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Feuernacht

Feuernacht

Titel: Feuernacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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handelte sich um einen Blog-Eintrag über eine Meldung, die auf den ersten Blick überhaupt nichts mit dem tragischen Unfall zu tun hatte. Der Blogger schrieb in einer kurzen Selbstbeschreibung, er sei ein
selbsternannter Spezialist für alles Übersinnliche
. Die Meldung, über die er sich ausließ, war sehr kurz und berichtete von der ersten Geisteraustreibung der Isländischen Nationalkirche seit über hundert Jahren. Die kleine Meldung war damals völlig an Dóra vorbeigegangen, wahrscheinlich weil sie, so wie die Berichte über den Brand, in der Unmenge von Nachrichten über den Zusammenbruch der Banken untergegangen war. Allerdings war sie auch nur auf einer Seite im Internet erschienen. Der Blog-Eintrag war wesentlich detaillierter als die Meldung und wurde von der Suchmaschine angezeigt, weil der Vesturlandsvegur und das Datum aus der SMS darin erwähnt wurden. Der Blogger schrieb, er wüsste, dass die Geisteraustreibung mit dem besagten Unfall zusammenhing, und behauptete sogar, selbst hinzugezogen worden zu sein. Er hätte deutlich gespürt, dass das Haus von einem Geist besessen gewesen sei. Das tote Mädchen sei auf dem Weg zu dem besagten Haus gewesen, um auf einen kleinen Jungen aufzupassen, als sie überfahren worden sei; ihr Tod sei nie aufgeklärt worden, und deshalb irre ihre Seele zwischen dem Diesseits und dem Jenseits umher. Das Mädchen könne das Hier und Jetzt nicht verlassen, solange ihr Tod nicht aufgeklärt würde. Dóra verstand nur die Hälfte des Eintrags, in dem es um Schwingungen und esoterische Themen ging. Die Bewohner des Hauses wurden namentlich genannt: Berglind und Haraldur. Selbst über die Vornamen war es ein Leichtes, sie in Mosfellsbær ausfindig zu machen. Dóra überlegte einen Moment. Sie wollte unbedingt wissen, was diese Tragödie mit Jakobs Fall zu tun hatte, aber es war kein sehr angenehmer Gedanke, die Eltern des verunglückten Mädchens zu kontaktieren, auch wenn der Unfall schon drei Jahre her war. Ohne lange nachzudenken, suchte Dóra die Nummer heraus und rief an.
    Das Gespräch war viel leichter, als sie zu hoffen gewagt hatte. Berglind stellte noch nicht mal Fragen, als Dóra behutsam ihr Anliegen vorbrachte. An der dumpfen Stimme und den mechanischen Antworten der Frau konnte man hören, dass sie eine schwere Zeit durchgemacht hatte. Als Dóra vorsichtig fragte, ob sie sich treffen könnten, lautete die knappe Antwort: »Ja, komm einfach vorbei, mein Mann ist auf der Arbeit, und ich habe nichts Besonderes vor.«
     
    »Sieht nicht nach einem Geisterhaus aus.« Dóra lehnte sich vor und spähte durch die Windschutzscheibe. Das kastenförmige, zweistöckige Betonhaus war ziemlich unauffällig, und das Dach und die Fensterrahmen hätten einen neuen Anstrich gebrauchen können. Die Eingangstür war behelfsmäßig angebracht worden, und der Vorgarten war, anders als bei den anderen Häusern in der Straße, noch nicht bepflanzt. Obwohl das Haus billiger als die Nachbarhäuser wirkte und in einem schlechteren Zustand war, hob es sich nicht sonderlich vom Straßenbild ab. Es sah eher so als, als würden die Risse im Beton, der Anstrich und die neue Haustür bald in Angriff genommen. Eine Lichterkette, die nicht eingeschaltet war, führte an der Dachkante entlang und erinnerte an das zurückliegende Weihnachtsfest.
    »Wie stellst du dir denn ein Geisterhaus vor?«, fragte Matthias, während er einen Parkplatz suchte. Die beiden Plätze in der Einfahrt waren leer, aber er wollte sie nicht benutzen, da der Hausherr jeden Moment nach Hause kommen konnte. Matthias hatte großen Respekt vor solchen Dingen. »Hast du ein amerikanisches Holzhaus mit hohen Giebeln und zerbrochenen Fensterscheiben erwartet? Vielleicht noch eine Fledermaus, die kopfüber vom Dach hängt?« Matthias fuhr halb auf den Bürgersteig vor dem Haus.
    »Vielleicht nicht direkt, aber so was Normales habe ich jedenfalls nicht erwartet.« Dóra stieg aus, und der Neuschnee knirschte unter ihren Füßen. »Furchtbar kalt heute.« Sie wartete auf Matthias, der den Wagen abschloss, atmete die frische Winterluft tief ein und nahm einen fauligen, unangenehmen Geruch war, den sie sich nicht erklären konnte. »Igitt.« Ein metallischer Geschmack legte sich auf ihre Zunge und wurde mit jedem Atemzug stärker. Plötzlich durchfuhr sie ein Schauer, und sie blickte wieder zum Haus, das auf einmal gar nicht mehr so harmlos wirkte. Der düstere Garten wirkte überhaupt nicht einladend, und das Haus schien längere und

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