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Feuermale

Feuermale

Titel: Feuermale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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bereit loszurocken«, sagte Liska und zog eine Reisepackung Wicks Vaporub aus der Tasche ihres Blazers. Sie hielt ihre Nase über den Rand und atmete tief ein.
    »Gott, dieser Geruch!« flüsterte sie, als sie sich umdrehte und mit ihm zurück zum Tisch ging. »Ich hab schon Wasserleichen gehabt, Besoffene im Müllcontainer. Ich hatte einmal einen Typen, den man übers Wochenende vom 4. Juli in einem Kofferraum gelassen hatte. Aber sowas hab ich noch nie gerochen.«
    Der Gestank war eine Entität, eine Präsenz. Es war eine unsichtbare Faust, die sich allen Anwesenden in den Mund zwängte, über ihre Zungen rollte und sich in ihren Kehlen verfing. Der Raum war kalt, aber nicht einmal der stete Strom sauberer, eisiger Luft aus dem Belüftungssystem oder das klebrige Parfüm der chemischen Luftverbesserer konnten den Geruch von gebratenem menschlichen Fleisch und Organen töten.
    »Es geht doch nichts über Toasties«, sagte Kovác.
    Liska hielt bedrohlich einen Zeigefinger auf ihn und kniff die Augen zusammen. »Keine Witze über Organe, sonst kotz ich dir auf die Schuhe.«
    »Schwächling.«
    »Und dafür, daß du mich so genannt hast, werde ich dir später in den Hintern treten.«
    Es standen drei Tische im Raum, die an den Enden waren belegt. Sie gingen an dem einen vorbei, als ein Assistent vorsichtig einen Plastikbeutel voller Organe in der Bauchhöhle eines Mannes mit dicken gelben Zehennägeln plazierte. Über jedem Tisch hing eine Waage, wie die, mit denen man Trauben und Paprika im Supermarkt wiegt. Diese dienten dazu, Herzen und Gehirne zu wiegen.
    »Wollten Sie, daß ich mit der Party ohne Sie anfange?« fragte die Pathologin mit hochgezogener Augenbraue.
    Für das Personal des Hennepin County Medical Center hatte Amanda Stone einen ziemlichen Sprung in der Schüssel. Sie verdächtigte jeden jeder Untat, fuhr eine Harley Hog bei gutem Wetter, und es war bekannt, daß sie auch schon Waffen getragen hatte. Aber wenn es um ihren Job ging, war sie die Beste.
    Leute, die sie in ihren zahmeren Jahren gekannt hatten, behaupteten, ihr Haar wäre von Natur aus mausbraun. Sam hatte noch nie ein gutes Gedächtnis für solche Einzelheiten gehabt – einer der vielen Gründe, wieso er zwei Exfrauen hatte. Er bemerkte aber, daß Dr. Stone jenseits der vierzig kürzlich von feuerrot auf platinblond umgestellt hatte. Ihr Haar war kurz geschoren, und ihre Frisur sah aus, als wäre sie gerade aus dem Bett gerollt und hätte sich böse erschreckt.
    Sie starrte ihn an, während sie das kleine Mikrofon an den Kragen ihres Kittels klippte. Ihre Augen schimmerten unheimlich, durchsichtig grün.
    »Fang mir diesen Dreckskerl«, befahl sie und deutete mit einem Skalpell auf ihn, mit bedrohlichem Unterton, als wolle sie sagen, wenn du ihn nicht kriegst, hol ich ihn mir.
    Dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit der verkohlten Leiche auf dem Stahltisch zu, zusammengerollt wie eine Gottesanbeterin. Tiefe Ruhe erfaßte sie.
    »Okay, Lars, versuchen wir, ob wir sie ein bißchen geradeziehen können.«
    Sie ging zu einem Ende des Tisches und ergriff die Leiche fest, aber behutsam, während ihr Assistent, ein muskelbepackter Schwede, die Knöchel packte. Sie begannen langsam zu ziehen, was ein Geräusch wie
    brechende gebratene Hühnerflügel erzeugte.
    Liska wandte sich mit der Hand über dem Mund ab. Kovác hielt die Stellung. Auf der anderen Seite des Tisches stand Quinn mit steinerner Miene, den Blick auf die Leiche gerichtet, die erst noch ihre Geheimnisse freigeben mußte. Hamill, einer der beiden Agenten vom BCA, der der Soko zugeteilt worden war, drehte die Augen zur Decke. Er war ein kleiner, ordentlicher Mann mit dem drahtigen Körper eines Läufers und einem Haaransatz, der sich rasch von seiner hochgewölbten Stirn entfernte.
    Stone trat vom Tisch zurück und nahm eine Tafel.
    »Dr. Amanda Stone«, sagte sie leise für das Tonband, obwohl es schien, als spräche sie die Tote an. »Fall Nummer 11-7820. Non nominata. Kaukasisch, weiblich.
    Der Kopf wurde vom Körper getrennt und ist im Augenblick nicht greifbar. Der Körper mißt 154 Zentimeter und wiegt 123 Pfund.«
    Die Maße und das Gewicht hatte man bereits früher festgestellt. Eine gründliche Reihe von Röntgenaufnahmen und Fotos war angelegt worden, und Stone hatte den Leichnam sorgsam mit einem Laser abgetastet, um Spuren zu erleuchten und zu sammeln. Sie überprüfte jetzt visuell jeden Zentimeter der Leiche, beschrieb detailliert alles, was sie sah, jede Wunde, jedes

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