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Feuernacht

Feuernacht

Titel: Feuernacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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dich mal verbrannt hast, stimmt das?«
    Lena klappte den Mund auf und zu wie ein Fisch auf dem Trockenen. »Was tut das zur Sache?«
    »Hast du Brandnarben, Lena? Es ist ja wohl klar, dass das was zur Sache tut.«
    »Welcher Idiot hat dir das erzählt? Wenn ihr’s unbedingt wissen wollt, ja, ich habe eine Brandnarbe am Bein.« Sie zog ihr Hosenbein hoch und zeigte ihnen ihre glänzende, vernarbte Haut, die sich über den gesamten Unterschenkel zog. Ein Gast weiter hinten im Saal machte große Augen. Genervt ließ Lena das Hosenbein wieder herunter. Entweder hatte sie den Blick des Gastes gar nicht bemerkt, oder es war ihr egal. »Das ist passiert, als ich ein kleines Kind war, nicht bei dem Brand im Heim, falls du das glaubst.«
    »Was ist denn passiert?«, fragte Matthias ruhig.
    »Tryggvi hat an Weihnachten aus Versehen die Dekoration angezündet, und ich war zu klein und zu dumm, um wegzulaufen, als sich das Feuer ausgebreitet hat.« Wütend drehte sie sich zu Dóra. »Ihr wisst doch, dass Weihnachtsdeko ständig irgendwo Feuer fängt! Ich bin mir ziemlich sicher, dass keiner, der so was verursacht hat, beschuldigt wird, das Heim angezündet zu haben. Aber ihr könnt euch bestimmt vorstellen, warum ich euch das nicht erzählt habe. Ihr hättet euch auf Tryggvi gestürzt, obwohl er nichts mit der Brandstiftung zu tun hat.« Sie griff nach ihrer Tasche und wollte wutentbrannt hinausstürmen. Dóra stand schnell auf und legte ihr die Hand auf die Schulter.
    »Lena, bitte glaub mir, wir wollen Jakob nicht freikriegen, um die Schuld einem anderen Unschuldigen in die Schuhe zu schieben, ob er nun lebendig oder tot ist. Ich glaube wirklich nicht, dass dein Bruder der Brandstifter war. Ich habe vielmehr einen der nächtlichen Gäste von Margeir und Friðleifur in Verdacht. Trotzdem muss ich allen Hinweisen nachgehen, auch wenn sie sich am Ende als unerheblich herausstellen.«
    Lena atmete tief ein, schon wieder etwas entspannter. Sie strich sich eine Träne aus dem Augenwinkel. »Ja, okay, ich fühle mich nur einfach scheiße wegen der ganzen Geschichte und wegen meiner Eltern. Du hast einen wunden Punkt getroffen, ich hasse mein Bein, ich kann nie kurze Kleider anziehen wie meine Freundinnen, und wenn ich mich schick machen will, dann müssen es immer Hosen oder ein langes Kleid sein, das nervt total. Ich weiß, dass es dumm ist, sich über so was Gedanken zu machen, ich habe schon genug schlimme Krankheiten und Behinderungen gesehen.«
    Dóra strich Lena kurz über die Schulter und ließ sie dann los. »Weißt du, wie man Margeir erreichen kann? Die Polizei muss wegen mindestens zwei wichtiger Dinge mit ihm reden, und ich hoffe, dass er was über den Brand sagen kann. Vermutlich weiß er, wer ihn gelegt hat.«
    »Keine Ahnung, wo der ist. Nach dem Brand habe ich ihn mal in der Stadt gesehen, aber das ist Monate her. Vielleicht ist er aufs Land gezogen. Ich glaube, er hat eine Radiosendung moderiert, aber ich weiß nicht genau, ob die noch läuft. Das war so ein Talksender, den ich nie höre.«
    »Okay, aber wenn du ihn siehst oder von ihm hörst, dann rate ich dir, so schnell wie möglich die Polizei zu informieren.«
    Lena verzog das Gesicht. »Warum sucht die Polizei ihn denn?«
    »Das erzähle ich dir, wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind. Es ist unnötig, ihn mit Dingen in Verbindung zu bringen, mit denen er vielleicht gar nichts zu tun hat.« Trotz dieser Worte war Dóra davon überzeugt, dass Margeir sowohl mit dem Tod des Mannes in der Nauthólsvík-Bucht als auch mit der Gewalt gegen Lísa und Ragna zu tun hatte. Er war vielleicht nicht der Täter, aber er wusste bestimmt mehr als andere.
     
    Während der Abendnachrichten piepte Dóras Handy. Sie riss es an sich und sah, dass sie wieder mal eine Mitteilung über
ja.is
bekommen hatte. Anstatt sie sofort zu lesen, rief sie im Sogn an. Dort ging nach dem vierten Klingeln ein Mitarbeiter ran, und Dóra sagte ihm, er solle Jósteinn ausrichten, sie hätte seine Mitteilung erhalten. Falls er nicht wüsste, wo sich Jósteinn gerade aufhalte, solle er mal in der Computerwerkstatt nachschauen. Dóra verabschiedete sich, ohne dem Mann die Gelegenheit zu geben, weitere Fragen zu stellen. Sie war äußerst zufrieden mit sich, obwohl ihre Mutter ihr einen vielsagenden Blick zuwarf. Wahrscheinlich war sie der Meinung, dass Dóra öffentlichen Einrichtungen gegenüber ziemlich unverschämt war. Dann las sie die SMS :
    Vesturlandsvegur 8 dez 2007

34 . KAPITEL
    DONNERSTAG

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