Feuermohn
Angst, dieser Wunsch könnte ein Luftschloss sein. Sie spürte wohlig den kitzelnden Atem an ihrem Hals, behielt die Augen geschlossen, umfasste die sie haltenden Hände und tanzte weiter. Heute war alles egal.
Sie spürte, wie sich kühle Lippen leicht auf ihre Haut legten, genoss das Prickeln in ihrem Bauch, doch umdrehen wollte sie sich immer noch nicht. Als das Lied vorbei war, atmete sie einmal tief, bemerkte, wie sich die Arme an ihrer Hüfte lösten und drehte sich langsam um. Ihr Herz machte einen freudigen Satz. Aaron. Er war es tatsächlich.
Er beugte sich zu ihr, seine Stimme klang schmeichelnd. „Ich würde mich freuen, wenn du mir auch den nächsten Tanz widmest.“
Leicht verlegen strich sie sich eine Strähne aus dem Gesicht, lächelte, als er sich galant verbeugte. Sie ergriff seine Hand, ließ sich von ihm in den Arm ziehen und mit Leichtigkeit zur Musik führen.
Das war gut! Das war verdammt gut! Sie hatte lange nicht mehr mit all ihren Sinnen getanzt, genoss seine Hände auf ihren Hüften, seinen Atem an ihrem Ohr. Für den Moment gab es für sie nichts Himmlischeres, als in seinen Armen zu liegen und sich dabei der Musik hinzugeben. Ihre Wangen hatten sich gerötet, ihre Augen strahlten, sie fühlte sich gut, leicht und beschwingt. Wohlig spürte sie den sanften Druck seiner warmen Hände auf ihrem Rücken.
Wie sich diese Hände wohl bei einem innigen Liebesspiel anfühlen? Wenn sie damit beschäftigt sind, zärtlich jeden Zentimeter meines Körpers zu erforschen? Meinen Hals, meine Schultern, meine …
Sie errötete, wagte es nicht, weiterzudenken.
Anna verlor jedes Zeitgefühl. Ein elementares, wildes Verlangen bemächtigte sich ihrer.
Die Band war nun dazu übergegangen, langsamere Stücke zu spielen. Aaron zog sie enger an sich. Sie konnte das Spiel seiner Muskeln unter dem Stoff seines Hemdes ebenso spüren wie seinen Atem nah an ihrem Ohr. Wie gebannt hob sie ihr Gesicht zu ihm empor, ersehnte seine Lippen, heiße Küsse, flüsternde Worte.
„Ein Kuss kann ein wunderbarer, sehr schöner Einstieg für mehr sein“, hörte sie seine schmeichelnde Stimme. „Er sorgt für Kribbeln, für köstliches Prickeln, kann Lust und Leidenschaft aufeinander steigern.“ Er lächelte jungenhaft charmant. „Noch köstlicher jedoch ist der kurze Moment davor, und genau diesen möchte ich jetzt nicht zerstören.“
Eine kalte Hand griff nach ihrem Herz, als er sich bei diesen Worten unmerklich zurückzog.
Aaron spürte ihre Enttäuschung, ihre Sehnsucht. Empfand mehr und mehr Spaß dabei, sie mit dem berühmten Spiel aus Nähe und Distanz auf Spannung zu halten. Er lachte leise.
Anna senkte ihren Blick, ärgerte sich über sein Lachen und begann sich ungeduldig aus seinen Armen zu lösen.
„Du willst nicht mehr tanzen?“ Er unterdrückte ein amüsiertes Grinsen, zuckte die Schultern. „Okay, es wird sich sicherlich die eine oder andere Dame finden, die nur zu gerne für dich einspringen wird.“ Ein neckendes Zwinkern, ein Zeigefinger, der kurz ihre Nasenspitze anstupste, und schon war er verschwunden.
Ärger glomm in Anna auf. Ärger über ihn. Über diesen ganzen verflixten Abend. Aber auch über sich selbst.
Der Abend war für sie gelaufen, Schwindel suchte sie heim, ihr war heiß. Sie beschloss, sich in ihrem Zimmer ein wenig auszuruhen. Die Dunkelheit, die sie dort empfing, war ihr mehr als angenehm. Sie brauchte kein Licht, öffnete die Balkontür und bückte sich, um ihre Schuhe abzustreifen. Mit Erstaunen bemerkte sie, dass sie keine mehr trug. Wo hatte sie die bloß verloren? Egal. Jetzt würde sie sich nicht mehr auf die Suche machen.
Sie zog sich aus, stellte sich nackt auf den Balkon und genoss die erfrischende Nachtluft, die sanft wie ein Flügelschlag über ihren erhitzten Körper strich. Eine Sommernacht zum Träumen, zum Sehnen und sich treiben lassen. Es war lange her, seit Anna zum letzten Mal diesen inneren Rausch, diese herrliche Leichtigkeit und die Gier verspürt hatte. Damals war sie süße 16 gewesen, das Interesse am anderen Geschlecht hatte ihren erblühten Körper zu heißen Träumen getrieben. So wie heute.
Anna seufzte leise.
Eine Wolke schob sich über den schimmernden Mond. Sie gab ihm etwas Mystisches, Geheimnisvolles. Annas Blick folgte ihrem Lauf, bis sie hinter den weitläufigen Ästen einer Linde verschwunden war. Sie beobachtete den Mond, der nur als Sichel zu erkennen war, die Umgebung aber dennoch mit seinem Licht erhellte. Eine kühle Brise kam
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