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Feuernacht

Feuernacht

Titel: Feuernacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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meinte sogar, einen vagen Putzmittelgeruch wahrzunehmen. Am liebsten wäre sie aufgestanden und hätte sich die gerahmten Fotos an der Wand angeschaut, aber sie traute sich nicht, da Berglind jeden Moment zurückkommen konnte.
    »Entschuldigt bitte, ich musste noch Papier und Malstifte raussuchen, er wollte den Film nicht zu Ende schauen.« Berglind nahm gegenüber von Dóra Platz und lächelte verlegen. »Möchtet ihr vielleicht einen Kaffee?«
    Dóra und Matthias lehnten dankend ab. »Du brauchst dir wegen uns wirklich keine Umstände zu machen, du hast ja schon genug Stress.« Dóra schaute Richtung Treppe. »Hat dein Sohn was davon mitbekommen?« Sie wusste nicht, wie ernst man den Eintrag des Bloggers nehmen konnte, und wollte gerne hören, was die Frau dazu zu sagen hatte.
    »Ja, sehr viel. Wir sind beide sehr sensibel, meinem Mann fällt es leichter, das alles zu verdrängen.« Sie runzelte die Stirn. »Ihr glaubt mir bestimmt nicht, ich kenne diesen gewissen Gesichtsausdruck der Leute.«
    Nervös versuchte Dóra einzulenken. »Das ist wirklich nicht meine Absicht, ich weiß so gut wie gar nichts über Geister und habe eigentlich keine Meinung dazu. Wir sind, wie gesagt, aus einem ganz anderen Grund hier: wegen einem Fall, der auf merkwürdige Weise mit dem Unfall auf dem Vesturlandsvegur verknüpft ist. Ich hoffe, dass sich diese Verbindung aufklärt, wenn ich mit dir rede.«
    Die Frau entspannte sich ein wenig. »Verstehe. Man wird nur mit der Zeit so empfindlich. Alle, die ich kenne, können das Thema schon nicht mehr hören, auch wenn sie anfangs Verständnis dafür hatten.« Sie straffte ihren Rücken. »Aber so ist das nun mal. Manche Leute stehen auch voll hinter uns, unsere Nachbarn haben uns beispielsweise sehr geholfen, und auch mein Chef, während andere schon gar nicht mehr mit uns reden.«
    »Darf ich fragen, wie sich dieser Spuk bemerkbar macht?«, fragte Matthias neugierig. »Ich habe noch nie jemanden getroffen, dem so was passiert ist.«
    Berglind lächelte und entblößte ihre großen, weißen Zähne, die ein bisschen schief waren, was ihrem Lächeln Charme verlieh. »Natürlich.« Ihr Gesicht verdunkelte sich, als sie begann, ihnen die ganze Geschichte zu erzählen. Die Beklemmung, die ihr Bericht auslöste, war ansteckend, und Dóra war froh, dass die Vorhänge zugezogen waren.
    Als Berglind fertig war, wusste Dóra immer noch nicht, was diese Vorfälle mit dem Brand zu tun hatten. Jósteinns Mitteilungen hatten immer wichtige Hinweise enthalten, aber vielleicht hatte er sich diesmal einfach vertan. Dóra hatte das Gefühl, dass Berglind die Wahrheit sagte, was nicht unbedingt bedeuten musste, dass ihre Geschichte der Realität entsprach. »Hm, tja.« Dóra hatte einen trockenen Hals und schnaubte leicht. »Das ist alles ziemlich unangenehm, aber ich sehe leider keine Verbindung zu meinem Fall. Die Namen und die Zeiten passen überhaupt nicht zusammen. Der Unfall war ungefähr ein Jahr vor dem Brand. Kannst du dich zufällig erinnern, ob am 11 . Oktober 2008 hier irgendwas Besonderes vorgefallen ist?«
    »Nein, aber ungefähr zu der Zeit hat sich der Spuk wesentlich verstärkt.« Berglind verstummte und machte ein nachdenkliches Gesicht. »Hast du Brand gesagt? Im Oktober?«
    »Ja.«
    »Meinst du den Brand in dem Behindertenheim?«, fragte Berglind verwundert. Leises Tapsen im ersten Stock gab zu erkennen, dass das Kind herumlief, und Berglind zuckte zusammen und schaute an die Decke. Dann merkte sie, dass ihre Reaktion übertrieben wirkte, und konzentrierte sich sofort wieder auf die Gäste.
    »Weißt du was darüber?«, fragte Dóra. Vielleicht hatte Jósteinns SMS nicht direkt mit dem Unfall auf dem Vesturlandsvegur zu tun, sondern war nur ein Umweg, um Dóra in Kontakt mit Berglind zu bringen. »Arbeitest du zufällig beim Regionalbüro für Behinderte?«
    Berglind schüttelte den Kopf. »Nein, im Justizministerium. Aber mein Chef hat bei dem Brand seinen Sohn verloren.«
    »Verstehe.« Dóra saß mucksmäuschenstill da und suchte fieberhaft nach einer vernünftigen Anschlussfrage. Eine Sache brannte ihr besonders auf den Lippen, aber damit würde sie lieber warten, bis alles andere geklärt war. »Wirst du Begga genannt?«
    »Ja, genau …«
    »Mama!« In der Türöffnung stand ein kleiner Junge in einem Schlafanzug mit aufgedruckten Mickymäusen. Er hielt seiner Mutter mit ernstem Gesicht ein Bild entgegen.
    Berglind stand auf, nahm ihn auf den Arm und setzte sich wieder. Sie strich

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