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Feuermohn

Feuermohn

Titel: Feuermohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Martini
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Wasserschale, die Yvette ihr entgegenhielt, und trocknete sie mit dem bereit gehaltenen, angenehm vorgewärmten Leinentuch ab.
    „Schon wieder“, erwiderte Yvette mit einem Nicken. „Und das jeden Morgen.“ Mit einem Lächeln verließ sie den Raum.
    Anna döste noch einen Augenblick. Als sich der Schmerz in ihrem Kopf zu verflüchtigen begann, ihre Lebensgeister zurückkehrten, probierte sie von den hauchdünnen Kokosplätzchen, blickte aus dem Fenster, tauchte ein noch warmes Stück Weißbrot in cremigen Honig. Die zarten Gardinen bauschten sich leicht vor dem geöffneten Fenster. Eine Amsel saß auf dem Fenstersims, flatterte wieder davon.
    Anna bewunderte die feine Stickerei der Gardinen, griff zu gesüßten Mandeln. Sie konnte nicht verhindern, dass ihre Gedanken ausschließlich um Aaron kreisten. Um ihn, der sämtliche Schleusen ihrer Lust geöffnet, ihre Fassade durchbrochen hatte und in ihr Innerstes vorgedrungen war. Die Erinnerung an die Momente mit ihm gaben ihr ein Gefühl, als würde sie tanzen – lockerleicht durch ein Meer aus Sternschnuppen. Sie ersehnte nichts so sehr, als sich ihm erneut hinzugeben, in seinen Händen zu sein. im Tal der Sünden, um diesen berauschenden Taumel wieder und wieder zu spüren. Ihr Herz überschlug sich vor Aufregung, als sie daran dachte, dass sie ihn bald wiedersehen würde.
    Die Erinnerung an Kassandras Worte trübte ihre Vorfreude. Schnell schob sie diese Gedanken weit von sich, wollte sie nicht nähren, sich den Genuss nicht vergällen. Sie wusste, dass das, was sie hier erleben durfte, nicht für die Ewigkeit war, dass es einmal zu Ende sein würde. Hatte es von Anfang an gewusst und sich dennoch darauf eingelassen. Sie konnte also niemandem einen Vorwurf machen. Aber darüber wollte sie nicht nachdenken! Genießen, sie wollte die verbleibende Zeit ohne Gedanken an das Morgen oder Übermorgen einfach genießen. Nur der Moment zählte! Der Moment, angefüllt mit Vorfreude auf ihn … Aaron.
    Die Begegnung mit ihm hatte ihrem Leben eine Wendung gegeben, bei der alle Konturen verschwammen. Köstlich … geheimnisvoll … bittersüß. Sie liebte dieses neue Leben, wollte tanzen, singen, weinen. Sie war glücklich wie nie zuvor, wollte nie wieder zurück. Nicht einmal daran denken, dass sie irgendwann zurück musste.
    Wie schaffte er es bloß, sie allein mit einem Blick in die Knie zu zwingen? Sie zum Zittern zu bringen durch den Hauch seines Atems? So wahnsinnig werdend, dass sie am Ende in den Sessel zurückfiel, weil ihr schwarz vor Augen wurde, da sie ihn für die nächsten Stunden nicht mehr sehen durfte, wo er doch die letzten Stunden so präsent war. War das schon Raserei? Sie wollte nichts anderes als in seinen Armen liegen, eingehüllt in seinen Mantel – mit dem Wunsch, dass er sie bis in alle Ewigkeit so halten würde. Sie wünschte sich seinen Atem an ihrem Hals, bevor die Härte seiner Hand sie in die Knie zwang. Wollte seine Hände auf ihrer nackten Haut spüren, bevor der Morgen erwachte.
    Anna seufzte, konnte es nicht erwarten, ihn zu sehen, wünschte, er würde sie jetzt von diesen Qualen erlösen.
    Es klopfte an der Tür. Das musste Yvette sein. Anna richtete sich auf.
    Doch es war Kassandra, die kurz zu ihr reinschaute. „Wie geht es dir? Du warst gestern plötzlich hundemüde. Ich habe dich ins Bett gebracht und dafür gesorgt, dass jemand das Geschirr abholt. Ich hoffe, das war okay?!“
    „Ja, danke.“
    „Prima. Wir sehen uns später.“ Und schon war sie verschwunden.
    Und plötzlich waren sie wieder da, die giftigen Stachel der Erinnerung. Sie bohrten sich unbarmherzig, schmerzhaft und unausweichlich in Annas Herz.
    *** Yvette hielt ihr einen frischen Bademantel hin. Anna ließ sich einhüllen, nahm die Seidenpantöffelchen entgegen, schlüpfte hinein.
    Derselbe Ablauf im Badehaus. Wieder wurde sie rasiert. Diesmal aber nicht gezupft. Sie war erleichtert. Parfümiertes Wasser, das sie mit herrlichem Aroma umhüllte, kundige Hände, die sie mit duftendem Öl verwöhnten und Amanda, die ihre sinnlichen Übungen vertiefte.
    Wie am Vortag erwartete Aaron sie auch heute am späten Nachmittag. Bis dahin hatte sie noch genug Zeit, den Garten zu genießen und ihre Schreibschule bei Joe fortzusetzen.
    In einem dunkelgrünen, duftigen Rock und einer ärmellosen Carmen-Bluse im selben Farbton lief sie kurze Zeit später in den Garten. Anna liebte die Farbe grün. In allen Schattierungen. Sie war froh, in dem Berg an Kleidung und Wäsche einige

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