Walsh die Tasche. »Sie ist schwer. Er könnte noch mehr Waffen drin haben.«
»Sie haben das Recht auf Anwesenheit eines Anwalts bei der Vernehmung«, fuhr Kovác fort und zog die
Handschellen heraus.
»Großer Gott!« ertönte ein heiserer Schrei. Quinn hob den Kopf und sah, wie Walsh die Tasche fallen ließ und sich seitlich an den Hals faßte; sein Gesicht war violett.
Die Sanitäter sagten später, er wäre tot gewesen, bevor er auf dem Boden aufschlug… direkt neben der Tasche mit Jillian Bondurants abgeschlagenem Kopf.
KAPITEL 35
Kate trat von Angie zurück und versuchte nicht, zu dechiffrieren, was das Mädchen gesagt hatte. Sie atmete schwer, und sie hatte sich bei ihrem Sturz den Ellbogen am Kaffeetisch angeschlagen. Sie rieb ihn
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