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Feuermale

Feuermale

Titel: Feuermale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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was sie gesehen hatte, ein unvorstellbarer Schock gewesen sein.
    Dieser Streß und der Streß, den sie auf dem Polizeirevier durchgemacht hatte, gepaart mit Erschöpfung, würden schließlich ihren Preis fordern.
    Und ich möchte da sein, wenn das arme Kind zusammenbricht, dachte sie, auch wenn ihr dieser Aspekt ihrer Arbeit nie Freude machte. Das System sollte eigentlich die Opfer unterstützen, aber dabei wurden sie oft erneut zu Opfern gemacht. Und der Betreuer hing in der Mitte – ein Angestellter des Systems, angeblich dazu da, den Bürger zu beschützen, der in den Schlund des Rechtssystems gezogen wurde.
    Die Kellnerin kam mit ihren Drinks zurück. Kate bestellte Cheeseburger und Fritten für sie beide und gab die Speisekarten zurück.
    »Ich… ich hab nicht gewußt, was er da trägt«, flüsterte Angie, als die Kellnerin wieder außer Hörweite war. »Ich hab nur gedacht, jemand kommt, und ich muß mich verstecken.«
    Wie ein Tier, das nur allzu gut wußte, daß nachts die Raubtiere auf der Pirsch waren.
    »Ein Park bei Nacht ist wohl beängstigend«, sagte Kate leise und ließ ihr Weinglas am Stiel kreisen. »Bei Tag geht jeder gern hin. Wir finden es so schön, so nett, raus aus der Stadt zu kommen. Dann kommt die Nacht, und plötzlich ist es wie im Wald des Bösen aus The Wizard of  Oz. Keiner will mitten in der Nacht dort sein. Also, was hattest du dort zu suchen, Angie?«
    »Ich hab’s Ihnen doch gesagt. Ich wollte nur abkürzen.«
    »Von wo nach wo wolltest du denn um diese Zeit abkürzen?«
    Sie versuchte, ganz beiläufig zu klingen.
    Angie kauerte sich über ihre Cola mit Rum und nahm einen langen Zug durch den Strohhalm. Angespannt.
    Zwang die Wut wieder an die Oberfläche, um die Angst zu ersetzen.
    »Angie, ich bin schon viel rumgekommen. Ich hab Dinge gesehen, die nicht einmal du glauben würdest«, sagte Kate. »Nichts, was du mir erzählst, könnte mich schockieren.«
    Das Mädchen ließ einen humorlosen Lacher los und sah zu dem Fernseher, der über einem Ende der Bar hing. Der hiesige Nachrichtensprecher, Paul Magers, sah sehr ernst und attraktiv aus, während er die Story von einem Irren erzählte, der im Regierungszentrum Amok gelaufen war.
    Ein Polizeifoto wurde eingeblendet, dann folgte ein Bericht über die kürzliche Auflösung der Ehe des Mannes und, daß seine Frau vor einer Woche die Kinder genommen und Unterschlupf in einem Frauenhaus gesucht hatte.
    Auslösende Streßfaktoren, dachte Kate.
    »Keinen interessiert es, ob du das Gesetz gebrochen hast, Angie. Mord sticht alles andere aus – Einbruch, Prostitution. Eichhörnchen wildern – was ich persönlich als Dienst an der Gemeinde betrachte«, sagte sie. »Ich hatte letzten Monat eins in meinem Speicher. Schädlinge.
    Das sind nur Ratten mit buschigem Schwanz.«
    Keine Reaktion. Kein Lächeln. Keine übertriebene
    Teenagerempörung über ihre Gefühllosigkeit gegenüber tierischem Leben.
    »Ich versuche nicht, dich hier unter Druck zu setzen, Angie. Ich sage dir als deine Betreuerin: Je eher du mit allem, was gestern nacht passiert ist, rausrückst, desto besser ist es für alle Beteiligten – einschließlich dir selbst.
    Der Bezirksstaatsanwalt hat wegen dieses Falles Knoten in den Unterhosen. Er will, daß Sergeant Kovác dich als Verdächtige behandelt.«
    Die Augen des Mädchens wurden rund vor Angst.
    »Scheiß auf ihn! Ich hab gar nichts getan!«
    »Kovác glaubt dir, das ist der Grund, warum du jetzt nicht in einer Zelle hockst. Das und die Tatsache, daß ich es nicht zulassen würde. Aber diese Scheiße ist todernst, Angie. Der Killer ist Staatsfeind Nummer Eins und du bist der einzige Mensch, der ihn gesehen und das überlebt hat.
    Das ist ein Schleudersitz.«
    Das Mädchen stemmte die Ellbogen auf den Tisch, ließ ihr Gesicht in die Hände fallen und murmelte zwischen ihren Fingern. »Mein Gott, was für eine Scheiße!«
    »Du hast es erkannt, Süße«, sagte Kate leise. »Aber so sieht es aus, schlicht und einfach. Dieser Irre wird weitermorden, bis ihn jemand aufhält. Vielleicht kannst du helfen, ihn zu stoppen.«
    Sie wartete. Hielt den Atem an. Versuchte allein mit ihrem Willen, dieses Mädchen über diesen Punkt zu schubsen. Sie konnte durch das Gitter von Angies Fingern sehen, wie ihr Gesicht sich rot verfärbte von der Anstrengung, ihre Emotionen für sich zu behalten. Sie sah die Spannung in den schmalen Schultern, spürte die Erwartung, die die Luft um sie herum verdichtete.
    Aber nichts an dieser Sache

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